Sonntag, 13. Juni 2010

Die Firma - Das Sechste Kapitel




Es zeugt von außergewöhnlicher Reife und Abgeklärtheit, wenn man in der heutigen, absatzschwachen Zeit mit dem produktionstechnisch wie auch finanziell zehrenden Konzept auftritt, sein Album von vorne bis hinten mit Hilfe eines ganzen Orchesters einzuspielen. Auf der anderen Seite verwundert es wiederum kaum, wenn alte Hasen wie die Firma es im deutschen Rap sind, mit Album Nummer Sechs keine Lust mehr hatten, Altes zu wiederholen und neue Wege zu gehen. Und wieso eigentlich kein Orchester, bewiesen doch etwa die australischen MCs aus den Hilltop Hoods, wie gut Rap mit großen Ensamble funktionieren kann.

Ein Konzept, welches auch im Falle der Firma vortrefflich funktioniert und mit „Stille“ einen ungewohnt ruhigen, aber durchdringenden Track vorausschickt, der den Hörer fokussieren soll. Schließlich soll man den ganzen Aufwand, der dahinter steckt, schlussendlich doch bitte auch würdig genießen. Dies geht besonders gut, wenn auf den gerne kritisierten ernsten Ton verzichtet wird und sich an den schönen Dingen im Leben erfreut („Jetzt“, „Sonnenbrille“). „Realität“ sprießt vor Energie geradezu aus dem Boden und steckt den Hörer an.

Neben dem sehr gut in Szene gesetzten Orchester ist es vor allem wieder einmal Tatwaffe, der mit seinen Texten immer noch genügend Ansprüche stellt und bei der üblichen Gesprächsrunde über gute bis sehr gute Reimekünstler gerne unterschlagen wird. Doch auch Def Benski übt sein Amt alles andere als schlecht aus, weshalb Die Firma in vorliegender Form, etwa auf „First Class“ und „Elefant“, ähnlich mitreißend ins Ohr geht, wie Peter Fox gut zwei Jahre zuvor.

Das eigentliche Juwel und Highlight der Platte befindet sich dann aber erst ganz hinten in der Liste: „Schlaf“. Selten zuvor wurde das Thema Tod im deutschen Hip Hop derart gekonnt in musikalischen Formen gebracht. Da vergisst man selbst das direkt zuvor gehörte Feature von Mindens Finest Curse, der auf „Ich Brauch Keinen“ einen kleinen Gastauftritt zum Besten gibt. Dabei belässt man es dann in der Firma jedoch bereits und besinnt sich auf die eigenen Stärken, ein Trio samt orchestraler Begleitung ist schließlich bereits genügend Beteiligung.

Wieso „Das Sechste Kapitel“ dennoch nicht vollends durch die Decke geht, ist der zwar vorhandene rote Faden, der einen totalen Ausfall erfolgreich verhinderte. Die wirklich herausragenden Stücke sind im Laufe der neunzehn Stücke dennoch etwas zu rar gesät. Dennoch alles andere als ein Flop und aufgrund des erfrischend anderen Konzepts für den ein oder anderen Durchlauf gut.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

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