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Mittwoch, 30. April 2014

Olexesh - Nu Eta Da (Review)


Kaum ein Adjektiv findet im Rap-Game mehr Verwendung als ‚authentisch‘ und wird dabei derart leichtfertig verwendet, dass man es ohne große Überlegung aus dem Großteil der Pressemitteilungen hierzulande streichen kann. Zu oft erweckt es den Eindruck, als wolle man damit rechtfertigen, warum der gute Kerl auf dem Cover zwar böse gucken, aber leider überhaupt nicht rappen kann. Ganz anders präsentiert sich der aus Darmstadt kommende Olexesh auf seinem Debüt „Nu Eta Da“. Weniger böse drein blickend, dafür aber mit einer ungemein feinen Art mit Worten umzugehen, rappt sich der gebürtige Ukrainer auf Anhieb in die Herzen der Hörer und schafft bereits auf dem kickenden Intro, was zuletzt Haftbefehl gelungen ist. Solider Straßenrap, der weniger platt um die Ecke kommt, als man es gewohnt ist. Mit einem eigenständigen Flow gesegnet. Und vor allem mit genügend Gelassenheit, die der ganzen Veranstaltung hörbar gut tut.
Was genau macht Olexesh nun anders als so viele anderen Kollegen, die mit ihren Veröffentlichungen allenfalls hartgesottene Straßenrap-Fanatiker bedienen, denen das öffentliche Auftreten über alles geht? Nun, inhaltlich jedenfalls belässt man es auch hier beim altbekannten Credo des Deutschraps, wenngleich es mit „Was wird aus uns“ mit Eko Fresh auch durchaus nachdenklichere Momente gibt. Tatsächlich versteht er es schlicht ergreifend, seine Geschichten ansprechend zu verpacken, Reime ordentlich zu setzen, den Hörer zu unterhalten und dabei stets den eigenen Hunger nach mehr zum Ausdruck zu bringen. Derart motiviert verwundert es nicht, das Olexesh selbst neben einem nicht untalentierten Fard bestehen kann und auf „Franky Town“ oder „Was hast du vor“ berstende Beats zähmt. Kein Beispiel für die Kreativität Deutschraps, dafür aber bodenständig – und authentisch.

Dienstag, 8. April 2014

Freunde von Niemand - Willkommen im Niemandsland Teil Zwei (Review)


Freunde von Niemand – trotzdem freut man sich, wenn es etwas Neues gibt vom Frankfurter Labelgründer Vega und seinen Jungs. Mit „Willkommen im Niemandsland Teil Zwei“ knüpft man nun dort an, wo man 2012 mit dem ersten Labelsampler aufhörte. Wieder sind alle mit an Bord und erneut ist jeder bemüht, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Den Anfang macht, wie sollte es anders sein, Vega selbst, der mit seinem Intro gleich einmal mit der Konvention bricht, das Intros stets lautstark und auf Krawall gebürstet sein müssen. Stattdessen geht man es im Hause FvN ruhig an und sichert sich so vom Start weg die volle Aufmerksamkeit der Hörerschaft. Gelungen auch das von Drmz N‘ Roses produzierte „Wir Lassen Das Feuer Brennen“. Von einem Vocal-Sample getragen, spielen Bosca und Bizzy Montana auf Augenhöhe, um nur wenig später die Bühne frei zu machen für Timeless.
Denn während sich Bizzy auf Teil 2 etwas zurücknimmt, es bei einem Solotrack und zwei Parts belässt, trumpft dieser groß auf. Alleine auf Joshimixus „Schockwelle“ reitend, an der Seite von Vega das „Kaos“ beschwörend oder eindringlich ehrlich im unpeinlichen Seelenstrip „Eine Liebe“. Überhaupt bietet der zweite Sampler wenig Anlass zur Kritik. Saubere Stimmen mit souveränen Flows treffen auf handwerklich gut gemachte Beats und verschmelzen zu einer funktionierenden Einheit. Allenfalls Johnny Pepp fällt hier ein wenig aus dem Rahmen, sorgt mit seinem unrund wirkenden Flow zwar einerseits für Akzente, andererseits auch für den wohl verhaltensten Eindruck der Mannschaft und bildet so gesehen das Schlusslicht dieser sonst geschlossenen Truppe. So verliert der Sampler zum Ende hin etwas vom weitestgehend sehr guten Eindruck, wenn Pepp mit „Krieg In Meinem Kopf“ das muntere Treiben beendet. Nichtsdestotrotz gute Arbeit.

