Ein Blog für alle, die sich leidenschaftlich und ernsthaft mit Hip Hop im Allgemeinen und Rap im Speziellen auseinandersetzen.
Mittwoch, 31. März 2010
Inflabluntahz - Director's Cut
Vor kurzem veröffentlichten die Inflabluntahz aka Nicoist und Franksta ihr neuestes Album „Segen & Fluch“, ein beachtliches weil ehrliches und durchweg gut gemachtes Stück Deutschrap, wie man ihn nicht mehr allzu oft auf die Ohren bekommt. Grund genug ein wenig in die jüngere Vergangenheit zurückzugehen, ins Jahr 2007, als mit „Director’s Cut“ der Vorgänger veröffentlich wurde. In wie weit hat sich die Welt der Inflabluntahz in dieser Zeit also verändert? Gab es eine musikalische Weiterentwicklung? Wo liegen die Gemeinsamkeiten? Fragen, die mit den folgenden Sätzen beantwortet werden und Aufschluss über einen weiteren Teil der Discographie des Duos gibt.
Beginnen wir bei den wesentlichen Gemeinsamkeiten des Albums. Mit 22 Tracks bietet auch „Director’s Cut“ reichlich Futter für von inhaltlicher Leere geplagte Hörer und bietet viel fürs Geld. Erneut erlesen auch die Auswahl der Gäste, die man zum Teil auch auf „Segen & Fluch“ zu hören bekommt: Dortmunds Denker Donato, der Wuppertaler Sinuhe, Mannheims Gedächtnis Mnemonic, die heutigen Lable-Kollegen Nazz N Tide, Charakterstimme Lunafrow, Jintanino und mehr.
Weitere Gemeinsamkeit: Franksta. Zwar nimmt man eine klare Weiterentwicklung im Stile des Reimebringens wahr, aber das alles klang schon damals richtig gut und ließ die ebenfalls von inhaltlicher Seite nur zum Lob hinreißenden Texte im richtigen Licht scheinen. Da gerät der spontane Hörgenuss schnell zur Gedankenreise quer durch die Überlegungen und Wahrnehmungen eines Mannes, der sein Umfeld deutlich, klar und äußerst intensiv wahrnimmt. Entsprechend wurden auch auf „Director’s Cut“, wie bei „Segen & Fluch“, die meisten Lyrics im Booklet abgedruckt, welche natürlich auch zum munteren Lesen geeignet sind.
Grundlegende Veränderungen seit 2007 nimmt man kaum wahr. Wie erwähnt, kann man den Inflabluntahz eine künstlerische Weiterentwicklung nicht absprechen, womit nur noch einmal das erfolgreiche Ergebnis in Form von „Segen & Fluch“ hervorgehoben werden soll. Dennoch erkennt man, dass das Grundgerüst sich kaum verändert hat. Herrliche Beats, oftmals ordentlich melancholisch, als perfekte Unterlage für Frankstas feine, in Reimen verpackte, Emotionen, die dessen “ungeschnittene Seele“ zum Vorschein bringen.
So fährt ein vom detailverliebten Beat getragenes „Kein Thema“ mit Donato auch 2010 noch sauber ein, ohne anzuecken und „Wahrscheinlich Das Beste“ ist wahrscheinlich neben Curse‘ „Viel Leichter“ einer der besten Stücke, die das Thema Liebe ansprechend unkitschig abhandeln und sowohl zart besaitete Damen anspricht, wie auch die nachdenkliche Front der Herren. Dazu die hochkarätigen Features von Lunafrow und Mnemonic auf „Die Nacht Ist Uns“ und natürlich Nazz N Tide, mit denen Franksta „Die Meinen“ einspielte. Stimmungstechnischer Höhepunkt ist aber neben dem zweiteiler „King Size / Director’s Cut“, bei dem vor allem der zweite, titelgebende, Part brennt (auch dank verlesener Streicher), und dem persönlichen „Krisen Und Perspektiven“, das dramatische „4 Minuten“ .
Kurzum ist „Director’s Cut“ ein Paradies für all jene, die tiefsinnige Texte lieben und die Welt nicht nur aus oberflächlich eingestellter Perspektive betrachten wollen und sollte auch für die, die erst durch „Segen & Fluch“ auf Nicoist und Franksta aufmerksam geworden sind, ganz oben auf der nächsten Einkaufsliste stehen – schon allein um die Entwicklung des Duos vollends nachvollziehen zu können. Möchte man etwas Negatives sagen, dann allenfalls, dass „Einfach Musik“ nur ein Interlude ist, das man aber derart gelungen in Szene gesetzt wird, dass man gerne mehr davon hören möchte.
Sonntag, 28. März 2010
Kidz In The Hall - Land Of Make Believe
Mit ihrem in mittlerweile drittem Album wollen es Naledge und Double-O wieder wissen und testen das Schubladendenken der Hörer erneut aufs Äußerste. Nach dem ersten Album noch als Backpacker abgehandelt, fiel in Folge ihres zweiten Albums „The In Crowd“ schnell der zur damaligen Zeit gern verwendete Begriff des Hipster Rap. Album Nr. 3, „Land Of Make Believe“, ist nun weder A noch B und definiert sich in erster Linie durch die künstlerische Freiheit der Beiden, was bereits das Cover im Ansatz verdeutlicht. Entsprechend schwer lässt sich das Album in wenigen Worten zusammenfassen.
Auf der einen Seite erhält man Tracks wie das gelungene „Traffic“. Umgesetzt mit allerlei lauten Tönen, wird das Gefühl, man befinde sich mitten drin im Verkehr, gut umgesetzt und auf den Hörer übertragen. Auch die erste Single „Flickin“ ist erlesen und macht in erster Linie Spaß bzw. unterhält, ganz ohne sinnleere Fragen nach Hipster oder ähnlichem zu stellen. Wenn dann auch noch MC Lyte in der Tracklist auftaucht um die zweite Single „Jukebox“ zu veredeln, sollte vollends Ruhe herrschen und der bzw. die Künstler im Vordergrund stehen, nicht die musikalische Einordnung.
Dominiert bei genannten Tracks die Verspieltheit und die sich festsetzenden Melodien, droppen die beiden Kidz in der Folge auch allerlei einfach gestricktes Material, wie „Out To Lunch“ mit Kid Daytona oder das gemeinsam mit Marsha Ambrosius inszenierte „Will II Win“. Diese wirken jedoch gerade im direkten Vergleich zu den einfallsreicheren Tracks etwas unspektakulär und lassen das Zwingende vermissen, sich diese noch des Öfteren zu Gemüte zu führen.
