Donnerstag, 24. Mai 2012

B.o.B. - Strange Clouds (Review)



„You think you know me, but you ain’t seen half of me“ heißt es in einem der Texte von B.o.B., auch bekannt als Bobby Ray, welcher nach seinem 2010 erschienen Debüt nun mit „Strange Clouds“ nachlegt und ein weiteres Mal seine besondere Stellung im Rap-Geschäft untermauert. Denn während nicht wenige seiner Kollegen fast schon verzweifelt auf der Suche nach einem, respektive ihrem Sound sind, gastiert Bobby Ray seit Tag eins in sämtlichen Gefilden, die die weite Musikwelt so zu bieten hat und lässt kaum eine Gelegenheit aus, um den Hörer zu überraschen. Sei es durch ein gewagtes Feature mit Taylor Swift, ein Intro mit Morgan Freeman oder eigene Gastbeiträge auf anderen Songs, wenn eindrucksvoll die klassische Rap-Ader zum Vorschein kommt, die man angesichts so verspielter Eigenkreationen gerne mal zu vergessen droht.
Bereits der angesprochene Opener „Bombs Away“ ist ein abwechslungsreiches Stück Musik, das sich mit voranschreitender Spieldauer entwickelt und zu einem großartig produzierten Einstand mutiert. Nicht ganz so detailliert, dafür radiotauglich, sind „Ray Bands“ (mit potentieller Ohrwurm-Hook) und das mit Unterstützung von Lil Wayne inszenierte Titelstück und „Both Of Us“ ist dann gar ein geschmackvoller Hybrid aus Rap und Pop. Dass es auch sehr gut ohne fremde Beihilfe geht,  wird nur wenig später mit „Play For Keeps“ bewiesen, dem vielleicht besten Song des gesamten Albums, der sich schlicht mit dem Adjektiv groß umschreiben lässt und dem Album einen wesentlichen Stempel aufdrückt.
Auf wen dies alles zu oberflächlich und grob konstruiert wirkt, der möge sich Stücken wie „So Hard To Breath“ oder „Chandelier“ widmen. Hier kommen neben den Talenten als Unterhalter auch die textlichen Qualitäten zum Vorschein und stellen sich willkommener Weise in den Mittelpunkt und bilden damit wirksame Gegenpole zu den einfacher strukturierten Stücken des Albums. Mit dem spacigen „Castles“ sowie dem internationalen „So Good“ gibt es den Beweis, dass der Herr in der gesamten Welt zu Hause ist und sich hier wie dort sehr wohl zu fühlen scheint. Da verzeiht man ihm auch gerne mal ein „Out Of My Mind“ mit der kratzigen Geschmacksspalterin Nicki Minaj, mit der Bobby Ray hier übers Ziel hinaus schießt.
„Strange Clouds“ ist, wie das Debüt zu seiner Zeit, kein herkömmliches Rap-Album, sondern ein munterer Mix aus allerlei Einflüssen. Die Texte sind dabei so unterschiedlich hinsichtlich Tiefe wie die Instrumentale voll mit wunderbaren Melodien, die auf Anhieb zu gefallen wissen. Dass es B.o.B. dabei, trotz zahlreicher Gäste gelingt, stets präsent zu bleiben, unterstreicht derweil nur sein unbestreitbares Können auf dem Gebiet der Unterhaltung. Wer sich jedweder poppigen Anbiederung verweigert, ist hier falsch. Besitzer eines offenen Horizonts sind jedoch herzlich willkommen, in die gut aufgestellte Welt von Bobby Ray einzutauchen und sich von der dargebotenen Kunst berieseln zu lassen. Klasse.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf BackSpin-Media.de

Mittwoch, 23. Mai 2012

Xatar - 415 (Review)




