Sonntag, 24. Oktober 2010

Blumio - Tokio Bordell




Es gab eine Zeit, da war Hip Hop geradezu langweilig und man fühlte sich regelrecht dazu gedrängt, sich dem allgegenwärtigen Straßenrap hinzugeben. Und dann tauchte inmitten dieser kargen Umgebung ein Düsseldorfer Rapper japanischer Abstammung auf, imitierte seine Lieblingsrapper grandios und brachte damit den so vermissten frischen Wind in die ganze Sache. Lange wurde ebendieser Künstler allein darauf reduziert, doch spätestens seit dem letzten Jahr weiß auch die Freundin deines Freundes Bescheid wer Blumio ist und was er, außer imitieren, noch so alles kann. Das „Yellow Album“ bot illustren Humor, doppelten Boden und schlicht brillante Unterhaltung, die kreativer kaum sein hätte können und forderte von Seiten der Hörerschaft lediglich die richtige Stimmung ein, um sich solch ein massives Werk der Doppeldeutigkeit und verwinkelten Aussagen genüsslich in den Gehörgang zu blasen.

Und nun, nach gerade einmal etwas über einem Jahr, ist Blumio wieder da und veröffentlicht über sein Label Japsensoul 20 neue Stücke, davon drei Bonus Tracks, unter dem vielsagenden Albumtitel „Tokio Bordell“. Viel verändert hat sich in dieser Zeit auf den ersten Blick nicht. Blumio ist noch immer der schräge Vogel, der vor keinem Thema zurückschreckt, Don Tone (aka Rusbeh) noch immer der Mann für die Produktionen und der Käufer derjenige, der gespannt die CD in die Anlage legt um endlich zu erfahren, was für neue Irrgarten es zu durchlaufen, welche Doppeldeutigkeiten es zu verstehen gilt. Das Ganze verpackt im schicken Digipak mit bunt gestaltetem Booklet und separatem Songbuch, macht dabei im Vorfeld einen außerordentlich sauberen Eindruck.

„Tokio Bordell“ selbst startet nach Intro mit der ersten Single-Auskopplung „Eberhard“, einer humorvollen Geschichte über (falsche) Internetbekannt- und Liebschaften, die nicht nur sehr aktuell wirkt, sondern ganz nebenbei auch ein wenig die Jugend auf die Schippe nimmt. Zeitlos hingegen die Ode an den Waschbärbauch. Wer Blumios „Streichel Meinen Bauch“ lauscht, der verliert binnen Sekunden den Wunsch nach Sixpack und gibt sich zufrieden mit seinem Bäuchlein. Komplettiert wird der gelungene Start durch „Grenzenlos“, das Jessica Jean als Feature aufweist, die im Laufe des Albums gleich mehrmals als einziger Gastakteur in Erscheinung tritt.

Im weiteren Verlauf des Albums gibt es „Der Ehrlichste Song Der Welt“, bei dem Blumio ganz ohne Scham und völlig offen zu einem spricht. Den hervorragend funktionierenden Storyteller „Hab Keine Angst“, „So Geht Hip Hop Heute“ und „Die Welt Ist Schwul“, eines eben dieser Stücke, die weit mehr zu sagen vermögen, als man es beim bloßen Zuhören der Texte wahrnehmen kann. Wem das zu hoch ist, dem sei „Sie Ist Nicht Du“ ans Herz gelegt, denn Blumio, der kann auch über Liebe sprechen ohne langweilig zu klingen. Und im Gegensatz zum „Yellow Album“ wirkt „Tokio Bordell“ gleich noch ein gutes Stück musikalischer, weiterentwickelter und überlegter, kurzum besser.

Man attestiert gerade Rappern gerne einmal kreativen Stillstand, spricht von unerreichbaren Debüts und mäßigen Nachfolge-Alben und dem steten Wiederholen und neu aufsetzen alter Geschichten. Und hat damit nicht selten Recht. In Blumios Falle jedoch zeigt sich ein gänzlich anderes Bild: die Beats sind nach wie vor kreativ, aber leichter verträglich (ob es an der Tatsache liegt, dass vieles live eingespielt wurde?). Blumio nach wie vor intelligent witzig und mit grenzenlosem Themenkomplex ausgestattet, aber noch ein Stück gereifter, als noch auf „Yellow Album“. Und „Tokio Bordell“ selbst ist irgendwie immer noch grandios anders als der Großteil vom Rest plus dem ein oder anderen Song mit Chart-Potenzial. Blumio, ein einzigartiger Akteur, der mit jedem Album seinen Weg geht und dieser, so scheint es als Außenstehender, ist goldrichtig. Für ihn, für uns und überhaupt für die Musik.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

