Dienstag, 17. April 2012

Lonyen - Unter die Haut (Review)




„Unter die Haut“ – der Name ist Programm bei Oliver Lonyen, seines Zeichens hauptberuflich als Tätowierer tätig und dort einer der Besten seines Fachs, der schon so manchen bekannten Deutschrap-Künstler unter seiner Nadel hatte. Aus Trier kommend, begann der musikalische Werdegang zunächst als Drummer im Bereich des Metal und Hardcores, ehe er sich vor drei Jahren dazu entschloss, es mit Rap zu versuchen. Nicht viel Zeit, um aus einem Drummer einen Rapper zu machen, doch Freundschaften zu allerlei Prominenz sei Dank, war es möglich, in dieser Zeitspanne ein vollwertiges Album zu schustern, welches jüngst mit seinen sechzehn Tracks an den Start ging, um für ein wenig Furore zu sorgen.

Dieses Vorhaben ist, das lässt sich mit Sicherheit sagen, geglückt. Denn wie oft kommt es vor, dass auf einem Debüt Namen auftauchen wie Manuellsen, Silla, Megaloh, MoTrip oder Sido, die gemeinsam mit dem Debütant auf Hochglanzproduktionen von Phrequincy, RAF Camora, The Royals oder Sti vollen Einsatz zeigen? Nun sind eine hochkarätige Gästeliste und namhafte Produzenten noch kein Garant für ein durchschlagendes Hörerlebnis, der Aufmerksamkeit kann sich der gute Lonyen, der von den 16 Stücken lediglich 6 (Intro und Outro mal mitgezählt) im Alleingang bestreitet, jedoch sicher sein. Womit wir bereits beim ersten großen Problem von „Unter die Haut“ angelangt werden. Lonyen verfügt über ein eindringliches Organ, stellt sich nicht dumm an, wenn es ums Reimen geht und dennoch geht er auf seinem Debüt sang und klanglos unter, wenn er neben gestandenen Größen die Nebenrolle antreten muss. Und ist er doch mal alleine unterwegs und kann überzeugen, wie auf „Hoe“, dann wird man das Gefühl nicht los, dass dies vielmehr am Phrequincy-Beat liegt, als an Lonyen selbst.

Damit wir uns nicht falsch verstehen; „Unter die Haut“ steckt voller guter Songs (wenn auch thematisch wenig anspruchsvoll), einige davon sind sogar sehr gut (alleine Megaloh auf „Regen“ zu hören, ist Genuss), doch geht der eigentliche Protagonist immer etwas unter. Wenn Sido auf „Hol die Nadel raus“ von Lonyens Stichkünsten schwärmt, dann ist das beste Promo fürs Tattoostudio, trägt aber kaum dazu bei, dass man Lonyen als Rapper wahrnimmt. Was Lonyen fehlt, ist nicht fehlendes Talent, Arbeitsmoral oder der Wille, wohl aber einfach Mut. Der Mut, es allein zu versuchen, ohne die großen Namen als ‘Versicherung’. Dann beginnt der Hörer in ihm den durchaus annehmbaren Solokünstler zu sehen, der er, davon gehen wir einfach mal aus, auch sein will. Fazit: viele gute Songs, wenig vom Künstler selbst – „Unter die Haut“ bringt Lonyens Namen ins Spiel, dort muss er sich aber spätestens mit seinem nächsten Album beweisen.




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Diese Rezension ist ebenfalls zu finden auf der Online-Präsenz der Backspin.

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