Was mag nur in den Köpfen derer vorgehen, die den Namen Xatar noch niemals zuvor gelesen bzw. gehört haben?Ein stämmiger Kerl, der – Gefängnisaufenhtalt sei Dank – authentischer wirkt, als viele seiner Kollegen. Kann das als Rapper funktionieren, ohne automatisch an andere Beispiele, wie Massiv beispielsweise, in den Köpfen der Hörer aufzurufen? Wieder einer derer, der mehr über den Beat stolpert, denn fliegt und Musik mehr dem ‘coolen’ Ansehen halber macht und weniger der in sich herrschenden Leidenschaft für Silben, Reime und die Sprache an sich? Gedanken, die alles andere als abwegig wirken und teils sogar verständlich und nachvollziehbar wirken, angesichts des vorherrschenden Rufs von deutschem Straßenrap bzw. Gangsterrap, um dem Ganzen die Krone aufzusetzen.
Beginnen wir, ganz untypisch, mit den negativen Seiten von „415“. Da wäre zum einen die etwas drucklose Stimme des Künstlers (eingeschränkte Aufnahmemöglichkeiten sind hierfür keine Ausrede), zum anderen die Tatsache, dass es Xatar schlicht an dem ganz besonderen Etwas fehlt, das ihn unverkennbar macht. Sicher, er rappt mit teils durchwachsenem Flow noch immer besser, als die schlimmsten Befürchtungen und Erfahrungen, aber das wirklich Zwingende in seiner Vortragsweise fehlt schlicht und einfach. Auch im Hinblick auf die abgedeckten Themen herrscht geradezu gähnende Leere. Das immer gleiche Grundthema um Geld, Kriminalität und oberflächlichen Lebensweisheiten langweilt auf Dauer und gipfelt in einem äußerst fragwürdigen Track namens „Interpol.com“, den man nur als misslungene Promoaktion umschreiben kann und an kindliches Prahlen vor Freunden erinnert.
Für das Album sprechen vor allem die Features von Haftbefehl und Nate57. Besonders „Meine Welt“ mit dem Rattos Locos-Signing ist eine kleine Offenbarung und der mit Abstand besten Tracks des Albums, was auch am einnehmenden Instrumental liegt, womit gleich der zweite Pluspunkt Erwähnung findet. Erwartet man im Vorfeld mitunter überladene Synthie-Beats, die vom Rap ablenken sollen, entpuppen sich die Instrumentale als teils sehr schöne Adaptionen von US-amerikanischen Schöpfungen der Ost- bzw. Westküste. Stellenweise übernehmen die Beats gar die Hauptrolle und lassen Xatar nur den Platz in der zweiten Reihe, wie auf „Knast oder Kugel“.
Auch die Aufmachung der CD kann sich durchaus sehen lassen und weiß mit zahlreichen, offensichtlich originalen Ausschnitten aus Dokumenten und Papieren sehr zu gefallen und hebt sich angenehm von 0815-Bildern ab. Zwar kann dieser Umstand alleine das Ruder nicht rum reißen, den Gesamteindruck letztlich aber etwas angenehmer stimmen, der andernfalls doch etwas arg einseitig ausgefallen wäre, so noch auf halben Wege ausgeglichen daher kommt. Freilich ohne über eindeutige Negativaspekte hinwegzusehen.
„415“ ist ein oberflächliches Album, das bestenfalls für den Moment erdacht ist. Die Leistung von Xatar ist ordentlich, wird allerdings nicht selten von den sehr guten Instrumentals überschattet und wenn dies nicht der Fall ist, fallen einem direkt unseriöse Textfragmente ins Ohr (Bsp.: Kool Savas-Seitenhieb auf „Beifall“). Wer keinen Wert auf Inhalt legt und die pure Unterhaltung sucht, bekommt hier ein durchschnittliches Album auf überdurchschnittlichen Beats geliefert, das nicht im Entferntesten an die Entwürfe eines Haftbefehls heran reicht, für ein, zwei Durchläufe jedoch immer noch geeignet ist. Absolut kein Muss und höchstens für Fans interessant.