Mit dem Timbaland-Verschnitt „Take Over The World“, mit Colin Munroe und Just Blaze, wird dann noch einmal etwas geboten, doch muss festgehalten werden, dass das Ganze in keiner Sekunde an die Großtaten des Mr. Mosley herankommt. Anschließend verliert sich „Land Of Make Believe“ etwas zu sehr in der Mittelmäßigkeit, ein „Running“ vermag noch kurzzeitig zu überzeugen, doch wirklich viel bleib im Langzeitgedächtnis des Hörers nicht hängen.
Somit gestaltet sich das „Land Of Make Believe“ als kurzzeitig unterhaltsame Angelegenheit, die auf lange Sicht jedoch an Reiz verliert und sich im Mittelfeld ansiedeln muss. Die Tatsache, dass sich die Kidz In The Hall dennoch über die gesamte Spielzeit in keine Ecke drängen haben lassen, spricht am Ende dann aber noch für die beiden. Nicht zwingend, nicht schlecht, für Duck Down’sche Verhältnisse experimentierfreudig anders und unvorhersehbar.
Montag, 22. März 2010
Marco Polo & Ruste Juxx - The Exxecution
Es ist mal wieder an der Zeit, den kaum mehr ertragbaren Pathos vergangener Tage zu nutzen, um mit ihm den Einstieg in ein aktuelles Albums der heutigen Zeit zu begehen. Erinnern wir uns also an eine Zeit, in der Rap, insbesondere aus den östlichen Gefilden der USA, für die rohe Energie und Härte stand und schon beim bloßen Hören den Adrenalin-Spiegel nach oben trieb. Bevor der finanzielle Aspekt mehr und mehr zunahm und die fürs Radio freundlich zurecht gestutzte harte Seite dem weichgespülten Charme von Boygroups und Co. wich. Ein Glück, möchte man also meinen, dass es noch Menschen wie Marco Polo oder Ruste Juxx gibt, die gemeinsam über das ohnehin für ihre bodenständige Art bekannte Label Duck Down den ruffen Sound, zumindest für zwölf Tracks lang, zurückbringen.
Während Marco Polo sich unlängst durch sein „Port Authority“ und der Zusammenarbeit mit Torae im letzten Jahr etwa einen Namen als Beatbastler der raueren Sorte machen konnte, nahm man Ruste Juxx bis zuletzt als nur spärlich beschriebenes Blatt wahr, dass in erster Linie davon profitierte, dass ein gewisser Sean Price dessen erstes Solowerk präsentierte. Nun also die Zusammenkunft jener harten Hunde, die sich für ihr munteres Scharmützel Gäste wie DJ Revolution, Black Moon, Freddie Foxxx, sowie Sean Price und Rock (jeweils auf separaten Tracks) geladen haben. Und schon steht einer kurzen, rot gefärbten Orgie nichts mehr im Wege.
Bereits „Death Penalty“ kann als Vorreiter des gesamten Albums dienen. Der Beat ist raw und energisch und Ruste Juxx‘ Stimme ebenso unaufdringlich wie unangenehm, so dass in der Summe ein hübsches Stück Musik herauskommt, das allgemeinhin in die Sparte „Hardcore Hip Hop“ getütet wird. Eine Bezeichnung, die wohl auch Black Moon gefallen dürfte, welche auf dem überaus grandiosem „Let’s Take A Sec“ für wohlige, nostalgische Gefühle sorgen, die beleben. Schön, wenn sich hier etwas tut, bei dem sich keiner der Akteure hinter Auto-Tune o. ä. versteckt und den Hörer mal wieder ganz nah am Geschehen teilnehmen lässt.
Dass Ruste selbst beileibe kein geschwächtes Selbstbild von sich selbst mit sich trägt, beweist dieser auf „Nobody“, welches mit reichlich Selbstbewusstsein bestückt ist und weitere Pluspunkte einfährt. Und während auf groß nennenswerte Aussetzer verzichtet wurde, besticht das Album durch die konstant gut einfahrenden Beats und diese bereits umschriebene, raue Atmosphäre, die sich so heute wahrlich nicht mehr auf jedem Release wiederfindet. Im Zusammenspiel mit den sich harmonisch ins Gesamtbild einfügenden Gästen demnach eine wirklich schöne, wenn auch nicht zwingend langlebige Sache, wenn es mal wieder etwas Deftigeres sein darf.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de
Samstag, 20. März 2010
MA21 - Kopf Oder Herz
Es sich im Musikgeschäft heimisch zu machen, ist eine Aufgabe, die alles andere als einfach erscheint. Hat man ein Faible für synthetische Beats und eingängige Hooks, wird man gerne als vom Pop geschwängertes Etwas tituliert. Besinnt man sich dagegen von Natur aus auf die Grundbausteine des Rap und liefert schnörkellose Reimkunst auf trockenen Beats, schallen die Rufe des allzu rückwärtsgewandten Sounds. Ja, man kann hin und wieder regelrecht den Eindruck gewinnen, es gäbe kaum eine Möglichkeit, sich frei zu machen von solch eingefahrenen Denkweisen. Wie aber reagiert man als involvierter Künstler zw. Künstlerverband darauf? Eine Antwort auf eben diese Frage liefert die Wiener Formation MA21 mit ihrem Album „Kopf Oder Herz“.
Auf achtzehn Anspielpunkten gibt es im Grunde alles, was sich das geneigte Hip Hop-Herz so wünscht. Beats klassischer Bauart, die zunächst mit ihrer einfachen Struktur und dem organisch warmen Sound verwöhnen, um nur kurze Zeit später durch Liebe zum Detail ihren eigentlichen Charakter erst hinzugewinnen. Verse, vorgetragen in technisch sauberer Form und bestückt mit Aussagen, bei denen das Zuhören Spaß macht. Und zu guter Letzt noch eine ordentliche Portion geschmackssichere Cuts, die das Ganze veredeln.
