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Mittwoch, 11. November 2009
Freidenker - ...und dann kamen die Touristen
Herbert Grönemeyer und Deutschrap – mag im ersten Moment nicht so ganz zueinander passen, auch wenn mehr und mehr außergewöhnliche Features zustande kommen (prominentestes Beispiel wohl nach wie vor Bushido, der Karel Gott einlud), hat dann aber doch irgendwo gemeinsame Schnittpunkte. Wer nämlich einen Blick auf dessen „Grönland Records“ wirft, der wird mitunter feststellen, dass sich darauf einst mit den Freidenkern eine Deutschrap-Formation tummelte. Zwar ist dies inzwischen Vergangenheit, aber wenn man ihr Album „…und dann kamen die Touristen“ so vor sich liegen hat, fragt man sich natürlich schon, wie das ganze klingen muss, damit es jemandem wie Herrn Grönemeyer zusagt.
Vermutlich ist das ein Thema, das Heikouality, Gil und DJ Kaiser längst nicht mehr hören können und dennoch fällt es schwer, einen der gewichtigsten Namen deutscher Musikkultur einfach so aus der Biographie der Jungs auszublenden. Wer weiß, man kann sich durchaus auch vorstellen, dass dieser Umstand mitunter dafür sorgen wird, dass weit mehr Hörer von den Freidenkern Kenntnis nehmen werden, als es bei vielen der zahlreich vorhandenen Konkurrenten der Fall ist oder war. Aber gut, lassen wir die Musik für sich sprechen und kommen auf diese Thematik zum Ende hin noch einmal zurück.
Fünfzehn Stücke stark und größtenteils von Heikouality und DJ Kaiser produziert, startet das Album nach einem kurzem Intro mit einem ‚Back In The Day‘-Track, bei dem die Kangol ausgepackt bzw. die Beastie Boys-CD eingelegt wird, ohne den Blick auf die Jetztzeit aus den Augen zu verlieren („Neobarrique“). Einen Anfang, den man sich durchaus schlechter hätte vorstellen können und der Lust auf mehr macht. Doch schon im darauffolgenden Track „Weit weg“ wird der Hörer kurz geprüft, denn wenn anno 2009 verzerrte Stimmen auf die Bildfläche stürmen, denkt man unweigerlich an das etwas ausgelutschte Auto-Tune-Gefasel von deinem einstigen Lieblingsrapper. Hier jedoch nicht, zwar wird mit der Stimme gespielt, aber nur um damit einen gelungenen Refrain zu veredeln, der eingängiger wohl kaum sein könnte und in Verbindung mit dem schicken Beat und den hörenswerten Lyrics zu nicht weniger als einem Ohrwurm der übleren Sorte mutiert.
Weniger Ohrwurm, aber dafür mit schickem Streicher im Instrumental folgt „Geh auf Anfang“, bei dem man allenfalls den leicht durchschnittlichen Gesangsauftritt von Vinia ankreiden könnte, das aber nicht muss, da man dennoch ein schönes Stück Musik auf die Ohren bekommt, das gefällt. Richtig Freude kommt auch bei „Schmetterling“ auf, das die Liebe zum Thema hat und für das ein hier großartiger Michael Dalien gewonnen werden konnte, der mit seiner vom Soul getränkten Stimme ein dickes Ausrufezeichen setzt.
In der Folge wird noch „das verflixte siebte“ Jahr behandelt, an dem so manche Beziehung zu scheitern droht und immer wieder gerne diskutiert wird, in wie weit das alles Kopfsache ist. Es werden die Vorteile des Lebens in der Kleinstadt thematisiert („SOS“ mit einem Hauch Raggamuffin) und zu guter Letzt bastelt Heikouality mit Hilfe von Marc Cohns „Healing Hands“ ein unter die Haut gehendes Ende, das die Repeattaste die nächste zeit über fest für sich beansprucht.
So brauch man wahrlich kein Prophet mehr sein um herauszulesen, dass „…und dann kamen die Touristen“ ein überraschend starkes Werk wurde, das mit ehrlichen Texten aus dem Leben, die nicht selten um den Überbegriff ‚Liebe‘ kreisen, zeigt, dass Herbert Grönemeyer ein feines Ohr für gut gemachten Rap hat. Technisch anständig, musikalisch super und ein ernstgemeinter Tipp für Hörer, die gerne zuhören.
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