Dienstag, 1. April 2014

Bushido - Sonny Black (Review)


Vieles kann man Deutschlands Vorzeige-Gangsterrapper Bushido vorwerfen – mangelnde Produktivität gehört jedoch nicht dazu. Mit ungebrochenem Arbeitseifer gibt es fast jährlich ein neues Album auf die Ohren. Ein extrem hoher Output, der seine Spuren hinterlässt und seit Jahren schon für schwindende Qualität auf den Langspielern sorgt. „Sonny Black“ heißt das neuste Werk und erinnert damit zumindest dem Titel nach an die ‚guten, alten Tage‘. Tatsächlich entpuppt sich der Beginn als durchaus gelungen, „Jeder meiner Freunde“ lässt gar an „CCN“ zurückdenken und überzeugt zusätzlich mit feinen Cuts, während es auf „Mitten in der Nacht“ vor allem die schwer wirkenden Streicher sind, die auf Anhieb überzeugen. Nett auch die Fortsetzung von „Nie ein Rapper“, die hörbar auf das Original aufbaut und „Baseballschläger“. Textlich wenig aussagekräftig, stellt es den vielleicht besten Track in Bushidos jüngerer Diskographie dar und besitzt eine runde Hook, die gut ins Ohr geht.
Apropos Texte. Diese bieten den gewohnten Einheitsbrei aus überheblicher Selbstdarstellung, Seitenhieben an Kollegen aus dem Rap- und Showbiz (Kay One, Culcha Candela, Lena Meyer-Landrut, MC Fitti,…), sowie haufenweise verbale Gewalt, die bisweilen arg verkrampft beim Hörer ankommt. War „Sonnenbank Flavour“ etwa einst ein gelungener Song mit unüblichem Reim-Schemata, ist „Osama Flow“ nicht viel mehr, als ein müder Versuch, daran anzuknüpfen. Schade auch, dass die wenigen Gäste (Kollegah, Farid Bang und Shindy) nichts Wesentliches zum Album beitragen können, „Gangsta Rap Kings“ gar eine kleine Enttäuschung ist. Alles in allem ist „Sonny Black“ dennoch als Lichtblick zu werten und schafft es mit einigen guten Momenten zumindest wieder in das breit gefächerte Mittelmaß der deutschen Rap-Welt.

Donnerstag, 13. März 2014

Meni & Deve - The Bitter Old Men EP (Review)



Ja, es gibt Momente, da mag man von deutschsprachigem Rap, auch Deutschrap genannt, so manch Schlechtes denken. Besonders beim Konsum vom gefühlten hundertsten Gangster-Straßen-Album, wenn uns Klein-Montana von seinen Tickereien erzählt, dem Schulabbruch, den darauf folgenden Erfolg mit dem Business. Und der festen Behauptung, dass Rap damit gar nichts zu tun habe und darauf geschissen wird. Allein die Tatsache, dass dies gerappt wird, beinhaltet bereits eine ordentliche Portion Ironie und drückt einem die Tränen, gleich welchen Gründen, in die Augen.

Umso schöner ist es da, dass es noch Menschen wie Meni und Deve gibt, die von Zeit zu Zeit ihre musikalische Seite zum Ausdruck bringen und sich auf ihren Tracks trauen, was heute kaum mehr einer wagt - sie stilisieren sich nicht zum gottgleichen Ebenbild einer geistig verblödeten Masse, sie sind schlicht und ergreifend Mensch. Nicht dieses Grönemeyer-Ding, sie sind einfach echt, kommen mit ihren Reimen angenehm entspannt um die Ecke und besitzen gar die Dreistigkeit, so etwas wie Spaß an der Sache an den Hörer zu bringen. Rapper, die Freude am ungehemmten Reimen haben? Die sind, wie sie eben sind, sprich, nicht immer nur der böse drein blickende Baron von und zu Straßenblock? So etwas gibt es noch? Allerdings und mit ihrer "The Bitter Old Men EP" beweisen es die Stuttgarter auf fünf fein selektierten Stücken.

Bereits das einleitende "Na Mean" ist der gelungene Eisbrecher für eine kurzweilige, spaßige Rap-Sause, bei der die New Era auch mal bei Seite gelegt, der Hennessy gegen handelsübliches Bier getauscht werden kann. DJ und Produzent Philwa, langjähriger Wegbegleiter der beiden, packt hierfür gerne auch mal die großen Bläser aus und lässt diese auf der Videoauskopplung "Immernoch" auf den Hörer los, während die beiden sich für "One Love" bzw. "Change" gleich mal Kollabo-Partner aus Übersee geangelt haben, wobei die Gäste aus Detroit sich hörbar gut auf den Philwa-Beats einfinden. Kurz und knapp; diese EP ist eine schöne Abwechslung zum alltäglichen Trott, sorgt für gute Laune und vermeidet es dabei, trotz vermeintlich altmodischer Werte, in irgendeinem Moment rückwärts gewandt oder gar altbacken zu wirken. Schönes Ding, ehrlich.

Montag, 3. März 2014

Flo Bauer - Leise Töne (Review)



Die Faschingszeit ist kaum vorüber, da kommt auch schon Flo Bauer um die Ecke und präsentiert mit seinem neuesten Album „Leise Töne“ das Kontrastprogramm zum heiteren Lärm der fünften Jahreszeit. Veröffentlichte er 2011 sein Album „Flo Bauer“ noch unter seinem Künstlernamen Bo Flower (bekannt u. a. durch „Tötet Sw**ty“), legt er diesen mit vorliegenden zwölf Tracks (plus zwei Bonus-Stücken) ab und liefert ein Album, wie es dieser Tage durchaus seltener geworden ist. Persönlich und nachdenklich, mit Texten, bei denen es durchaus Sinn macht, hinzuhören und dem Künstler von Track zu Track zu begleiten. Gepaart mit Eigenproduktionen (und je einem Beat von 7inch bzw. Pascal Reinhardt), die immer zum lyrischen Geschehen passen, entsteht ein Soundtrack für die ruhigeren Momente, der erzählt, was so manch einer still und insgeheim denkt.


