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Samstag, 1. Januar 2011

Im Interview: Cres (Spanien)




Zuletzt wurde an dieser Stelle über den spanischen Rapper Cres und dessen Album "Hip Hop Changed My Life" gesprochen, ein in vielerlei Hinsicht besonderes und dadurch ungemein hörenswertes Album. Grund genug also, um sich für ein paar Worte mit Cres an einen Tisch zu setzen. Gesagt, getan. Resurrection of Rap im Gespräch mit Cres über sich selbst, die spanische Szene und die universelle Sprache der Musik.

Du kommst ja aus Spanien, so erzähle uns doch bitte ein wenig über dich, deine Eindrücke über die spanische Hip Hop Szene und den Titel deines Albums, der da lautet “Hip Hop Changed My Life”

Mein Name ist Carlos a.k.a. Cres. Ich bin Geschäftsmann (seit Musik nicht mehr genügend abwirft) und MC. Schon als kleines Kind war ich in die Hip Hop Szene involviert und habe so mit Graffiti und Bboying begonnen und kam letztlich zum Rappen. Die spanische Szene muss sich noch immer entwickeln, aber besitzt einige talentierte Writer, Bboys, MCs, DJs und Produzenten, die weltweit sehr viel Lob erhalten, besonders in Südamerika.

Der Titel meines Albums bezieht sich auf dieses eine Gefühl, denn es hat tatsächlich mein Leben verändert. Hip Hop hat mich zu einem besseren Menschen gemacht. Und die atemberaubenden Gefühle, die ich jedes Mal aufs neue spüre, wenn ich die Bühne betrete, lassen mich eine andere Form von Orgasmen fühlen, hehe. Ernsthaft, es gibt nur sehr wenige Dinge für mich neben dem Auftreten mit dem Mikrofon und den Leuten.

Gibt es besondere Merkmale, die spanischen Rap ausmachen? Was glaubst du, macht spanischen Rap besonders?


Da die Medien kaum mit der Bewegung in Kontakt kommen, haben es die Untergrund-Künstler sehr schwer, Promotion zu bekommen und sich draußen einen Namen zu machen. Spanischer Rap ist besonders, da er sehr gut ins Ohr geht (wenn die Musik gut ist). Die Sprache kann man als sehr smooth ansehen, nicht so smooth wie Englisch, aber auf einem ähnlichen Level.

Als ich in Spanien war, habe ich sehr viele Graffitis an den Wänden gesehen und im Booklet deines Albums posierst du in einer klassischen Breaker-Stellung. Würdest du der Behauptung zustimmen, dass all die anderen Wurzeln, die Hip Hop neben Rap ausmachen – wie eben Breaken oder Graffiti – in Spanien viel präsenter sind, als in anderen Ländern?

Sie sind sehr gegenwärtig, ja. Wie ich bereits sagte, ich began mit zwei anderen Disziplinen und ich kenne eine Menge Leute da draußen, die in beidem sehr gut sind. In meiner Provinz gibt es etwa zwei der meiner Meinung nach besten Writer in Europa: Dems und Rois. Aber es gibt noch mehr hochklassige Writer wie auch Bboys.

Du featurest einige amerikanische Gäste wie auch Produzenten. Wie kam der Kontakt zu Stande? Und welche Musik hörst du privat? Den harten, trockenen Boom Bap aus dem Osten mit erlesenen Cuts und bezaubernden Samples?


Die meisten Kontakte kamen durch das Internet zu Stande. Sie fühlten was ich tue und sendeten mir einige Beats bzw. Textaufnahmen. Ein paar von ihnen verlangten etwas, andere nicht. Aber ich glaube, wenn du in Qualität investierst und auf geschäftlicher Ebene mit US-Künstlern zutun hast, bist du offen für diese Dinge. Mich kümmert es nicht, denn die Resultate sind überrragend. Ich kann nicht klagen.

Ich höre überwiegend amerikanischen Hip Hop. Ich liebe auch Soul, RnB, Jazz,...sehr viel Black Music eben.

Gibt es noch weitere internationale Künstler, die dir gefallen und mit denen du in der Zukunft gerne einmal arbeiten möchtest?


