Dienstag, 9. August 2011

Mad Mic vs Tyler Torance & Calibuz Wax – Living Legends




Deutschrap-Alben gibt es, sind wir mal ehrlich, mehr als der durchschnittliche Konsument im Leben braucht. Entsprechend liegt es an den Künstlern, triftige Argumente zu sammeln und auszuarbeiten, die die eigene Musik Außenstehenden schmackhaft machen sollen. Ein paar edle Beats aus renommierten Händen mag da eine Möglichkeit sein, oder ein namhaftes Gastspiel eines Kollegen. Noch besser natürlich, wenn man davon gleich ein paar Haufen zusammen bekommt. Dachten sich wohl auch die beiden bis dahin eher in ihrem Umfeld wirkenden Mad Mic vs Tyler Torance und Calibuz Wax, die das Kunststück vollbracht haben, gleich eine ganze Horde von Künstlern einzuladen bzw. einzufliegen, handelt es sich dabei gar um prominente Größen des Underground-Movements der Vereinigten Staaten.

Bereits die erste Kollabo für den Titeltrack fährt mit Mr. Cheeks und B.O.B. gleich zwei schwere Geschütze auf, wobei vor allem Bobby Ray auf dem an sich schlicht gehaltenen Piano-Boom-Bap-Instrumental überaus gut gefällt. Angenehm auch die Performance der beiden Hausherren, die ihr Handwerk durchaus zu verstehen scheinen und nicht einzig und allein auf fremde Hilfe hoffen müssen. Aus einem Fluss auch „The Cypher“ mit Lord Tariq, der Beat in Ordnung, die Reime flüssig vorgetragen und der Wechsel zwischen deutscher und amerikanischer Reimkunst geht gut ineinander über. Überhaupt kann man feststellen, dass die Gäste stets gut gewählt worden sind und nahezu immer zum Instrumental passen. Lediglich „Take A Look“ mit A.G. will vor allem gegen Ende hin ein wenig nervig in den Gehörgang gehen, was jedoch einzig dem Beat, nicht den Künstlern, geschuldet ist.

Sehr gut dann wieder das düstere „The Word“ mit Nine und das tiefgehende „Crazy World“ mit Tame One und Texuz als Begleitung. Gerade in der zweiten Hälfte tauchen dann auch vermehrt richtig große Geschichten auf. „No Good“ mit Sabac Red, „My Squad“ mit Sadat X und den Screwballer Blaq Poet beinhaltende „Heartbeat“ sind dabei gleich drei direkt aufeinander folgende Stücke, die allesamt überzeugen. Und wie sich das für einen Albumtitel wie diesen gehört, darf zum Schluss hin mit Edo.G auch einer das Mic in die Hand nehmen, der zweit über zwei Dekaden aufnimmt und mit „All Eyes On Me“ das letzte große Ding der Veranstaltung abliefert und den positiven Gesamteindruck abrundet.

Was also ist weniger gelungen an „Living Legends“? Nun, da wäre zum einen der Charme eines Samplers, durch naturgemäß bei einer solchen Flut an Features auftritt und das Untergehen der eigentlichen Hauptdarsteller. Nicht, dass diese mit ihrem Können nicht mit den Gästen mithalten könnten, doch bei derart viel klingenden Namen fällt es schwer, seinen Fokus auf die beiden Herren zu halten. So ist „Living Legends“ eine sehr gute Veröffentlichung, als Solo- bzw. Kollaboalbum jedoch nur bedingt ein Erfolg, erhält es den prägnantesten Eindruck von außerhalb und nicht, wie es eigentlich sein sollte, von den eigene Auftritten auf Albumlänge. Sieht man davon ab, verspricht die Tracklist einiges und kann den Erwartungen auch in fast jeder Situation gerecht werden.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

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