So steigen die drei Jungs wie „Phoenix“ aus der Asche und zaubern ein stimmungsvolles Album hervor, dessen tragende Säule die Liebe zur Sache selbst darstellt, welche sowohl durch die Beats als auch die Lyrics zum Ausdruck gebracht wird. Dass man es dabei auch ab und an mit Vorurteilen seitens Außenstehenden zu tun bekommt, thematisiert das Trio dabei auf „GZSZ“ beispielsweise, während zumeist über das gesprochen wird, was alle angeht. Die eigene Erkenntnis über sich und das Leben samt der nur schwer zu beantwortende Frage der Glückseligkeit auf „Baum der Erkenntnis“ etwa.
Gelungen auch der Track für die heimische Gegend, „San City“ und das von einer grunddepressiven Stimmung getragenen „Himmel auf Erden“, das auch das nahende Ende des Albums einläutet. Das Ende eines Albums, das bereits in der Anfangsphase überzeugen kann, und über die gesamte Spielzeit hinweg genug Interessantes und Unterhaltsames bietet um einen Kauf zu rechtfertigen. Eine Runde Sache.
Donnerstag, 18. März 2010
Hip Hop Academy präs. - Kopfkino
Die Jugend ist die Zukunft. Egal wohin man blickt, dieser Spruch passt in jede Branche, in jeden Sportbereich, in jeden Karrierezweig. Keine Frage, dass dies auch im Bereich Hip Hop zutreffend ist, schließlich werden einstige Rap-Veteranen auch nicht jünger und frisches Blut hat noch keiner Seele geschadet. Um sicher zu stellen, dass es auch in naher Zukunft nicht an eloquenten Wortakrobaten/DJs/Produzenten mangelt, setzt sich die Hip Hop Academy Hamburg für ambitionierte Jungspunde ein und bietet ihnen eine professionelle Unterstützung auf dem Weg zur künstlerischen Verwirklichung. Als Leiter des Ganzen funktionieren hierbei die untrennbar mit der deutschen Hip Hop-Szene verbundenen Mirko Machine, Sleepwalker und Spax, welcher mit „Schattenkrieger“ bereits schon einmal bewiesen hat, dass er größtenteils unbeschriebenen Blättern seine Unterstützung anbietet.
Das nun vorliegende Album namens „Kopfkino“ rückt dabei die fünf Rapper Rimo, Cemo, T.u.n.e., Jay Pi und EVQ ins Rampenlicht, begleitet von den Produktionen der Beatbastler Chi, Paar Beats, JTL Beatz und Headnick, ja sogar der Altmeister Sleepwalker ließ es sich nicht nehmen, zwei Instrumentale zur Verfügung zu stellen. Gepaart mit Scratches und Cuts von den Plattentellern des DJ Matsimum, darf man gespannt sein, was die sechzehn an bekannte Spielfilme angelehnten Titel für den Hörer bereithalten. Aufstrebende Jung-Talente, die nun endlich die Chance erhalten, im größeren Stile auf sich aufmerksam zu machen oder doch nur ein gut gemeinter, aber wenig Aussicht auf Erfolg bietender Versuch, etwas Gutes für die Szene zu tun?
Das Intro jedenfalls überzeugt, wenngleich hier neben einem netten Beat von Chi auch kein geringerer als Spax selbst am Mic aktiv ist und in aller Kürze die Entwicklung des Kinovergnügens thematisiert. Im Anschluss wird der jungen Generation das Feld überlassen, welche mit „Blow“ einen Anti-Drogen-Song auf die Beine stellt, der nicht umhaut, rein von der Aussage her jedoch definitiv positiv vermerkt werden darf. Und alle mal lieber ist als die x-te Lobeshymne an die bewusstseinsverändernden Mittelchen dieser Welt. Hier wird bereits deutlich, dass es durchaus Parallelen zwischen gewähltem Filmtitel und Inhalt gibt, obgleich die Filme nur als Grundlage dienten, nicht als strickte inhaltliche Vorgabe. Andernfalls wäre ein „Blow“ sicher anders ausgefallen.
Entsprechend halten sich die Überraschungen im Überschaubaren Rahmen. „Fight Club“ bietet, wie man es bereits vermutet, klassische Battlezeilen, welche allerdings noch etwas zu unspektakulär ins Ohr gehen, ebenso wie das handwerklich saubere aber nicht zwingende Instrumental hierzu. „Crank“ macht da schon mehr her, nicht zuletzt dank Sleepwalkers erster Produktion auf dem Album, mit welcher er gleich mal beweist, mit welch einfachen/wenigen Mitteln bereits ein ordentlicher Beat erschaffen werden kann.
Gelungen auch ein „Mr. und Mrs. Smith“, welches das Thema Hassliebe sehr schön in Szene setzt und bei dem die Akteure durchaus zu überzeugen wissen, zumal mit wenigen Ausnahmen fast durchgehend auf einem angenehmen Level gereimt wird, das bereits über das von zahlreichen Möchtegern-Newcomern heraus reicht. Wenn dann mit „In China essen sie Hunde“ zum Ende hin noch für Toleranz und Akzeptanz verschiedener Kulturen geworben wird, während JTL Beatz einen tollen Beat vom Stapel lässt, dann ist man sich sicher, dass dieses Projekt wahrlich auf Liebe zur Hip Hop-Kultur selbst beruht, wovon die Jünglinge in besonderem Maße profitieren.
Das Konzept des Albums, welches sich zunächst reichlich interessant anhört, bietet in der hier dargelegten Version zwar noch Luft nach Oben, so dass das „Kopfkino“ über die gesamte Spieldauer hinweg Höhen und Tiefen durchlebt. Ambitionen werden hier jedoch offen zur Schau gestellt und lassen auch künftig auf Hörenswertes aus den Mündern und Boxen junger Hip Hop-Aktivisiten hoffen. Weshalb „Kopfkino“ unterm Strich als Erfolg zu bewerten ist und die Hip Hop Academy als solches unbedingt unterstützt werden sollte. Damit ähnliche Projekte dieser Art künftig auch in anderen Regionen Deutschlands Einzug finden.
Dienstag, 16. März 2010
Jai spricht: über Musiktherapie
'Ich lebe für die Musik.' - wie oft hört man diesen Satz? Wer gesteht sich noch offen ein, dass er ohne Musik leben könnte? Vermutlich niemand und wahrscheinlich meinen es die Menschen wirklich ernst mit dem, was sie da von sich geben. Ohne Musik wäre ihr Alltag grauer, ihre Motivation geringer und der eigene Wille zur Kreativität eventuell gar gehemmt. Dass sie trotz derartiger Aussagen die Musik illegal herunterladen, sei dabei außen vor gelassen, möchte ich nicht wieder auf dieses leidige Thema eingehen.