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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

Dienstag, 22. Mai 2012

Die Atzen - Atzen Musik Vol. 3 (Review)



Man muss sie längst niemandem mehr vorstellen – Manny Marc & Frauenarzt, die allgemein besser bekannt sind als die Atzen, welche inzwischen auch schon seit mehreren Jahren mit ihrem gut gelaunten Party-Musik-Mix die Charts, Skihütten sowie Ballermänner dieser Welt beherrschen. Mit Rap hat das alles zwischenzeitlich nur noch sehr wenig zu tun und dennoch nimmt man den Erfolg der einst im Berliner Untergrund aktiven Atzen auch als Rap-Hörer wahr und freut bzw. schämt sich mit. So auch, wenn dieser Tage mit „Atzen Musik Vol. 3“ das neueste Werk der arbeitswütigen Feiergeister erscheint, bis zum obersten Rand gefüllt mit auf Clubtauglichkeit ausgelegten Liedern, die leicht zum Mitsingen und noch besser zum Mitfeiern sind. Viel hat sich am Erfolgsrezept der Atzen augenscheinlich nicht getan. Noch immer sind die Instrumentale eine bunte Ansammlung teils heftig böser House-Beats, die abgehackten Reime schnödes Beiwerk, die Refrains das eigentliche Highlight eines jeden einzelnen Songs und anstelle von Nena tritt DJ Antoine als erwähnenswertes Feature auf.
Erneut wird man Zeuge eines Albums, welches nicht für die heimischen vier Wände gedacht ist, sondern einzig und allein darauf abgestimmt wurde, die Meute zu bewegen. Anders ist es kaum zu bewerkstelligen, alle 44 Stücke der beiden Haupt-CDs, sowie den auf einer separaten CD befindlichen DJ Mix an einem Stück anzuhören. Zu ähnlich der Songaufbau, zu plump der Inhalt. Als Teils einer ordentlichen Sause entpuppt sich das Ganze jedoch als ausgesprochen gelungenes Sammelwerk an eingängigen Hymnen, die zwischen Miami, Mallorca und München wohl alles bereithalten, was es für reichlich Spaß auf der Tanzfläche bedarf. „Atzen Musik Vol. 3“ ist frei von Überraschungen, zu jeder Zeit kalkulierbar, kurzweilig dank ‘Scheiß auf den nächsten Tag’-Attitüde und damit genau das, worauf die treue Hörerschaft gewartet hat. Verwendungszweck: Party rocking.

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Diese Rezension erschien ebenfalls auf BackSpin-Media.de

Dienstag, 15. Mai 2012

Jai spricht: über stetig steigende Verblödung dank Facebook

Mal etwas anderes, ohne wirklichen Bezug zur Musik: Vor einigen Wochen las ich einen interessanten Artikel über Facebook und die Erkenntnis, dass eben dies unglücklich mache. Die Begründung lag darin, dass durch das Mitverfolgen der Leben anderer der Eindruck erweckt werden würde, das eigene Leben sei weniger spannend, interessant und lebenswert.

Nur einige Tage darauf las ich erneut etwas über Facebook, erneut war die Kernaussage eher negativer Natur; Facebook lässt die Menschen abstumpfen und, drastisch formuliert, verblöden. Insbesondere der "Gefällt Mir"-Klick wurde eingehend behandelt, der zur Folge hat, dass man auch bei offensichtlich negativen Statusmeldungen ein "Gefällt Mir" von andere erhält. Ein einfacher Klick, bei dem das Gehirn konsequent ausgeschalten und gar nicht angenommen wird, dass es möglicherweise gar nicht vom Ersteller erwünscht ist, mitzubekommen, dass jemandem gefällt, was da Negatives geschehen ist.

Ich wollte es zunächst nicht glauben, dass es solche Beschränkheit wirklich gibt, wurde jedoch heute eines Besseren belehrt. Eine mehr als offensichtliche Statusnachricht und nur wenige Sekunden später das erste "Gefällt Mir". Sarkasmus oder blinde Dummheit? Wohl eher Letzteres. Oder gibt es auch positive Auslegungen eines Autounfalls?