So ergeht es wohl vielen, gerade bei Songs wie „On/Off“ oder „Süchtig“, die die modernen Süchte unserer Gesellschaft, allen voran das Internet um Facebook und Co., zum Thema haben. Das Paradoxon, das sich einstellt, wenn man die Internetverbindung kappt, um am realen Leben teilzunehmen. Nur um wenig später ein Gefühl der Einsamkeit in sich zu spüren, das uns ermutigt, sich wieder ins virtuelle Leben zu stürzen. Viel Kritik findet man dabei zwischen den Zeilen und man verfällt dennoch nicht in eine grundpessimistische Stimmung, was wiederum lebensbejahenden Titelns wie „Flieg mit mir hoch“ und „Schön“ zu verdanken ist, wobei letzteres von der ersten Begegnung mit seinem neugeborenen Neffen erzählt. Ergänzt durch unpeinliche Tracks über die Liebe („Paris“, „Kopf verdreht“) entsteht ein unangestrengt wirkendes Album, das sich nicht krampfhaft in den Vordergrund spielt und mit dieser Leichtigkeit  zum wiederholten Hören einlädt. Dafür nimmt man dann gerne auch den ein oder anderen vorhersehbaren Reim in Kauf und erfreut sich stattdessen am insgesamt durchweg sehr guten Album. 

Samstag, 8. Februar 2014

Meni & Deve - Immernoch (Video)

Dass Deutschrap nicht asozial und stumpf, sondern auch sympathisch und locker um die Ecke sein kann, zeigen uns mal wieder Meni und Deve aus Stuttgart. Neuester Beweis; "Immernoch", die Video-Single zur am 14.02. erscheinenden "The Bitter Old Men EP".

Freitag, 17. Januar 2014

Kurdo - Slum Dog Millionaer (Review)


Die allgemein verbreitete Erfolgsformel eines Deutschrap-Straßenalbums: Ein Rapper, der möglichst lässig vom Cover schielt, eine ordentliche Portion Synthie-Beats und die beliebten Themen rund um das eigene Business, den AMG in der Garage und überschäumende Zurschaustellung des Testosteronhaushaltes. Ergänzt um ein, zwei auf soft getrimmte Tracks, um in die Schublade vom Gangster mit Herz zu passen. Fertig ist das Standardprodukt für die gewünschte Zielgruppe. Was dies mit Kurdo und dessen Album „Slum Dog Millionaer“ zu tun hat? Es baut auf eben jener Formel auf und nimmt so bereits vor dem ersten Hören jedwede Hoffnung auf positive Überraschungen. So bleibt einzig die Aussicht auf druckvolle Instrumentale, die dieser allzu vorhersehbaren Veranstaltung etwas Würze verleihen könnten.
Tatsächlich pumpt das Intro ordentlich, während Kurdos Raps klar gehen – trotz thematischer Nichtigkeit. Doch was im Laufe der fünfzehn Titel passiert, ist nahezu komplett austauschbar. Sieht man von wenigen instrumentalen Lichtblicken ab („Trainingsraum“, „Vermiss Dich“), gibt es kaum Argumente, die für das Album sprechen. Der Schule keine Aufmerksamkeit schenken, trotzdem den zwölfzylindrigen Traum auf Rädern am Block entlangfahren und dabei das geschäftige Treiben auf den Straßen im Griff haben. Kommt einem irgendwie bekannt vor und wirft die berechtigte Frage auf, was „Slum Dog Millionaer“ eine Daseinsberechtigung verleiht? Nun, vermutlich einzig der noch immer vorhandene Absatzmarkt. Denn objektiv betrachtet braucht ein solches Album anno 2014 nun wirklich niemand mehr. Da kann auch die Premium Edition mit einer zusätzlichen CD, bestehend aus fünf zusätzlichen Tracks mit Gästen wie Nazar und Eko Fresh wenig daran ändern und hinterlässt einzig die Frage: Quo vadis, Straßenrap?