Ich würde liebend gerne etwas machen mit Buckshot, Talib Kweli, J Cole, Pharoahe Monch,...ich weiß nicht, es gibt Künstler, die ich mag, aber ich hätte nichts dagegen, mit den genannten Künstlern zu arbeiten.

Was die Beats angeht, natürlich mit Premo. Das ist das ultimative Ziel für mich, mehr als alles andere. Alchemist, Nottz, Dre,...aber ich glaube, sie sind für mich nicht realisierbar.

Einer meiner Lieblingstracks ist “Quieres aprender?”, welches den wohlbekannten, spanischen Toteking featuret als auch Symbolyc One als Produzenten. Glaubst du, Rap sollte internationaler werden, um solche wunderbaren Resulate zu erzielen?


Ich glaube, wir können uns nicht limitieren wenn es um Musik geht. Ganz besonders nicht, wenn du sie liebst. Es ist großartig mit Künstler aus der ganzen Welt zusammen zu arbeiten, denn du lernst von ihren Erfahrungen und du fütterst sowohl die Ohren als auch den Kopf, was immer nützlich ist, um als Künstler zu reifen.

Zu Beginn des Albums rappst du auch einige Zeilen in Englisch. Könnten die englischen Einflüsse ein Schlüssel zu einer größeren Hörerschaft sein? Eine Person, die nichts über spanischen Rap weiß, ist vielleicht gespannt darauf, Termanology auf der Platte zu hören und registriert somit dich und dein Album ebenfalls.

Es ist ein Fakt, dass die englische Sprache im Allgemein besser klingt. Also ja, international ist es, glaube ich, hilfreich, zweisprachig zu sein wenn es darum geht, die Hörer für sich zu gewinnen. Ich tue dies, da ich 5 Jahre im englischsprachigen Ausland gelebt habe und mich sehr gut mit der Sprache zurecht finde.

Ist es denn ein Muss, zu verstehen, worüber die Person auf ihrem Stück spricht oder glaubst du an eine universelle Sprache, die in der Musik gesehen werden kann, die auch ausländischen Hörern erlaubt, die Botschaft in den Liedern zu verstehen?

Ich glaube, es ist ein bisschen von Beidem. Ich studiere die Flows, die harte oder besonnene Art, wie Künstler ihre Texte spitten, Strukturen, Pausen, Stimmen,...das gefällt, aber auch die Botschaften, die diese Texte beinhalten, sind wichtig. Wie MCs Wörter zusammenfügen...finde ich manchmal echt unglaublich (es kommt natürlich auf den MC an).

Viele Rapper sprechen darüber, dass sie gelangweilt sind von Rapmusik und fangen an Pop, Rock und Elektro mit Rap zu vermischen, um einen vermeintlich neuen Sound zu kreieren, der nicht immer wohlwollend von Kritikern und Fans aufgenommen wird. Hast du jemals darüber nachgedacht, vom eher klassischen Ansatz, der den Kern deines Albums ausmacht, Abstand zu nehmen?

Ich denke, mein Rap hat sich entwickelt. Ich liebe es, die Essenz meiner LPs beizubehalten, aber ich mag auch einige der neuen Sounds im Bezug auf Beats, die heutzutage produziert werden. Für mich ist es wichtig, diese Wurzeln beizubehalten, aber auch Innovationen oder die Suche nach anderen Klängen, Flows,... ist nicht zu verachten. Andernfalls ist es tatsächlich so, besonders für die Zuhörer, dass man sich allmählich dabei langweilt, stets das Selbe zu hören. Ich möchte damit nicht sagen, dass ich vor habe, Popmusik zu machen, aber ich genieße das Erschaffen anderer Dinge. Etwas zu kreieren ist ohnehin immer großartig.

Ein paar letzte Worte an die Leserschaft von 'Resurrection of Rap'?


Genießt die Musik. Nehmt euch die Zeit um auf die Worte der Songs zu achten, besonders beim Rap, denn viele von uns arbeiten hart um Muster zu bauen und dabei Gefühle und Erfahrungen mit einfließen zu lassen. Peace and love for everybody.

Vielen Dank für deine Zeit und das Beantworten der Fragen, sowie für die Zukunft nur das Beste.