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P.S. Neue Reviews kommen in Kürze, einiges an Material vorhanden. :-)

Montag, 14. Mai 2012

Moe Mitchell - MMS (Review)



Deutscher Soul / RnB hat es nicht unbedingt einfach und genießt, trotz unbestrittenen Stimmtalenten, größtenteils ein kleines Nischen-Dasein, welches gerade einmal für einige wenige Features auf Rap-Stücken nennenswert erweitert wird. Moe Mitchell wurde auf eben diese Weise bekannt und zur singenden Stimme von Kool Savas’ Optik-Regiment, wo er sein durchaus vorhandenes Potential bereits zum ersten Mal ausspielen konnte. Dieses Jahr war es dann endlich an der Zeit, auch auf Albumlänge und gänzlich Solo (keine Features) zu überzeugen, um festzumachen, ob man Moe Mitchell als Künstler auf dem Schirm haben sollte, als einen der wenigen, erfolgreichen Ausnahmen seines Fachs, oder doch nur als einen von so vielen Gesangsparts in Tracks von rappenden Kollegen.
Zumindest die Vorzeichen sprechen eine überaus deutliche, auf Ersteres beruhende Sprache: produziert wurde fast durchweg von Melbeatz, die man ohne Zweifel zu den besten Produzenten in Deutschland zählen darf wenn nicht gar muss, textlich finden sich immer wieder Beteiligungen von Förderer Kool Savas wieder, welcher wiederum den Primus im Bereich Deutschrap stellt. Viel schief gehen kann da eigentlich nicht, möchte man meinen und fühlt in sich zurecht eine gute Portion Vorfreude auf das, was da im Laufe der elf Stücke so ins Ohr gehen wird. Nicht ganz unvernünftig, angesichts eines so bezaubernden Einstandes wie „Alles an dir“, das den Startschuss zu „MMS“ bildet und einen wichtigen Grundstein legt.
So fällt sofort der Hang zum Schönen bei Herrn Mitchell auf. Die angenehm moderne Liebeserklärung „MMS“ oder das sphärische „Stern“ sollen hier nur zwei Beispiele dafür sein, wie aus dem einfachen, aber ungemein tief gehenden Thema Liebe schön ins Ohr gehende Stücke entstehen können. Doch es geht auch anders, wenn für „Meine Stadt“ in eine eher düstere, grau gefärbte Schublade gegriffen wird, die einzig durch die warme Stimme erhellt wird oder wenn das großartig arrangierte „Regen“ bedrückend ruhig aus den Boxen kommt. Das sind in der Tat wunderbare Momente, die der Vorfreude mehr als gerecht werden.
Doch nicht alles ist perfekt an „MMS“. So überzeugt Moe Mitchell stimmlich zwar, dennoch gewinnt man den Eindruck, die wirklich prägenden Elemente des Albums stammen von den durchweg sehr feinen Instrumentalen. Und auch die vorherrschende Themenarmut ist als negativ zu werten. So schön Lieder über die Liebe auch sein mögen (siehe obigen Absatz), auf Albumlänge erhofft man sich einfach noch etwas mehr Abwechslung und Mut zu Neuem. Möglicherweise wären hier sogar ein oder zwei rappende Gastbeiträge sinnvoll und belebend gewesen und hätten dem gesamten Album etwas mehr Kontur verpasst.
Nichtsdestotrotz ist Moe Mitchell mit „MMS“ ein sehr schönes, wenn auch einfach gestricktes Album geglückt, dass erfahrungsgemäß vor allem bei weiblichen Zuhörern für Jubelstürme sorgen dürfte. Bei aller Lobeshymnen sollte dabei jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass hier noch nicht sämtliche Reserven heraus geholt wurden. Vielleicht noch nicht der ganz große Wurf, für ein erstes, kleines Ausrufezeichen reicht es dennoch. Künftig aber bitte mehr Themenvielfalt, damit ein zweites Soloalbum auch wirklich Sinn macht.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

Sonntag, 13. Mai 2012

Dienstag, 8. Mai 2012

Jai spricht: über Liebe auf den ersten Blick



Rap - eine Musikrichtung von vielen und meine große Leidenschaft. Ich kann mich noch sehr gut an meine ersten Berührungen mit Rap erinnern, denn es ist noch gar nicht so übermäßig lange her. Ich schätze mal, es werden gerade einmal um die 10 Jahre sein. Passiert ist es während des Schullandheim-Aufenthalts, als mir ein Klassenkamerad erste Tracks von Jadakiss, Bubba Sparxxx, DMX und Konsorten zeigte. Die Musik gefiel auf Anhieb, aber es fühlte sich für mich zunächst noch etwas merkwürdig an, merkwürdig neu.