Nein, ich würde gerne meine Geschichte dazu beitragen. Wieso Musik, nicht ausschließlich Rap versteht sich, mich Tag für Tag am Leben erhält. Wieso ich nicht eines Tages aufwachen möchte und das vermisse, woran mir mit am meisten liegt. Dazu muss ich etwas weiter ausholen und mit einer Schilderung meiner Selbst beginnen, ehe ich die Musik hinzuziehen kann.
So pflege ich seit jeher zu sagen, dass ich keine bzw. kaum Freunde habe. Was im allgemeinen Sinne meist falsch verstanden wird, möchte ich damit eigentlich nur zum Ausdruck bringen, dass ich sehr stark differenziere zwischen einer Freundschaft und einer Bekanntschaft. Freunde haben bei mir immer noch den hohen Stellenwert von Wegbegleitern. Sie müssen nicht immer neben einem durchs Leben gehen, doch wenn sie gebraucht werden sind sie da. Bekanntschaften hingegen sind bereits Menschen, die ich mag oder die mich mögen, mit denen man eventuell auch mal weggeht, wo jedoch jeder sein eigenes Ding durchzieht, sprich wenn es denn mal Bedarf zum Reden gibt, sind dies die falschen Leute.
Was das mit Rap zu tun hat? Nun, Freunde wurden im Laufe der Zeit immer rarer, bei mir zumindest, und das Gefühl der allgegenwärtigen Einsamkeit überwog mit jedem Tag mehr und mehr. Als bildliche Darstellung darf hier gerne das leicht hilflose Stehen in einer Menschenmenge betrachtet werden, die sich munter um einen windet, während man selbst wie in Trance die Umwelt wahrnimmt. Ein beklemmendes Gefühl, das keiner gerne dauerhaft empfinden möchte und, wenn schon nicht davon geheilt, dann doch wenigstens etwas abgelenkt werden möchte. Linderung ist eben neben der Heilung noch das beste Mittel gegen alles Übel. Und hier kommt nun Rap ins Spiel.
Musik und vorrangig Rap als mein Kern-Genre, hat sich in eben dieser Gefühlslage, welche sich längst nicht nur als Phase reduzieren lässt, als fester Anker etabliert. Als Stütze und wenn man so will als Freund. Zwar kann kein Musikstück der Welt die menschliche Nähe und Wärme ersetzen, das vermag nicht einmal ein Künstler wie Curse, der wahrhaft Großes mit seinen Worten erschaffen kann. Doch ist es ein schönes Gefühl, wenn man zu jeder sich bietenden Gelegenheit die Möglichkeit hat, eine CD einzulegen und den Künstler zu einem sprechen zu lassen. Das sind die Momente, in denen ich der Musik näher verbunden bin, als irgendwann sonst. Diese durchaus intimen Momente, in denen das gesprochene Wort des Künstlers, eines Tages aufgenommen in irgendeinem Studio dieser Welt, im Gehörgang ankommt, wie der gut gemeinte Rat eines Freundes.
Sicher muss auch hier unmittelbar relativiert werde; das Hören von ein paar Stücken guter Musik mit aufbauendem Inhalt, ist nicht in der Lage aus den Tiefen einer Depression etwa hinweg zu täuschen. Erst recht nicht bei dem Gedanken, der Künstler spricht nur wenige Minuten später im nächsten Stück von der Party seines Lebens. Eine Form von Halt vermitteln diese Momente dennoch. Genug, um sich durch den restlichen Tag zu zerren, sich morgens aus dem Bett zu jagen und seinen Dienst zu erbringen. Musik um durch den Tag zu kommen, wie es so schön heißt.
Nun, genau dies ist der Grund, weshalb die Musik bei mir einen derart hohen Stellenwert genießt. Weil sie für mich ein guter Freund ist, der einen nicht im Stich lässt. Der zu seinem Wort steht und das was er sagt eben genau so meint. Ein guter Freund, der einen begleitet, zwar gelegentlich sein Erscheinungsbild variiert, aber stets seiner Selbst treu bleibt. Und damit ist die Musik in manchen, hin und wieder leider auch in den für uns schwersten, Situationen des Lebens der einzige Freund, auf den man bauen möchte und kann.
Und dafür danke ich der Musik aus vollstem Herzen. Nicht um mich damit zum Messias des gesungenen Wortes zu erheben. Nein. Aus dem einfachen Grund, dass sie mich am Leben erhalten hat und das auch hoffentlich weiter tun wird. Auch in den aktuell sehr schweren Tiefen, die das Leben so für einen bereit hält. Musiktherapie.
Nein, ich würde gerne meine Geschichte dazu beitragen. Wieso Musik, nicht ausschließlich Rap versteht sich, mich Tag für Tag am Leben erhält. Wieso ich nicht eines Tages aufwachen möchte und das vermisse, woran mir mit am meisten liegt. Dazu muss ich etwas weiter ausholen und mit einer Schilderung meiner Selbst beginnen, ehe ich die Musik hinzuziehen kann.
So pflege ich seit jeher zu sagen, dass ich keine bzw. kaum Freunde habe. Was im allgemeinen Sinne meist falsch verstanden wird, möchte ich damit eigentlich nur zum Ausdruck bringen, dass ich sehr stark differenziere zwischen einer Freundschaft und einer Bekanntschaft. Freunde haben bei mir immer noch den hohen Stellenwert von Wegbegleitern. Sie müssen nicht immer neben einem durchs Leben gehen, doch wenn sie gebraucht werden sind sie da. Bekanntschaften hingegen sind bereits Menschen, die ich mag oder die mich mögen, mit denen man eventuell auch mal weggeht, wo jedoch jeder sein eigenes Ding durchzieht, sprich wenn es denn mal Bedarf zum Reden gibt, sind dies die falschen Leute.
Was das mit Rap zu tun hat? Nun, Freunde wurden im Laufe der Zeit immer rarer, bei mir zumindest, und das Gefühl der allgegenwärtigen Einsamkeit überwog mit jedem Tag mehr und mehr. Als bildliche Darstellung darf hier gerne das leicht hilflose Stehen in einer Menschenmenge betrachtet werden, die sich munter um einen windet, während man selbst wie in Trance die Umwelt wahrnimmt. Ein beklemmendes Gefühl, das keiner gerne dauerhaft empfinden möchte und, wenn schon nicht davon geheilt, dann doch wenigstens etwas abgelenkt werden möchte. Linderung ist eben neben der Heilung noch das beste Mittel gegen alles Übel. Und hier kommt nun Rap ins Spiel.
