Montag, 19. Oktober 2009

Nazz - Soul (+ Free Tracks)




Eigentlich sollte es nicht allzu schwer sein, ein gutes Album auf die Beine zu stellen, schon gar nicht im Rap, wo man sich nicht viel mehr sehnt als ein Stück echte Rapmusik, wie man sie zur Jahrtausendwende noch in schöner Regelmäßigkeit auf den Tisch bekam. Und dennoch schaffte es kaum ein Album der letztem Monate und Jahre, sich das Prädikat ‚sehr gut‘ bescheinigen zu lassen. Warum dem so ist, wird uns auch Nazz nicht erklären können, aber das ist auch gar nicht weiter schlimm, dankt man ihr doch schon für ihr Album „Soul“. Nicht mehr ganz neu, gehört es mit Sicherheit zu den gehaltvolleren Veröffentlichungen der jüngeren Deutschrap-Geschichte.

Wirklich überraschend erscheint dies zwar nicht, bot das gemeinsam mit Tide aufgenommene und von niemand geringerem als Curse gehostetem „Rubin“-Mixtape doch schon alles, was man sich als Freund deutscher Rapmusik so wünscht – schöne, dem Trend resistente Instrumentale, Texte, die den Kopf ebenso in Anspruch nehmen wie das Genick und zwei Charaktere, die ohne Weltübernahme-Aussagen ins Rampenlicht treten. Logisch, dass man sich anno 2009 die Finger nach einem Exemplar leckt, wenn auch meist vergeblich aufgrund restlos ausverkaufter Einheiten.

Ein Glück, dass Nazz mit ihrem ersten Soloalbum Abhilfe für erfolglos suchende ‚Rubin‘-Angler bot und ein 21 Stücke umfassendes Werk ablieferte, das genau das weiterführt, was man an Nazz-N-Tide so mochte. Gelungene Beats, die zu gefallen wissen und auch Monate nach Release noch frisch und kraftvoll ins Ohr gehen. Dazu Nazz, die mit ihrer sympathischen Stimme routiniert durchs Programm führt und wert legt auf Texte, die mehr bieten als die x-te Hymne an sich selbst.

Hervorheben möchte man dabei vor allem Stücke wie „Wenn ich seh“, das einer melancholischen Beobachtung der Welt gleicht, bei der auch nicht halt vor einer Selbsteinschätzung gemacht wird oder das fast schon deprimierende „Irgendwie absurd“, das von gesellschaftlichen Geschichten erzählt, die man so hoffentlich nur aus dem Fernsehen und nicht aus dem eigenen Umfeld her kennt. Schön auch das an vermeintliche Verlierer gerichtete „Nix is‘“, das wachrüttelt und motiviert es zukünftig besser zu machen und das gefühlvolle „Ruhe vor dem Sturm“ mit einer guten Gast-Performance von Sängerin Lou.

Hinzu kommen weitere gelungene und sich gut ins Album einfügende Gastauftritte von Sinuhe, DJ Crates, Daez, B.E, Soundbwoy Boogie, sowie natürlich die männliche Hälfte von Nazz-N-Tide und Donato, der für das hin und her gerissene „Feuer & Eis“ gewonnen werden konnte, das mit seiner stimmigen Instrumentalisierung ganz besonders viel Spaß macht.

Alles in allem also ein wirklich gelungenes Album, das Lust auf mehr macht und mit seinen Inhalten definitiv zu mehr geeignet ist als zur Untermalung des Hintergrundes. Und wem „Soul“ als solches nicht ausreicht und mehr von Nazz hören will, der lade sich noch die frei herunterladbare Sammlung "Retrospektiven" herunter und wartet auf das bald anstehende zweite Soloalbum "Klare Momente" der Vorzeige-Rapperin.

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