Den ersten Grundstein legte daraufhin die Terror Squad, deren "The Album" wohl zu einem der wichtigsten Alben in meinem Leben wurde. Damit war meine Liebe vollends entflammt und was in den Wochen nach dem Schullandheim folgte, lässt sich durchaus als Kaufrausch bezeichnen. Zunächst auf die bekannten Namen reduziert, kaufte ich so ziemlich alles, was mir in irgendeiner Weise interessant vorkam (und bewies glücklicherweise schon damals ein richtiges Händchen für guten Rap). Es folgte das regelmäßige lesen der JUICE, die Entdeckung neuer und neuer Namen und irgendwann war ich mittendrin, wusste ausreichend Bescheid über das Spiel und seine Beteiligten.

Heute bin ich derart von Rap vereinnahmt, dass ich mir ein Leben ohne gar nicht mehr vorstellen möchte. Noch immer genieße ich jede einzelne CD meiner Sammlung wie am ersten Tag. Und noch immer bereitet es mir große Freude, wenn ich, gefragt nach meinem Musikgeschmack, antworte: überwiegend Rap, nicht ausschließlich, aber überwiegend. Woraufhin meist die üblichen Klischees in den Köpfen der Gesprächspartner kreisen, welche ich geradezu liebend gerne als nur teilweise zutreffend vormache. Ja, man hat es bisweilen nicht leicht, Teil einer Musikrichtung zu sein, die im Auge der Öffentlichkeit als Jugendmusik wahrgenommen wird. Und auch ist es nicht immer so einfach, kompetente Gesprächspartner zu finden, da ein nicht unbeträchtlicher Teil der Hörerschaft tadellos ins Klischee-verseuchte Bild des ausdrucksschwachen 'Yo, Alter'-Typs passt, der  mehr auf Stress aus ist, denn alles andere.

Aber mal ehrlich, wer träumt nicht davon, in vielen Jahren trotz hohen Alters immer noch die Fahne für Rap hoch zu halten, die Musik seinen Kindern und Enkeln weiter zu geben? Alleine diese Vorstellung ist schon fast zu schön um wahr zu sein und dennoch habe ich keinen Zweifel daran, dass dies eines schönen Tages der Fall sein wird.

Bis dahin geht die innige Liebesbeziehung zu Rap unaufhörlich weiter.

Bestens,
Jai

Furious - Sex oder Selters (Review)



