Donnerstag, 26. November 2009

Mädness - Zuckerbrot & Peitsche




Deutscher Sprechgesang – ein herrliches Thema, über das man über einen schier endlos scheinenden Zeitraum diskutieren, streiten und auch nachdenken kann. Gerade als Rezensent fühlt man sich gerade dazu aufgefordert, sich so seine Gedanken über dies und das zu machen, während der Konsument bisweilen nur selten um die Ecke denkt. Vielleicht liegt darin begründet, warum Deutschrap seit Jahren meckert und nach neuem Wind aufschreit, während es mancherorts bereits genau diese frische Brise in Form begabter Reimer gibt. Nur müsste man sich dafür eventuell die Mühe machen und auch mal etwas anderes wahrzunehmen als das, was man bereits fachgerecht auf Musiksendern wie MTV und Viva (dort läuft doch noch ‚Musik‘, oder?) auf den Tisch bekommt.

Wäre dies die Norm, so hätte wohl jeder, der Aggro Berlin oder sido buchstabieren kann wohl auch ein echtes „Unikat“ im CD-Regal stehen. Dem ist nicht so, vermute ich jetzt einfach mal und daher wird man auch kurz erklären müssen, dass es sich bei „Unikat“ um das beachtlich gut von Kritikern aufgenommene Album des gar nicht so wirklich neuen Mädness handelt, welches nun in der Discographie einen Platz nach hinten schreitet und „Zuckerbrot & Peitsche“ weicht. Dieses lädt einen mit reduziertem Synthie-Beat und einem verbal äußerst Schlagfähigen Mädness gleich ein, auf weitere 16 Stücke zu bleiben. Oder auch nicht. Man will ja schließlich niemand zu seinem potenziellen Glück zwingen.

Den Titeltrack, der gleich den Beginn markiert, verdaut, gibt es Stücke auf die Ohren, die man wohl kaum treffender betiteln hätte können. „Querfeldein“ hält sich etwa, eben genau wie es der Titel verrät, mal so gar nicht an strenge Soundstrukturen und wechselt gerne auch mal den Beatteppich innerhalb des Tracks, während „Kein Kompromiss“ mit Olli Banjo keine Gefangenen nimmt. Und wenn wir schon bei den Features sind, nehmen die Gelegenheit gleich beim Schopf und würdigen die eloquenten Gastbeiträge von Morlockk Dilemma („Schöne Menschen“) und Kool Savas (auf dem drückend auf Böse getrimmten „Solche Rapper“).

Hier wird dann auch besonders deutlich, wieso man Mädness auf dem Schirm haben sollte, denn wer mit Savas, Dilemma und Banjo flowt und dabei so gar nicht wirkt wie die Konkurrenz von Usain Bolt auf 100m, der hat ordentlich was auf dem Kasten bzw. im Reim-Repertoire. Weshalb ganz besonders auf „Unterschätzt“ hingewiesen wird, für das der ideale Feature-Gast gewonnen werden konnte, PMA oder auch Patrick mit Absicht ausgeschrieben. Selbst das ungeschulte Gehör muss hier erkennen, dass da Großes hinterm Mikro geschieht.

Nur wenig dessen was Mädness auf „Zuckerbrot & Peitsche“ abliefert, möchte man ernsthaft kritisieren. Da wäre lediglich „Cool“, das mit „From Dusk Til Dawn“-Schnipsel zwar sauber wabbelt, auf Dauer, spätestens nach mehrmaligem Hören, jedoch auch anstrengt. Ähnlich „Schurz“, nur dass hier schon während des ersten Hörens Ermüdungserscheinungen aufzeigen, ganz einfach, weil man nach der wahren Lawine an Synthie-Stücken und Reimvariationen mal eine Pause brauch. Zumal man bei „Damals ist Vorbei“ oder „Hip Hop“ natürlich nicht nur teilnahmslos dasitzen, sondern zuhören möchte. Davon abgesehen geschieht hier auf Albumlänge jedoch allerhand Bemerkenswertes.

Fazit: Mädness ist anders. Er ist talentierter als die meisten Charaktere im Deutschrap, gar keine Frage. Dazu besitzt er einen für sich stehenden Sound, der sich nicht vom gängigen Klangbild abzeichnet und wird so zum waschechten „Unikat“. Jedoch muss man lediglich wohl dosieren, um nicht allzu schnell die Flinte ins Korn zu werfen. Mein Rat daher: Häppchenweise genießen. Dann hat man länger was davon und darf am Ende wieder mal eine der Lieblingsfragen rund ums Thema Deutschrap stellen – „Wer ist der Beste?“.

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