Samstag, 14. September 2013

Derbst One - Chaos (Review)


Wer sich auf „Chaos“ einlässt, der hat keine Vorurteile und lässt sich nicht so einfach von etwas abschrecken. Das erschreckend nüchterne wie kreativlose Cover, frei von künstlerischer Liebe. Der darauf abgebildete Interpret, der auf den ersten Blick ein wenig an eine weiterentwickelte Version eines Pop-Rap-Bubis a la Ochsenknecht erinnert und mit Derbst One auch noch einen reichlich – man möge es mir verzeihen – bescheuerten Künstlernamen gewählt hat. Der durchweg billige Eindruck der CD, wenn man sie denn in den Händen hält. Viel spricht gegen ein Hören, doch bei all dem Gemecker sollte man die Augen nicht völlig verschließen. Zum einen, da das Ganze auf Ruhrpott Illegal-Label erscheint, das mit Snaga & Pillath sowie Fard schon das ein oder andere taugliche Album veröffentlicht hat. Zum anderen hat „Chaos“ selbst bei genauerem Hinhören durchaus ein paar Momente, die ein zumindest kurzes Reinhören rechtfertigen können.
Stimmlich zwar eher im weniger einprägsamen Sektor zu Hause, weiß Derbst One nämlich durchaus, wie man Reime aneinander reiht und daraus einen gut hörbaren Song macht. Möge es ihm auch noch an der nötigen Abgeklärtheit und Erfahrung fehlen, sein „Angriff“ zeigt zumindest Potential und ringt dem Hörer schon heute ein gut gemeintes ‚OK‘ ab. Nicht minderwertiger auch die Zusammenarbeit mit Joka, der mit leiser Kritik versehene Track „Sache der Betrachtung“ oder der noch etwas halbgare, aber gut gemeinte Storyteller-Versuch „Zaid“. „Ruhrpott Inferno“ mit Fard fällt dagegen eher unscheinbar aus, markiert hier gar das Ende vom zwölfteiligen „Chaos“. Soll man das hier zu hörende nun also lieben oder hassen? Weder noch, müsste die Antwort lauten. Man sollte es nehmen als das was es ist, ein erster Versuch, der in die richtige Richtung geht und hoffen lässt.

Donnerstag, 22. August 2013

Separate - El Mariachi (Review)


Lange war es still um Separate, dessen letztes Studioalbum „Ein guter Tag zum Sterben“ anno 2007 erschien und das Ende der musikalischen Karriere des Mainzers andeutete. Tatsächlich jedoch konnte er sich nicht von der Musik loseisen und arbeitete 2009 schon wieder mit Monroe mehrere Tracks, bis schließlich „El Mariachi“ angekündigt wurde. Vierzehn neue Tracks,  die an „Zahltag“ anknüpfen sollen, welches inzwischen fast schon so etwas wie ein vergessener Klassiker der jüngeren Deutschrap-Geschichte verkörpert. Während der Beginn mit „Allein gegen die Welt“ noch etwas verhalten ausfällt, was aber mehr an der wenig ausgereift wirkenden Hook liegt, gibt es mit „Goons“ wieder klassischen Buckwheats-Sound auf die Ohren. Soll heißen; ein leicht cheesy wirkenden Sample und unangestrengte Reime, die gefallen. Noch besser wird’s, wenn Lakmann und Abroo auf ein paar Zeilen vorbeischauen und einen simplen Piano-Beat veredeln.
Ebenfalls eine positive Erwähnung wert ist „Sommer“ mit einem gut aufgelegten DLG, die Dead Prez-Reminiszenz „Hip Hop“ mit Eko Fresh und Freestyler Gregpipe und „Krank“ mit Ercandize ist gar das absolute Highlight der Platte. Ein Brett von einem Beat, Cuts und rohe Lines versüßen den Hörgenuss und lassen Freude aufkommen. Leider verschenkt „El Mariachi“ jedoch auch einige Sympathiepunkte. Das etwas eintönig gehaltene „Bilder“ überzeugt nur auf halber Strecke, „Ein Brief“ lässt viel Potential liegen und „Deutscher Traum“ ist zwar überaus hörenswert, aber leider zu kurz geraten. Dennoch, „El Mariachi“ ist keine Enttäuschung und zählt trotz offensichtlicher Mängel zu den besseren Alben dieses Jahrgangs. Es scheitert allenfalls an den immens hohen Erwartungen, die eine solch lange Schaffensphase mit sich bringen und in den seltensten Fällen erfüllt werden können.

Donnerstag, 1. August 2013

Genetikk - D.N.A. (Review)


Saarbrücken war bisweilen alles andere als ein Mekka für Deutschrap-Fetischisten und vielleicht war es demnach nur eine Frage der Zeit, bis etwas Großes daraus entspringen sollte. Genetikk sahen ihre Chance und nutzen sie eiskalt aus. Und was in Form von „König der Lügner“ als temporäres Highlight begann, wird mit Album Nummer 3, „D.N.A.“ konsequent fortgesetzt. Noch immer liefert Karuzo die Reime, während Sikk die gediegenen Instrumentale beisteuert und was dabei entsteht ist einfach wie effektiv und damit eine willkommene Abwechslung zu all den künstlich auf kreativ getrimmten Werken einiger Kollegen. Ebenfalls positiv erwähnt werden sollte das nach heutigen Maßstäben äußerst umfangreiche Booklet, das mit den Lyrics der Tracks daherkommt. Derart gut gerüstet darf sich Karuzo gerne auch als Superman des Rap betiteln, wenn er auf dem sehr gut in Szene gesetzten „Spezies“ den Startschuss gibt für ein kleines Deutschrap-Feuerwerk der gehobenen Art.
Von Beginn Art dringt dabei der bodenständige Kern von Genetikk durch. Ein simpel aufgebauter, aber umso wirkungsvoller Beat, der die Gehörgänge behämmert. Ein Rapper, der neben einer wiedererkennbaren Stimme auf klassische Punchlines und Wortspiele setzt. Und fertig ist ein Album frei von Kompromissen, geradlinig wie nur wenig anderes. Ob „Yes Sir“, das RZA-Feature auf „Packets in den Boots“, „Gift“ oder „Liebs oder lass es“ mit sido, thematisch wagt man sich nicht übermäßig weit aus dem Fenster, konzentriert sich auf das Essentielle und trifft damit exakt den Nerv der Zeit. Dazu noch ein wenig Kritik am Status Quo auf „Plastik“, ein brachiales Stück Kopfnickertum a la „Alles möglich“ und fertig ist eines der unterhaltsamten, bedingungslosesten und besten Deutschrap-Alben, die es dieses Jahr bis dato auf die Ohren gab.