„Wer ist dieser Furious? Und was zum Teufel hat Vadim mit dem zu tun?“ heißt es im Intro von „Sex oder Selters“, dem zwölf Stücke umfassenden Album von Furious, seines Zeichens Berliner Rapper und Host vom deutschen End Of The Weak. An sich noch keine große Sache, wäre da nicht noch ein gewisser DJ Vadim, internationale Produzentengröße und Architekt jedes einzelnen Titels auf dieser CD. Und wer den Werdegang von eben diesem sympathischen Russen kennt, der weißt nicht nur um sein Faible fürs Internationale, sondern auch um seine Herzblut, welches er in alle seine Projekte steckt. So auch hier, wenn der bis dahin eher unbekannte Furious sein beachtliches Können auf Platte bannt und dazu passend wunderschöne Instrumentale erklingen, die sich vor keinem Vergleich mit Übersee zu scheuen brauchen. Das vom Funk infizierte „Granaten werfen“, „Kalter Frühling“ als klassisches Muster für Samplekunst oder die akustische Gitarre vom abschließenden „Der Reisende“ – man bekommt mit jedem Titel etwas anderes zu hören, als einen Track zuvor und das Ganze auf eine fesselnde Art und Weise, die nicht langweilig wird.
Furious tut es dem gleich und gibt über die volle Spieldauer, die weder zu kurz noch zu lang ausgefallen ist,  sein Bestes, schafft es, den zunächst unvoreingenommenen Hörer mit jeder Silbe mehr für sich zu gewinnen. Eine Hook wie auf „Granaten werfen“ wirkt zwar noch verbesserungswürdig, dafür überzeugt Furious mit vielseitigem Stil, siehe das recht schnelle „Laut sein“, einer guten Stimme und einem Flow, wie man ihn nicht an jeder Ecke aufs Ohr bekommt. Weshalb man auch zu keinem Moment das Gefühl hat, hier einen austauschbaren Rapper auf Vadim-Beats zu hören, sondern zwei großartige Künstler im Zusammenspiel, die offenbar sehr viel Spaß bei den Aufnahmen hatten. Dies lässt sich zumindest beim Hören von „Sex oder Selters“ interpretieren, einem wirklich gelungenen Album, voll mit organischem, warmen Sound. Sollte man definitiv gehört haben.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf der Online-Präsenz der BackSpin

Freitag, 4. Mai 2012

Upcoming Reviews: Furious, Freidenker,...

So, nachdem die schriftlichen Prüfungen passè sind, ein kleiner Ausblick auf die noch ausstehenden Reviews, welche ihr hier unter anderem in Kürze zu lesen bekommt:

Furious - Sex oder Selters



Freidenker - Randale und Liebe



K-Fly & Low.K - Alle guten Dinge sind 2


Hammer & Zirkel - Sex Sells



Mittwoch, 2. Mai 2012

Reks - Straight, No Chaser (Short-Review)



Platten von Reks haftet seit jeher etwas Magisches an, was man sonst allenfalls noch von Masta Ace und einigen wenigen anderen Künstlern her kennt. Und auch wenn es sich bei seiner Musik streng genommen um wenig innovativen Rap handelt, fühlt es sich einfach nur gut an, seine Platten einzulegen und dem guten Mann zu lauschen, wie er auf gediegenen Instrumentalen sein Bestes gibt. Seit Statik Selektah an dieser Stelle mitmischt, hat man gar das Gefühl, noch mehr Geradlinigkeit aufs Ohr zu bekommen, ein Duo, bei dem die Chemie einfach stimmt.

Auch „Straight, No Chaser“ ist wieder einmal feinster Rap auf Sample-BoomBap-Basis und liefert gleich eine Vielzahl an Gründen, weshalb man Rap auch 2012 noch gut finden sollte. Das klasse Sample eines „Autographs“, welches gleich zu beginn dahin schmelzen lässt. Das bedrohliche „Such A Showoff“ mit Kali, JFK und Termanology als Gäste. Und natürlich das simple aber ungemein wirkungsvolle „Chasin'“. Nichts wirkt abgehoben oder konsequent auf innovativ getrimmt, stattdessen durchweht das Album der Charme von rohem Sprechgesang und dem Geist vergangener Tage.

Interessant auch, mal wieder zu sehen, wie sich „The Power“ von Snap! Im waschechten HipHop-Gefilde macht, wenn es für „Power Lines“ mit Easy Money als Sample-Grundlage dient. Ebenso aufhorchend auch die übrigen Features, die aus dem näheren Umfeld Reks stammen: Action Bronson, der hier stellenweise an Raekwon erinnert, Wais P The Pimp, welcher leicht an Scarfare' Stimme ran kommt, sowie Slaine, dessen Performance auf dem eher unscheinbaren Titeltrack etwas untergeht.

Alles in allem wieder ein schönes Ding von Reks. Angenehm ungezwungen, dennoch qualitativ hochwertig und fernab jeglicher Trends. Showoff Records ist und bleibt eben eine Qualitätsschmiede aller erster Güte, die vor allem echte Rap-Hörer für ihr traditionsbewusstes Auftreten schätzen. Sollte man sich schon gönnen, dieses Album.