Donnerstag, 11. Oktober 2012

Massiv - Solange mein Herz schlägt (Review)


Massiv, das ist für viele noch immer der Inbegriff von Fremdscham. Gestartet mit grammatikalisch fragwürdigen Gangsterrap-Tracks, fanden nach und nach auch melancholische Stücke Einzug ins Repertoire des stämmigen Kerls und bildeten seither zumindest ein wenig Abwechslung vom lyrischen Leben eines Kriminellen. Mit „Solange mein Herz schlägt“ geht es nun in das komplette Gegenmaß. Fünfzehn Stücke und kaum eines bietet die Härte der Straße, vielmehr ist es nun bis ins Kitsch gehender Schmalz, der aus den Boxen tropft und das Album füllt. Ganz zu schweigen von den erneut zweifelhaften Aussagen Massivs. So finden sich bereits im Opener „Träume“ quasi alle Kritikpunkte wieder, die man nach dem kompletten Hörgang auf dem Zettel haben wird. Nicht nur wirkt es vom Start weg an auf Teufel komm raus auf Melancholie und Pathos getrimmt und greift sämtlichen Kitsch auf, der einem bezüglich in sich kehrender Rapper in den Sinn kommen. Zusätzlich kommen Zeilen wie „Ich hatte früher mal Träume, wär gerne Feuerwehrmann“, die nicht unter die Haut gehen, sondern ins Lächerliche gleiten. Doch es geht noch deutlich unpassender: „Höher als der Rest der Welt“ ist ein deplatziert wirkender Beat, auf welchem Massiv sich mal eben mit Ghandi, Mandela oder Martin Luther King vergleicht und dabei sämtlichen Bezug zur Realität verliert. Davon zeugt auch „Erinner dich“, welches Massivs Einfluss zum Thema hat und, fast schon erwartet, ein gutes Stück übers Ziel hinaus schießt.

Etwas besser wird es in der zweiten Hälfte. „Wir sind keine Engel“ besitzt durchaus großes Potential, wenn man nicht allzu genau zugehört (Zitat: „Gratis gibt’s hier nichts, weil der Sauerstoff bald ausgeht / Genießen kannst du nur, wenn du dein Körper auf dem Laub legst“). „Du nennst dich Bruder?“ erzählt einigermaßen glaubhaft von falschen Freundschaften und für „Hassan vs. Teufel“ wagt sich Massiv gar mal ans Storytelling, um nur ein paar Stücke später mit Beirut und Granit auf „Al Massiva Beutejagd“ zu gehen. Dann dröhnt für den Moment etwas Gangsterrap aus der Anlage, nicht innovativ, doch angesichts der Übermacht an Schnulzen durchaus abwechslungsreich. So werden einige Wogen geglättet, der Eindruck von „Solange mein Herz schlägt“ etwas gebessert. Umso unverständlicher die Entscheidung, mit „Setz deine Sonnenbrille auf Bro“ zu guter Letzt noch mal ein richtig peinliches Ding raus zu hauen („Zieh deine Cappie an und Chucks auch / dreh die Box auf / oh mein Gott, sehn wir gut aus“). Da ist es also wieder, dieses bekannte Gefühl – Fremdscham.

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