Butch - Halftime (Review)


Anfang Mai wurde über ein neues Signing auf Kurdos Label „Beefhaus“ berichtet. Es ging um einen bis dahin weitestgehend unbekannten Rapper namens Butch, der sein Debüt Ende Juni in Form von „Halftime“ vorlegte und damit nicht mehr Zeit als nötig verstreichen ließ, um ein musikalisches Ausrufezeichen zu setzen. Mit vierzehn Stücken genau zwischen kompakt und langatmig angesiedelt, droppt Butch die Reime, Rocko liefert die Beats und das war es dann auch schon. Er hat es eben gerne einfach und dies spiegelt sich auch in Butch‘ Musik wieder. Keine explosiven Instrumentale, keine Kommerzialisierung seines Selbst, nur Deutschrap. Das ist alles schön und gut so, strahlt durchaus Sympathie aus und macht neugierig auf das, was da so kommt. Entgegen großer Erwartungen findet man sich jedoch schnell in leicht ernüchterndem Zustand vor.
Im Detail liest sich das dann in etwa wie folgt: Songs wie das relaxt-entspannte „H&W“, das melancholische „Keine Zeit zu Leben“ als Remix und „Sometimes“ mit seiner verträumten Grundstimmung gefallen, auch weil Butch sein Handwerk zu verstehen scheint. Selbst geschmacklich fragwürdige Ausflüge ins stimmenverzerrende Autotune-Land bei den Hooks von „Nachtschicht“ und „Ende“ kann man verzeihen und würden zu einem überaus positiven Resümee führen. Der große Nachteil, der „Halftime“ letztlich zum eher durchschnittlichen Album macht, das es ist, ist der allgegenwärtige Eindruck des Austauschbaren. Schlecht ist auf „Halftime“ nahezu nichts. Nur ebenso wenig finden sich Höhepunkte wieder. Butch‘ Stimme ist angenehm, aber ohne große Wiedererkennung, die Beats gut, aber nicht überragend und alles in allem fällt das Endurteil vielleicht drastischer aus, als es das Hören bisweilen widerspiegelt. Ohne Höhen und Tiefen siedelt es sich damit im breiten Mittelfeld an.

Mittwoch, 22. Mai 2013

Kool DJ GQ - 1210 (Review)


Es gibt Alben, die reißen einen zunächst vom Hocker und spätesten beim dritten Durchlauf verblasst die anfängliche Begeisterung. Es gibt Alben, die wirken zunächst bieder und wenig gelungen, entwickeln sich mit der Zeit jedoch zum Dauerbrenner. Und es gibt Alben wie „1210“ von Kool DJ GQ. Überschaubar im Umfang (10 Tracks + 3 Remixe), besticht es durch heute längst nicht mehr alltägliche Qualität, die sich in nahezu jedem Track wiederfindet. Statt einzelner Highlights wird auf einen runden Eindruck gesetzt, der grobe Schnitzer kategorisch ausschließt. Dazu gesellen sich Qualitätsprüfer wie Dendemann, Olli Banjo, Plan B, Tone und die Inflabluntahz, die hörbar Freude dabei hatten, die stets sehr entspannten, aber niemals langweiligen Instrumentale zu bearbeiten. Das geschmackvolle „State Of Mind“ mit Frankstas Stimmorgan, das geradezu wunderbare „93’Till Endemann“, Soul-Brother Flo Mega mit Altmeister Aphroe schreiben ein „Gedicht in T9“ und greifen das gern genommene Thema Internetliebe auf und mit Lorro One samt Jakebeatz gibt es feinsten Mundart-Rap aus der Schweiz.