Musik und vorrangig Rap als mein Kern-Genre, hat sich in eben dieser Gefühlslage, welche sich längst nicht nur als Phase reduzieren lässt, als fester Anker etabliert. Als Stütze und wenn man so will als Freund. Zwar kann kein Musikstück der Welt die menschliche Nähe und Wärme ersetzen, das vermag nicht einmal ein Künstler wie Curse, der wahrhaft Großes mit seinen Worten erschaffen kann. Doch ist es ein schönes Gefühl, wenn man zu jeder sich bietenden Gelegenheit die Möglichkeit hat, eine CD einzulegen und den Künstler zu einem sprechen zu lassen. Das sind die Momente, in denen ich der Musik näher verbunden bin, als irgendwann sonst. Diese durchaus intimen Momente, in denen das gesprochene Wort des Künstlers, eines Tages aufgenommen in irgendeinem Studio dieser Welt, im Gehörgang ankommt, wie der gut gemeinte Rat eines Freundes.
Sicher muss auch hier unmittelbar relativiert werde; das Hören von ein paar Stücken guter Musik mit aufbauendem Inhalt, ist nicht in der Lage aus den Tiefen einer Depression etwa hinweg zu täuschen. Erst recht nicht bei dem Gedanken, der Künstler spricht nur wenige Minuten später im nächsten Stück von der Party seines Lebens. Eine Form von Halt vermitteln diese Momente dennoch. Genug, um sich durch den restlichen Tag zu zerren, sich morgens aus dem Bett zu jagen und seinen Dienst zu erbringen. Musik um durch den Tag zu kommen, wie es so schön heißt.
Nun, genau dies ist der Grund, weshalb die Musik bei mir einen derart hohen Stellenwert genießt. Weil sie für mich ein guter Freund ist, der einen nicht im Stich lässt. Der zu seinem Wort steht und das was er sagt eben genau so meint. Ein guter Freund, der einen begleitet, zwar gelegentlich sein Erscheinungsbild variiert, aber stets seiner Selbst treu bleibt. Und damit ist die Musik in manchen, hin und wieder leider auch in den für uns schwersten, Situationen des Lebens der einzige Freund, auf den man bauen möchte und kann.
Und dafür danke ich der Musik aus vollstem Herzen. Nicht um mich damit zum Messias des gesungenen Wortes zu erheben. Nein. Aus dem einfachen Grund, dass sie mich am Leben erhalten hat und das auch hoffentlich weiter tun wird. Auch in den aktuell sehr schweren Tiefen, die das Leben so für einen bereit hält. Musiktherapie.
Sonntag, 14. März 2010
Im Interview: Inflabluntahz
Vor kurzem konnte man an hiesiger Stelle vom neuen Album der Inflabluntahz, genannt "Segen & Fluch", lesen, welches durchweg Lob einheimsen konnte. Wohlklingende Instrumentale und die textlich festgehaltenen Gedanken und Impressionen, das war die zündende Basis, auf die gesetzt wurde. 'Resurrection of Rap' sprach nun mit Franksta (MC / DJ),einer Hälfte des Duos, über Erwartungshaltung, Fan-Sein und innere Konflikte.
Das Album heißt „Segen & Fluch“, ein Titel, in den man viel hineininterpretieren kann und der auf so vieles im Leben zutrifft. Wie sieht eure Definition des Titels aus? Was wolltet ihr damit zum Ausdruck bringen?
Franksta': Der Titel „Segen und Fluch“ hat vor allem etwas mit dem inneren Konflikt zu tun, den nachdenklichere Menschen täglich mit sich austragen müssen. Der Segen ist dabei einfach, etwas sensibler und feinfühliger zu sein und den Fluch den es mit mit sich bringt, nämlich genau dadurch verletzbarer in der heutigen Gesellschaft zu scheinen. Ich verwende dabei gerne den Begriff HSP (Highly Sensitive Person), da eine Randgruppe von Menschen sich in dieser Art wiederfindet. Es ist also ein Segen vieles bewusster wahrnehmen zu können und ein Fluch zugleich, dass man sich über zu viele Sachen unnötig Gedanken macht.
Euer Album erscheint als umfangreiches Zwei-CD-Set mit insgesamt 40 Anspielpunkten. War dies so von Anfang an geplant? Und was bewog euch dazu, zum eigentlichen Album noch etwas dazu zu legen?
Franksta': Es war nicht von Anfang an geplant, aber wir haben uns dafür entschieden den Leuten etwas mehr zu bieten. Es hat sich durch die vielen Tracks, die sich in den letzten Jahren angesammelt, haben einfach angeboten daraus eine Doppeldisc in einem DigiPack zu formen. Mit Ill-luzion, einem sehr guten Freund von uns, der auch ein RubinMusic-Künstler ist, hatten wir irgendwann in den letzten drei Jahren die Idee eine EP mit dem Titel „Influzion“ zu veröffentlichen. Der zweite Teil der Bonus Disc besteht aus diversen Feature und Exclusive Tracks, die zum Teil auf anderen Alben vertreten oder halt nur irgendwo im Netz zu finden sind. Wir dachten es wäre eine gute Sache, eine Art „Retrospektive“.
Das Album erscheint über Rubin Music, einem Label, das dank Nazz N Tide, aber auch B.E. einen sehr guten Ruf genießt. Empfandet ihr während der Arbeit an den Liedern eine besondere Form von Druck hinsichtlich der mitunter hohen Erwartungshaltung der Hörerschaft?
Franksta': In erster Linie ist eher die Erwartung an uns selber gewachsen. Wir haben uns seit dem letzten Album „Director's Cut“ natürlich versucht zu steigern wo es nur geht und in meinen Augen haben wir das definitiv auch geschafft. Es gibt dabei keinen wirklichen Druck, da wir alle im Grunde den gleichen Film fahren. Aus diesem Grund wissen die Hörer meist schon was sie erwartet wenn ein Release aus dem Hause RubinMusic kommt.