Danke für das Interesse an meiner Arbeit und ich hoffe ich kann eines Tages eine Show in Deutschland geben.
One

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Cres - Hip Hop Changed My Life




Denkt man an Spanien, so kommt nicht wenigen Deutschen zunächst Mallorca in den Sinn. Lockere Urlaubsatmosphäre, jede Menge Alkohol aus Eimern konsumiert und eine ganze Flut an simplen Mitsing-Liedern, die dort die Discotheken beschallen. Spanischer Rap ist hingegen nur wenigen geläufig und das, obwohl es mehr als nur eine Hand voll hochgradig talentierter Rapper gibt. Einer der vielleicht interessantesten Akteure ist der aus der Hafenstadt Alicante kommende Rapper Cres, der mit „Hip Hop Changed My Life“ dieses Jahr ein Album an den Start brachte, das wertvoller wohl kaum sein könnte. Und somit durchaus als Vorzeigeexempel für handwerklich tadellosen Rap stehen kann, an dem auch Menschen gefallen finden können, die der spanischen Sprache nicht oder nur bedingt mächtig sind.

Nun, was macht diesen Cres so einzigartig? Die Antwort ist ebenso vielsagend wie einfach, er denkt international und beschränkt sich nicht einzig auf die nationale Rapszene. Zwar ist auch er ein spanischer MC wie er leibt und lebt, verschließt sich jedoch nicht vor weiteren Einflüssen, vorzugsweise natürlich aus dem Mutterland des Rap, den Vereinigten Staaten. Belege hierfür sind unter anderem Gastspiele von Mykill Miers, Kev Brown und Termanology, sowie Produktionen von M-Phazes, Illmind und Symbolyc One. Ergänzt durch spanische Features und einige auf englische gerappte Strophen von Cres, die bisweilen nahtlos in seine spanischen Lyrics, die man zum Teil im Booklet nachlesen kann, übergehen.

Vom Klangbild her, lässt sich „Hip Hop Changed My Mind“ bereits mit Hilfe des Intros umschreiben: ein reduziertes Instrumental, wie es zeitloser wohl kaum sein könnte, ergänzt durch Cres’ feine Zeilen, die seine Liebe zur Kultur deutlich zum Ausdruck bringen. Wird hier das Genick noch vergleichsweise verhalten eingeführt, folgt der erste Belastungstest sodann mit dem von Illmind produzierten „Restless“. Ein Brett vor dem Herrn, verziert durch erlesene Cuts und um einen gut aufgelegten Termanology, bietet alles, was man sich von internationalen Kollabos wünschen kann.

Im Verlaufe des Albums erkennt man immer wieder den ein oder anderen Einfluss und lernt Cres und seine Musik kennen und lieben. „Mi Habitáculo Sobre Ruedas“ ist laut Credits etwa von Neo produziert, könnte jedoch ebenso gut von Erick Sermon stammen, während „Dispersos En El Kaos“ mit treibendem Instrumental zu Werke geht, gefolgt vom positiven Vibe eines „I Love My Life“ mit Thesis, deren Stimme zu gefallen weiß. Die transatlantische Großkollabo mit Mykill Miers, Kev Brown und Elphomega wird zum rohen Stück Rap und endgültig Feierabend ist dann, wenn einer der größten spanischen Rap-Persönlichkeiten auf ein Gastspiel vorbeischaut: Toteking, mit dem ein echtes Kopfnicker-Geschoss vom Feinsten realisiert wurde, welches ein weiteres Mal den Produzentenskills von Symbolyc One geschuldet ist.

Kurz zusammengefasst, lässt sich über „Hip Hop Changed My Life“ nur Positives sagen. Musikalisch in einem kohärenten Rahmen gehalten, gibt es spanischen Rap, der gewürzt wird mit einer Portion amerikanischen Einflusses und ein Album, welches schlicht und einfach Spaß macht. Gerade wer noch nicht allzu viel von spanischem Rap mitbekommen hat, kann dies als Gelegenheit nutzen, um vorsichtig einen Einblick zu erhalten, zumal hier auch hartgesottene Ostküsten-Freunde auf ihre Kosten kommen. Rein hören lohnt sich also unbedingt.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de