Klingt reichlich famos, hört sich auch so an und versprüht dabei einen Hauch von Zeitlosigkeit, wie man ihn gerade bei älteren Veröffentlichungen noch gelegentlich wiederfand. Was soll man also groß Negatives über „1210“ sagen? Nun, die drei Remixe am Ende des Albums versäumen es, den Originalen etwas abzugreifen, kommen in keiner Weise an GQs Produktionen heran und trüben den sonst tadellosen Eindruck etwas. Vielleicht mag man dem Album noch fehlenden Pepp vorwerfen, der jedoch wurde hier – man möchte behaupten ganz bewusst – gegen feinfühligen Umgang mit Worten und Tönen getauscht. Und wer dicke Synthie-Bretter sucht, der fand diese bei GQ seit jeher vergeblich. Rap für die alte Garde und Liebhaber. Groß.


Dienstag, 14. Mai 2013

Alpa Gun - Alles Kommt Zurück (Review)



Wer Rappen als seine Berufung sieht, aber aus Berlin kommt, der hat es nicht einfach. Als gäbe es nicht genug Vorurteile, die an Rappern haften, sieht man in den Hauptstädtlern geradezu so etwas wie den Genre-Primus, Aggro sei Dank. Alpa Gun jedoch ist es über die Jahre gelungen, einen durchaus als ausgeglichen zu bezeichnenden Ruf aufzubauen. Mal der harte Knochen von der Straße, der dir über das Mundwerk fährt, mal der charakterstarke Typ Mensch, mit dem nötigen Quäntchen Reife, die man oftmals vergeben sucht. Mit „Alles Kommt Zurück“ liefert der Berliner sein neuestes Werk ab, welches in der Premium Edition ganze 24 Anspielpunkte aufweist. Beginnend mit einem obligatorischem Rückblick samt energischem Beat („Das ist Alpa“), rappt sich Alpa durch sein gesamtes Repertoire und beweist damit erneut seine Vielseitigkeit sowie guten Geschmack, wenn es um satte, gut ins Ohr gehende Instrumentale geht.

Während er auf „Al/Pa“ mit PA Sports fast schon unbedeutend ins Mikrofon spuckt, gibt er auf „Grüner Schein“ Texte aus der Sicht der Banknote zum Besten, zeigt Rap-Deutschland wie das Thema Liebe frei von Kitsch transportiert werden kann („Karma“) und greift für „Zehn harte Rapper“ gar auf Kinderlieder zurück. Ergänzt um Persönliches („Halim“) und ein Gastspiel vom türkischen Reime-Meister Ceza liefert Alpa Gun ein außerordentlich rundes Album ab, verschenkt nur wenig Potential. Kritik gibt es allenfalls für die hin und wieder verbesserungswürdigen Hooks (selbst Moe Mitchells Part auf „Angst“ enttäuscht) und die Langatmigkeit, die im Zuge fortlaufender Spielzeit entsteht. Kleinigkeiten, die eine Bestnote verhindern, nicht aber darüber hinwegtäuschen, dass „Alles Kommt Zurück“ ein gut produziertes, ansprechendes und unterhaltsames Album ist, das seine Zuhörer finden wird.



Donnerstag, 9. Mai 2013

Fler - Blaues Blut (Review)



Aggro Berlin liegt lange hinter uns und nicht wenige sahen im Untergang des Labels auch das Ende der betroffenen Künstler. Fler konterte derlei Aussagen schnell mit jede Menge Veröffentlichungen und haut seither Langspieler im Jahresrhythmus raus. Fans freut diese vorbildliche Arbeitsmoral, während unparteiische Gelegenheitshörer nach Aussage und Notwendigkeit neuer Werke fragen. Solche Diskussionen werden auch mit „Blaus Blut“ erneut aufkommen, denn auf 16 bzw. 20 Stücke auf der Blue-Magic-Edition gibt es strenggenommen nichts, was es so nicht schon einmal gab. Nicht selten sogar ein gutes Stück besser. Kann man den Stücken „Produkt der Umgebung“ und „Meine Farbe“ noch ein klein wenig abgewinnen und diese als halbwegs brauchbar betiteln, scheint dies beim Großteil des Rests schlicht nicht möglich. Inhaltlich festgefahrenen im tiefsten Straßenrap-Szenario um Ghetto, Geld und überlebensgroße Egos, gibt es einfallslose Reime auf Synthie-Beats, die allenfalls Mittelmäßigkeit zum Ausdruck bringen.

Das wesentlich schwerwiegendere Problem von „Blaues Blut“ ist jedoch die Art und Weise, wie Fler seine Texte zum Besten gibt. Technisch nie einer der Besten gewesen, präsentiert er sich erschreckend ausdruckslos und vermittelt den Eindruck, auf allen Stücken stets dasselbe zu sagen. Untermauert wird dies durch Gast-Spitter Animus, der beim selben Themenspektrum immerhin einen Hauch von Wortwitz miteinbringt. So gibt man sich mit einfacher Kost wie einem knallenden Beat auf „Mut Zur Hässlichkeit“, das in Richtung JBGler geht, bereits zufrieden und attestiert dem Album einen insgesamt sehr belanglosen Charakter, der allenfalls treuen Anhängern ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Der übrige Rest hat sich sattgehört und sieht in „Blaues Blut“ denn künstlerischen Stillstand Flers.