Es finden sich zahlreiche melancholische Stücke auf dem Album wieder, gipfelnd in den beiden Stücken „Lass Uns Reden“ und „Abschied“. Erzählt ihr dabei von euren eigenen Erfahrungen oder woher bezieht ihr eure Inspiration?
Franksta': Das sind vor allem eigene Erfahrungen, die ich in den Songs niedergeschrieben habe. Manchmal bezieht man seine Inspiration auch einfach aus einem Konzept oder einer Idee für einen Song aber bei den meisten Songs schreibe ich auch nur genau das auf, was mir gerade selber auf der Seele brennt.
Gibt es Stücke auf dem Album, die euch besonders wichtig sind, die auf einen besonderen Hintergrund, eine bewegte Geschichte, zurückzuführen sind?
Franksta': Vor allem würde mir an dieser Stelle der Track „Fall Asleep“ einfallen, in dem ich sehr stark auf das Thema HSP eingehe. Der Track liegt mir persönlich wirklich sehr am Herzen und ich spreche darin den Ill-luzion an, mit dem ich mir schon die eine oder andere Nacht mit solchen Gesprächen um die Ohren geschlagen habe. Ich hab den Song bzw. die Aufnahme auch nicht nochmal verändert bzw. neu eingerappt wie ich es bei vielen anderen Tracks getan habe, weil diese Stimmung und diese Gefühle darin einfach so unglaublich ehrlich sind.
Wieso habt ihr euch gerade für „Legenden“ als Single entschieden?
Franksta': Legenden war einfach mal was komplett anderes, wenn ich mir so die Singles von anderen Rappern angucke. Entweder sie veröffentlichen einen traurig-nachdenklichen Track oder halt einen straighten Representer. „Legenden“ ist einfach sehr metaphernreich, eine Art Geschichte die man sich am Lagerfeuer erzählen könnte. Der Song ist vor allem sehr düster und stimmig gehalten, so haben wir ihn dann auch im recht untypischen Video umgesetzt. Ich feier den Track auch noch bis heute und habe ihn noch nicht wirklich tot gehört, was bei mir auch eher eine Seltenheit bei den eigenen Produktionen und Texten ist. Ich denke sowas wie „Legenden“ hört man einfach unglaublich selten in der heutigen Rap-Szene und ich bin absolut zufrieden mit unserer Wahl, auch wenn es jetzt sicher kein Song wäre den die Leute sich in einem Club wünschen würden (lacht).
Ihr seid Künstler im Musikbusiness. Bleibt dabei immer noch genügend Zeit, um selbst Fan zu bleiben von anderen Künstlern?
Franksta': Natürlich, also Fan von guter Musik bleibt man ja immer. Zugegeben, ich hatte während der ganzen End-Produktionsphase nicht wirklich Zeit mich ausgiebig darum zu kümmern welcher Künstler jetzt ein Album released aber ich höre gerne Rap und feier die Künstler. Von daher sehe ich es als selbstverständlich anderen Musikern den Respekt entgegenzubringen, den sie auch verdienen.
Deutscher Rap genießt ja allgemeinhin einen bescheidenen Ruf, der darauf zurückzuführen ist, dass dieser meist, zu Unrecht, auf Gangster-Getue und unsittliches Verhalten reduziert wird. Wie seht ihr, als aktiver Teil der deutschen Rap-Szenerie, den gegenwärtigen Status?
Franksta': Ich kann auf jeden Fall sehr gut nachempfinden, dass Deutscher Rap mit diesem schlechten Ruf zu kämpfen hat weil es für die Hörerschaft meist nur das gleiche Strassenrap-Ding ist, was sie von allen Seiten zu hören bekommen. Aber auch die Künstler selbst sind es leid in Schubladen gesteckt zu werden. Ich kann es daher absolut verstehen, dass viele Menschen sich inzwischen von Rap abwenden und nach anderer Musik suchen, die nicht so Frauenfeindlich ist und dem Goldkettchenfetischismus verfällt. Es demotiviert einen, hindert aber nicht daran weiter Musik zu machen.
Wie zufrieden seid ihr mit „Segen & Fluch“? Gäbe es nur wenig Worte, um das Album zu beschrieben, wie würdet ihr es umschreiben?
Franksta': Ich bin mit dem Album mehr als zufrieden weil jeder Song seine ganz eigene Geschichte erzählt. Man hört wie gesagt auch eine ganz starke Entwicklung zu dem Vorgänger „Director's Cut“ raus und somit haben wir die eigenen Ansprüche definitiv gemeistert. Mit wenigen Worten würde ich „Segen und Fluch“ beschreiben mit: ehrlich, hungrig, sehr straight und dabei dennoch nachdenklich und selbstreflektierend.
Gibt es denn in euren Augen noch etwas, dass ihr bei einem weiteren Release noch verbessern könntet / möchtet?
Franksta': Vom Sound her versucht man sich natürlich immer weiterzuentwickeln, bei den Beats genauso wie bei den Aufnahmen. Die Richtung wird wohl die gleiche bleiben, denn ich kann mir nicht besonders gut vorstellen dass ich auf einmal anfange lustige Tracks zu machen. Das aktuelle Album entspricht auf jeden Fall genau dem heutigen Stand unserer Entwicklung und was danach kommt wird wahrscheinlich einfach noch ausgereifter sein. Bei „Segen und Fluch“ würde ich im Nachhinein nichts verändern und wir warten einfach mal ab wie es mit den kommenden Projekten weitergeht bzw. was sich da verändert.
3 Rapper, mit denen ihr gerne einmal zusammenarbeiten würdet?
Franksta': Einfach mal in kurzgehaltenen Stichworten: Tone, Soprano und Curse. Das sind alles drei Bomben Künstler und vor allem hat jeder von ihnen seine ganz eigene Richtung, seinen eigenen Stil.
Vielen Dank für das Interview und wie immer gehen die letzen Worte an euch.