SK-Crew - Sweet Whiskey (Video)

Um die Zeit bis zur nächsten Review ein klein wenig zu verkürzen, zur Abwechslung mal wieder ein kleines Video. Dieses Mal von der SK-Crew, die mit 'Sweet Whiskey' das bestens bekannte Original von Lynyrd Skynyrd, wie auch schon Kid Rock, neu aufgreift. Die Reime sind dabei nicht ganz glatt und holprig, als solider Mitgröhl-Soundtrack zum liquiden Wochenend-Ausflug taugt das Ganze aber wohl dennoch.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Harris - Der Mann Im Haus




Rap-Deutschland mangelt es, glaubt man der Stimme der Allgemeinheit, an so manchem und alleine die Frage darüber, was genau denn alles fehle, füllt bereits seitenweise Foren. Was sich mit Sicherheit sagen lässt; an Rappern mangelt es wirklich nicht, diese gibt es wie Sand am Meer. Alleine die Hauptstadt bietet einen fast schon unüberschaubares Angebot an Rappern – da aus der Menge herauszustechen. Harris ist dies einst mit augenscheinlich spielender Leichtigkeit gelungen und gehört seither zum Stammpersonal deutschen Sprechgesangs. 2010, gut sieben Jahre nach seinem Debüt „Dirty Harry“, legt einer deiner Lieblingsrapper mit „Der Mann Im Haus“ dreizehn neue Stücke über Murderbass ab und erweitert somit seine Diskographie auf zwei Soloalben aus.

Wer dabei einen albernen und dumm daher redenden Wirrkopf erwartet, der ordentlich die Lachmuskeln beansprucht, dabei aber inhaltlich eher einfachere Wege geht, wird überrascht sein, was der Rapper/DJ/Schauspieler/Familienoberhaupt auf „Der Mann Im Haus“ anstellt. So ist der Beginn mit „Auf Keinen“ zwar noch durchaus simpel gestrickt, wenngleich dieser bereits einiges in Bewegung bringt, doch schon die folgenden Stücke bewegen sich in eine musikalisch weitaus anspruchsvollere Seite. „Dein Mann Sein“ mit einer astreinen Hook von J-Luv und „Für Die Familie“ mit Muhabbet verdeutlichen klar den Kern des Albums: thematisch ernster, ohne verkrampft zu wirken.

Ein Konzept, das im bereits im Vorfeld immer wieder diskutierten Track „Nur Ein Augenblick“ gipfelt, dem lyrischen Meisterstück des Albums. Auf diesem ruft Harris zu mehr Integrationswillen auf und bekommt dabei, wie fast immer, das passgenaue Instrumental von KD-Supier (bestens bekannt durch seine Arbeiten mit Megaloh) geschneidert, der mit einer Ausnahme das gesamte Album produziert hat und nicht selten genau ins Schwarze trifft. Große Rap-Kunst, die sich abwechselt mit Harris’ klassischeren Tracks wie „Urinstinkt“ oder „Trinke Nie Wieder“, letzteres inklusive Konsum-Tipps vom Fachmann. Addiert man dazu noch das großartige Feature von Harris’ Ehefrau Bintia auf „Freunde“ und den Auftritt vom zweiten Lieblingsraper sido auf „Stell Dir Eine Welt Vor…“, mit welchem die Horrorvorstellung schlechthin umschrieben wird, ergibt das in der Summe eine überaus gelungenes, überraschend reifes Album.

„Der Mann Im Haus“ ist, obwohl man von Harris in der Regel gute Unterhaltung erwarten darf, eine der Überraschungen der jüngeren Zeit. Prägnanter Flow samt charismatischer Stimme plus Qualitätsinstrumentale. Inhalte aus dem alltäglichen Leben plus (von Gästen) gesungene Hooks und dazwischen der gewohnte Wahnsinn des GBZ-Oholikas. Ein geglückter Mix aus neuen und alten Zutaten, den zu mehreren Hördurchgängen geradezu einlädt und Harris’ Status im Spiel weiter ausbaut. Ein klares ’sehr gut’ und eine Empfehlung wert – Reinhören lohnt.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

Sonntag, 17. Oktober 2010

Wieder da & neue Ankündigungen

Liebe Leser,

nach gut einem Monat der Stille aufgrund privater Verpflichtungen, ist es nun wieder an der Zeit, für den Fortbestand von 'Resurrection of Rap' zu sorgen. Für Rezensionsmaterial ist bereits gesorgt und ihr könnt euch unter anderem auf folgende Besprechungen freuen:

Blumio - Tokio Bordell
Harris - Der Mann Im Haus
David Asphalt - Eine Maschine
Group Home - Gifted Unlimited Rhymes Universal
Shad - TSOL