Freitag, 12. April 2013

Antihelden - Piratensender (Review)



Konzeptalben bieten stets einen ganz besonderen Reiz. Nicht nur heben sich diese durch ihre interessante Umsetzung vom regulären Einheitsbrei ab, sie bieten den Künstlern zugleich die Möglichkeit, ihre ganze Kreativität voll auszuleben. Insofern spricht der Punkt Vorfreude schon einmal für die Antihelden, die ihren „Piratensender“ auf Platte bannen und dabei eine ganze Horde an Gästen mit ins Boot holen. Darunter deutsche Kollegen wie Mortis One, Morlockk Dilemma und JAW, sowie US-Rapper wie Rasco, R.A. the Rugged Man und Kool G Rap. Liest sich auf dem Papier sehr gut und macht ordentliche Laune auf die Musik selbst. Das Ergebnis selbst fällt jedoch weit weniger spektakulär aus, doch dazu später noch mehr. Zunächst befassen wir uns mit den wirklich hörenswerten Sendeminuten, beginnend mit dem trocken auf Brett getrimmten „WTF“ mit Headtrick und Mortis One, das gar das zuvor gehörte Feature vom Louieville Sluggah vergessen lässt, was nicht zuletzt einem grandios auftrumpfenden Abroo geschuldet ist.
Sehr unterhaltsam auch das Gäste-Trio aus Dilemma, JAW und R.A., welches dem Track hörbar gut tut. Unbestreitbares Highlight ist jedoch der „Tag der Veteranen“ mit Kool G Rap und feinen Cuts, die die Halbzeit besiegeln. In der Folge reißen die Höhepunkte etwas ab, die Stücke werden beliebiger und, obwohl grundsätzlich solide, austauschbarer. Selbst die Snowgoons enttäuschen mit ihrer Produktion auf „Das neue Anders“, so dass es erneut Antiheld Abroo ist, der mit seinem Solo-Joint „Die letzten unserer Art“ noch ein abschließendes Ausrufezeichen setzt. Was ist aber das Problem von „Piratensender“? Zum einen wurde das Konzept hinter dem Album nicht voll ausgereizt. Zum anderen zu viel auf Gäste gesetzt. Es geht auch ohne, siehe „Hände“ mit Shuko-Beat. Für Zwischendurch.


Montag, 8. April 2013

Damion Davis - Querfeldein (Review)



Ein Rapper, der spielerisch mit den Worten jongliert, über den musikalischen Tellerrand von Rap hinaus blickt und auch als Gesangsstimme in der Hook eine gute Figur macht. Das klingt nach einem Idealpaket, wie man es nur selten findet. Damion Davis vereint all jene Eigenschaften und möchte diese auf seinem neuen Langspieler „Querfeldein“ erneut zur Schau stellen. Siebzehn Stücke lang Zeit gibt er sich, um sein ganzes Können zu offenbaren. Dabei gibt er sich dieses Mal nochmals deutlich reifer als auf vorherigen Releases, bringt Themen wie das voranschreitende „Alter“ , den Nachwuchs, das Leben und Berlin zur Sprache und gibt sich damit deutlich anspruchsvoller, als eine Vielzahl seiner städtischen Kollegen. Erwartet man so von Damion Davis aber auch nicht anders und freut sich erneut über einen unterhaltsamen Mix aus klassischen Rap-Elementen und weitgehend gelungenen Rock-Elementen, die sich stimmig ins Soundgefüge eingliedern.
Besonders gut gefiel und gefällt Davis, wenn er sich in einen fast schon rebellischen Rausch reimt und damit entfernt an einen deutschen KRS-One erinnert, ohne den Bogen zu überspannen („S.O.T.P.“) Hinzu kommen bildliche Reime auf „Nicht ohne meinen Sohn“ und schwärmerische Zeilen über die heißgeliebten „Kopfhörer“, ein persönlicher Rundgang durch Berlin („Immer unterwegs“) und ein ins Trip-Hop gehender Nachtspaziergang, der durchaus zu gefallen weiß („Hellwach“). Zwischen solchen Highlights findet man jedoch auch einige weniger einprägsame Stücke. „Das Portrait“ birgt Potential, verschenkt dies aber an einen insgesamt halbgaren Eindruck, „Gentrifiziert“ ist hörbar zu viel des Guten und manche Hook wirkt holprig und unausgereift. Dennoch ein angenehmes Album mit dem gewohnten Schuss Melancholie in der Stimme.