Franksta': Wir bedanken uns natürlich ebenso für dieses schöne Interview und wir freuen uns jetzt erstmal auf das Release von „Segen und Fluch“. Großen Dank auch vor allem an die Leute, die uns so großes Feedback dazu dalassen und ich hoffe, dass das Album gut ankommt. In diesem Sinne... ONE LAV, RubinMusic! Peace
Samstag, 13. März 2010
Kool Savas - John Bello Story III
Während in den Staaten ein Rakim den Titel des ‚God MC‘ sicher hat und allgemein als eben dieser anerkannt wird, genießt Kool Savas in Deutschland den unumstrittenen Titel des ‚King Of Rap‘. Die Erfolge der Vergangenheit sprechen Bände, die jüngst abgehaltene Wahl der besten MCs Deutschland ebenso und nun kommt der dritte Teil der vielgefeierten und ungeheuer erfolgreichen ‚John Bello Story‘ in die Läden. Mit dabei wieder allerlei Prominenz aus Rap-Deutschland, darunter Franky Kubrick, Ercandize, Caput und Amar, aber auch Olli Banjo, Azad und Mindens Finest Curse. Das hat wieder mal Format und wird entsprechend sehnsüchtig von der Szene erwartet.
Den Beginn des 16 Anspielstationen umfassenden Releases gibt ein imposanter Opener in Form von „Denn ein Bello kommt selten allein“, für das Melbeatz und !Bazz hinter den Reglern standen und die auch einen Großteil des gesamten Werkes besorgten. Nach dieser unterhaltsamen Aufwärmübung geht es gleich in die Vollen: S.A.V., Olli Balboa und Frankfurts Asphalt-Reporter Azad auf einem Track, dazu Moe Mitchell als gesanglicher Support und mal eben wird mit „Immer wenn ich rhyme“ ein gediegenes Stück Deutschrap zum Besten gegeben.
Es folgen nette Konzepte, etwa „Mach doch deinen Scheiss“, bei dem tadellos zwischen Reimen und eingefügten Vocalsamples harmoniert wird und die Lachmuskeln tangiert oder aber auch „Myspace“. Der Online-Welt widmend bekommt man neben einem begnadeten Savas einen bockstarken Banjo auf die Ohren, der die Rinderhälften bearbeitet wie Sly zu seinen besten Zeiten. Die Show gehört dennoch stets dem King selbst, wenn dieser mit einer ordentlichen Prise gesunder Arroganz “Sei nicht schüchtern“ vom Stapel lässt und dafür neben Erc auch Sinan, Savas‘ leiblichen Bruder, zu ein paar Lines einlädt.
Man könnte noch so viel mehr zum Verlauf des Albums schreiben, hat man zum jetzigen Zeitpunkt doch erst ein gutes Drittel des Albums hinter sich gebracht. Doch stattdessen noch ein paar Höhepunkte. „Weg nach draussen“ darf man sicherlch dazu zählen. Nicht nur stand Savas selbst hinter den Reglern, wie er über ein an sich slow gehaltenes Instrumental, das auch als RnB-Nummer taugen würde, wandelt, ist ganz großes Kino. Besonders wie es Essah dabei gelingt Humor, schmunzelnde Überlegenheit und zum Schluss hin ein Spit-Feuerwerk zu verbinden, zeugt von großer Klasse.
Ohrwurm-Charakter beweist dagegen „Rhythmus meines Lebens“, das nicht von ungefähr an den 90er-Hit „Rhythm Of The Night“ von Corona erinnert. Ein Song, der für die sorgenfreien Stunden gemacht ist und schon zu Hause dieses unbeschreibliche Verlangen in einem weckt, die Hände in die Lüfte zu heben, während der Maestro auf der Bühne sein Bestes gibt. Mit Sicherheit eines der Highlights der anstehenden „John Bello Story III Tour“, wie auch das mit Kritik an Techno-Trendsetter/Rapper gerichtete „Techno Pilot“, erneut mit Olli Banjo und mit Mitgröhl-Hook, die live sicher ihre volle Wirkung entfalten wird. Während ein hart knallender Beat, gemäß dem Wort ‚Techno‘ im Titel, die passende Untermalung gibt.
Lange Rede, kurzer Sinn. Auch der dritte Ableger bietet wieder beste Unterhaltung und schafft es von Anfang bis Ende („Weck mich nicht auf“ mit Curse & Moe Mitchell, „Die John Bello Story“ von Frank Kubrick erzählt) mit den im Vorfeld gestellten Erwartungen umzugehen. Damit ist der Erfolg bereits absehbar, die Wichtigkeit der „John Bello“-Trilogie für Deutschrap nunmehr ein weiteres Mal unbestreitbar und Kool Savas beleibt nach wie vor der elitäre Reimer vom Dienst. Dick.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de
Mittwoch, 10. März 2010
Inflabluntahz - Segen & Fluch
Nachdem thematisch doch stark limitierter Straßenrap die jüngere Vergangenheit im Rap dominierte, herrscht seit einiger Zeit wieder erhöhter Bedarf an gehaltvollen Texten, die mehr zu bieten haben, als den immer gleichen Beton-Alltag. Bodenständige Texte, aus dem Leben gegriffen, die auch die nachvollziehen können, die den Asphaltgeruch höchstens vom Sonntagmittag-Spaziergang her kennen. Dazu Künstler, die man nicht fürchtet, sondern durch ihre ehrlich gesonnene Art sympathisch rüberkommen. Und nicht zuletzt eine unbändige Liebe für die Sache selbst, für Rap, die man in jeder Sekunde herauszuhören vermag.
All das lässt sich auch über Franksta (MC & DJ) und Nicoist (Beats & Produktion) sagen, die Ende März über das gern gehörte Rubin-Label (Nazz N Tide, B.E.) ihr prall gefülltes Album „Segen & Fluch“ veröffentlichen. Auf der CD verteilen sich ganze 22 Anspielpunkte, die ausreichend Stoff geben für einen schönen Abend mit gelungener Musik und einem guten Gefühl, dass Rap halt immer noch derbe ist. Vorausgesetzt die dargebotene Qualität passt und schafft es bei der schieren Masse grobe Schnitzer zu vermeiden.
Der Beginn setzt jedenfalls eindrucksvoll Akzente und begeistert durch wunderbar melancholische Instrumentale, die Stimmung aufbauen und durch die inhaltlich starken Lyrics vom gebürtigen Rumänen Franksta ergänzt werden. So ist man geneigt zu glauben, wenn auf „Lang genug gewartet“ von 77 Minuten aka 22 Tracks, frei von Makeln, die Rede ist. Und in der Tat, die Thematik von Songs wie „Just A Dream“ geht dank Instrumental und detaillierter Lyrik voll auf und lädt den Geist ein, sich mit dem Gesprochenen auseinander zu setzen.