Donnerstag, 6. Dezember 2012

Der Plusmacher - BWL (Review)



Darf ich vorstellen: der Plusmacher, seines Zeichens Rapper aus Berlin und mit „BWL“, stehend für Bordsteinwirtschaftslehre, erscheint am 28. November das erste Album des bis hierhin noch unbekannten Künstlers. Siebzehn Stücke umfassend, soll es den Weg eben für eine fortlaufende Karriere als Wortakrobat. Dumm nur, dass bereits nach kurzem Hineinhören deutlich wird, dass es der gute Mann schwer haben wird, im dichtbesiedelten Musikbusiness seinen Platz zu finden. Nicht gänzlich untalentiert, rappt er sich von Track zu Track und sucht seine Rolle als MC eifrig, doch unterm Strich, so hart es auch klingen mag, vergeblich. Vom Inhalt her zu ruff für Studentenrap, stimmlich zu soft für die Straße, fällt es schwer, das Gehörte mit Worten zu umschreiben. Gerne würde man dem Plusmacher seine immer wieder erzählten Ticker-Storys abkaufen und sie feiern, jedoch transportiert dieser zu keinem Zeitpunkt die nötige Glaubwürdigkeit, um dies möglich zu machen. Vielmehr noch hapert es auch hinsichtlich der Vortragsweise, die große Höhepunkte, hervorgerufen durch gelungenen Wortwitz oder derlei, kaum zulässt.
So sitzt man als unvoreingenommener Hörer vor diesem Album und nimmt allenfalls die bisweilen gelungenen, immer sehr traditionsbewussten Instrumentale wahr und eine Stimme, die – fast schon aus dem Off – das Ganze untermalt. Worum es geht, was das alles soll oder weshalb man weiterhören sollte, wird nicht klar. Vielleicht würde dies bei genauerem Hinhören deutlich werden, da sich keine triftigen Gründe für ein wirklich detailliertes Auseinandersetzen mit dem Gehörten auftun, steht man ratlos da. Die vielleicht aufregendste Nummer ist der Titeltrack, eine Hommage an Bushidos „VBBZS“. Doch genug genörgelt und kritisiert. Der Plusmacher besitzt durchaus Talent fürs Rappen, ist in der Lage, seine Lines ohne Meckern vorzutragen und setzt beattechnisch tendenziell schon einmal auf eine ordentliche Gangart, weg vom Plastikrap der Popwelt. Was fehlt, ist eine klar erkennbare, inhaltliche Linie, noch etwas mehr Zwingendes im Auftreten und ein klein wenig mehr Detailverliebtheit bei den Beats.

Samstag, 1. Dezember 2012

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Massiv - Solange mein Herz schlägt (Review)


Massiv, das ist für viele noch immer der Inbegriff von Fremdscham. Gestartet mit grammatikalisch fragwürdigen Gangsterrap-Tracks, fanden nach und nach auch melancholische Stücke Einzug ins Repertoire des stämmigen Kerls und bildeten seither zumindest ein wenig Abwechslung vom lyrischen Leben eines Kriminellen. Mit „Solange mein Herz schlägt“ geht es nun in das komplette Gegenmaß. Fünfzehn Stücke und kaum eines bietet die Härte der Straße, vielmehr ist es nun bis ins Kitsch gehender Schmalz, der aus den Boxen tropft und das Album füllt. Ganz zu schweigen von den erneut zweifelhaften Aussagen Massivs. So finden sich bereits im Opener „Träume“ quasi alle Kritikpunkte wieder, die man nach dem kompletten Hörgang auf dem Zettel haben wird. Nicht nur wirkt es vom Start weg an auf Teufel komm raus auf Melancholie und Pathos getrimmt und greift sämtlichen Kitsch auf, der einem bezüglich in sich kehrender Rapper in den Sinn kommen. Zusätzlich kommen Zeilen wie „Ich hatte früher mal Träume, wär gerne Feuerwehrmann“, die nicht unter die Haut gehen, sondern ins Lächerliche gleiten. Doch es geht noch deutlich unpassender: „Höher als der Rest der Welt“ ist ein deplatziert wirkender Beat, auf welchem Massiv sich mal eben mit Ghandi, Mandela oder Martin Luther King vergleicht und dabei sämtlichen Bezug zur Realität verliert. Davon zeugt auch „Erinner dich“, welches Massivs Einfluss zum Thema hat und, fast schon erwartet, ein gutes Stück übers Ziel hinaus schießt.

Etwas besser wird es in der zweiten Hälfte. „Wir sind keine Engel“ besitzt durchaus großes Potential, wenn man nicht allzu genau zugehört (Zitat: „Gratis gibt’s hier nichts, weil der Sauerstoff bald ausgeht / Genießen kannst du nur, wenn du dein Körper auf dem Laub legst“). „Du nennst dich Bruder?“ erzählt einigermaßen glaubhaft von falschen Freundschaften und für „Hassan vs. Teufel“ wagt sich Massiv gar mal ans Storytelling, um nur ein paar Stücke später mit Beirut und Granit auf „Al Massiva Beutejagd“ zu gehen. Dann dröhnt für den Moment etwas Gangsterrap aus der Anlage, nicht innovativ, doch angesichts der Übermacht an Schnulzen durchaus abwechslungsreich. So werden einige Wogen geglättet, der Eindruck von „Solange mein Herz schlägt“ etwas gebessert. Umso unverständlicher die Entscheidung, mit „Setz deine Sonnenbrille auf Bro“ zu guter Letzt noch mal ein richtig peinliches Ding raus zu hauen („Zieh deine Cappie an und Chucks auch / dreh die Box auf / oh mein Gott, sehn wir gut aus“). Da ist es also wieder, dieses bekannte Gefühl – Fremdscham.