Das ist auch zwingend von Nöten, denn ein Großteil der Tracks prägt eine inhaltliche Schwere und Ernsthaftigkeit, die das bewusste Wahrnehmen, wenn nicht gar mitlesen (dank Booklet), zur Grundvoraussetzung macht, möchte man „Segen & Fluch“ voll und ganz genießen. Dass es dennoch nicht immer nur von Sorgen und Gedanken getragen, ja fast schon gequält, durchs Leben geht, beweisen dann immer wieder Ausreißer wie „Fight Club“ oder „Frontlinien“, die für willkommene, wenn auch nicht zwingend benötige Abwechslung sorgen.
Kern des Albums sind ohne Zweifel aber die tiefsinnigen Texte, begleitet von tief traurigen Streichern und gezielt gezierten Piano-Klängen (Paradebeispiel: „Lass uns reden“). Dabei werden fast schon naturgemäß keine neuartigen Themen behandelt, aber wenn Franksta die alte, aber immer noch bewährte These vertritt, Reden sei die beste Therapie oder den obligatorischen Track an die Liebste bringt, ist das handwerklich derart gelungen, dass man nicht meckern möchte. Toll auch das Feature der Wuppertaler-Edelzunge Sinuhe auf „Berg und Talfahrt“, für das Nicoist, neben Ill-Luzion Hauptverantwortlicher für den Sound des Albums, einen richtig dicken Beat vom Stapel lässt.
Als seien diese 22 Stücke noch nicht genug, fährt das Album noch eine Bonus-CD auf, mit weiteren 18 Stücken. Darauf enthalten sind zur Hälfte Tracks, die in Form von Remixen in neuen Gewändern glänzen, zusammengefasst unter dem Titel „Influzion“. Die zweite Hälfte, schlicht „Bonus Tracks“ betitelt, fährt dann noch weiteres Material auf und die 18 Extrahäppchen komplettiert. Die Tatsache, dass es sich dabei längst nicht um minderwertige Stücke handelt (Features von Donato und Nazz N Tide), sondern um richtig schöne Bonus Cuts, sowie die durchweg hohe Qualität vom eigentlichen Album „Segen & Fluch“, machen das Ganze zu einer absolut runden Sache, in die man investieren sollte. Großartig.
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Montag, 8. März 2010
Puppetmastaz - The Break Up
Das Debütalbum ist zumeist eine der interessantesten Stationen der Discographie. Mal gibt es die Möglichkeit, an die Anfänge eines mittlerweile etablierten Acts zurückzublicken, mal präsentiert sich jemand neu, der viel verspricht und diese Versprechen im Laufe der nachfolgenden Veröffentlichungen hält und steigert. Ab und an ist das Debüt gar schon der künstlerische Zenit, der Höhepunkt, nach welchem es objektiv betrachtet nur noch konstant nach unten geht. Bei den Puppetmastaz, der wohl bekanntesten Puppen-Rap-Crew der Welt, trifft wohl leider Letzteres zu, was sie nicht davon abhält, mit vereinen Kräften ein, allem Anschein nach, letztes Mal Album die Beine zu stellen und damit bereits den vierten Langspieler an den Mann zu bringen.
Alles begann mit dem ohne jeden Zweifel erhabene „Creature Funk“, ein Album, das durch die eigene Note der Mastaz und die angenehm verspielten, ins Ohr gehenden und dort verweilenden Beats schlichtweg passte und sich, wenn man so will, eine Nische schuf, die des Puppen-Rap. Dieser Faden wurde mit „Creature Shock Radio“ weiter gesponnen, verlor sich jedoch schon ein wenig, ehe man mit „The Takeover“ ein desolates Werk erschuf, das im Vergleich zum Erstling mehr als alt aussah. Und nun also „The Break Up“, sechzehn Stücke, die den puppeninternen Zwist zu großer Egos darlegen sollen, ein musikalisches Erbe an die angehenden Rap-Puppen dieser Welt.
Doch schon „Keyhole“ entpuppt sich als unausgereiftes Stück Musik, dessen Beat nach einem obskuren Durcheinander klingt und mit Ausnahme des Elite-Reimers Snuggles, ein mit reichlich Spucke gesegneten Hasen, der hier wieder eine gewohnt gute Figur abgibt, blass bleibt. Besonders erschreckend die Performance vom augenscheinlichen Führer der Crew, Mr. Maloke. Denn während es dem ebenfalls beteiligten Wizard, einer Kröte, wenig später mit „Masquerade“ gelingt, ein zumindest ordentliches Stück zu kreieren, das allenfalls durch die fragwürdige Hook für Stirnrunzel sorgt, beleibt Mr. Maloke die gesamte Spielzeit über reichlich farblos.
Gefallen findet man dagegen bei dem von Tango und Croucho inszenierten „Put A Bug Pon You“, das nicht nur gefällt, sondern dank astreinem Puppen-Patois auch noch für einen Schuss Abwechslung im mittlerweile fast schon zur Gewohnheit gewordenen Puppen-Rap sorgt. Interessant auch das zunächst gewöhnungsbedürftige „Poety In Motion“, für das sich erneut Tango einfand, der mit E-Wiz, einer Art Puppenausgabe von Elvis Presley, gemeinsame Sache macht.
Das klare Highlight ist jedoch das von britischen Künstlern, allen voran wohl Dizzee Rascal, inspirierte „Tamiflu“, bei dem Squid und Buggles ordentlich Fahrt aufnehmen und mit wohlklingendem britischen Akzent begeistertn. Das macht Laune und sticht in seiner Qualität derart heraus, dass ein ohnehin schon bescheidenes „J.A.Y.B.“ oder „Late Night Malocko“ gleich nochmals eine Stufe tiefer fällt und den Eindruck des Albums nach unten zieht.
So oder so müssen wohl selbst hartgesottene Puppetmastaz-Freunde eingestehen, dass das nicht das Beste ist, was die Formation, im Übrigen ansässig in Berlin, im Stande ist zu leisten. Weshalb man es fast schon leicht verschmerzen könnte, wäre dies nun wirklich das Ende. Da sich genug voreilig verkündete Rücktrittsmeldungen im Nachhinein erübrigten, setzen wir an dieser Stelle mal ein Fragezeichen und sehen zu, ob der Bruch innerhalb der Truppe tatsächlich von Dauer ist. Schade, aber Puppen können definitiv mehr am Mic.
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