Montag, 22. Juni 2009

Nazar - Paradox



Die SPÖ, das österreichische Pendant zur SPD, wollte durch eine Umfrage in diversen Jugendzentren des Landes ermitteln, mit welcher Musik sich die Jugendlichen Österreichs am Meisten identifizieren können. Ein Name, der dabei sehr oft gefallen ist, ist Nazar, der am 26. Juni sein zweites Album „Paradox“ veröffentlicht und mit namhaften Gästen wie Jonesmann oder Godsilla auch in Deutschland Gehör finden möchte. Bühne frei für die Person, um die in Österreich ein regelrechter Hype herrscht, Bühne frei für Nazar.

Dass man es als Österreicher in Rap-Deutschland durchaus zu etwas bringen kann, machten bereits einige seiner Kollegen mehr oder weniger erfolgreich vor, etwa Chakuza und Raf Camora, die auf „Paradox“ auch beide als Gäste, letztgenannter auch als Produzent, auftauchen. Und auch Nazar konnte mit seinem Debütalbum „Kinder Des Himmels“ bereits erste Erfolge in Deutschland feiern, so schaffte es die gleichnamige Single bis auf Platz 3 bei MTV TRL. Leicht hatte oder vielmehr hat es Nazar dennoch nicht, muss er sich doch ständig Vergleiche mit einem gewissen Bushido gefallen lassen.

Stimmen, die ihn als österreichischen Abklatsch von Bushido betiteln, werden allerdings wohl auch mit Paradox“ nicht verstummen, da es auf den ersten Blick hin immer noch genug Überschneidungen mit dem Berliner Star-Rapper gibt, etwa Gastbeiträge von Chakuza, Saad und Raf Camora und einen Beatlefield-Beat und auch das optische Auftreten teils Ähnlichkeiten aufweist. So viel dazu, kommen wir nun zu Dingen, die Nazar als eigenständigen Künstler ausmachen, etwa seine deutlich flüssigere Art Texte ins Mikrofon zu spucken, wodurch unterstrichen wird, dass er eine gute Portion Können mitbringt. Wer also stumpf zusammengesetzte Reime erwartet, der wird positiv überrascht sein von Nazars Art zu rappen und wenn er dann auf einem ungewohnt druckvollen Beatlefield-Brett die Frage stellt „Wer Bist Du“, dann möchte man sich schon fast für die anfängliche Skepsis bei ihm entschuldigen.

Auch die anderen Produktionen, für die unter anderem Beatzarre, Raf Camora und Nazar selbst hinter den Reglern standen, sind oberste Güteklasse und lassen sich zwar oberflächlich betrachtet als Synthie-Beats betrachten, diese kommen jedoch derart melodiös daher, dass man kein bisschen Langeweile über die gesamte Spieldauer hinweg verspürt. Im Gegenteil, wenn für das Jonesmann-Feature „Falsche Werte“ die akustische Gitarre ausgepackt wird und nur mit einem sanft erklingenden Piano begleitet wird und auch Nazar einen Gang zurückschaltet, dann ist man voll und ganz vom hier dargebotenen Sound überzeugt. Doch auch Nazar selbst gefällt mit seinem aus Representern („Wer Bist Du“, „Ultimate Warrior“), und nachdenklichen Stücken („Ein Moment“, „Falsche Werte“) bestehenden Repertoire und bietet über die 16 Tracks hinweg genügend Abwechslung. Hinzu kommen passende Features, wobei vor allem Godsilla auf „Silla Mit Dem Killa“ hervorsticht und die Vorfreude auf ein neues Godsilla-Album weiter anheizt.

Perfekt ist natürlich auch „Paradox“ nicht, ebenso wenig ist jeder Track ein Hit vor dem Herrn. Als Beispiel hierfür dient „Nazarfakker“, das schon durch den merkwürdigen Titel negativ auffällt und auch mit seinem wenig innovativen Standard-Synthie-Beat nicht wirklich zu glänzen vermag. Dass es noch schlimmer geht beweisen Nazar und Saad auf „Was Ist Rap“, bei dem auf einem seltsam elektronisch anmutenden und stellenweise an Swizz Beatz erinnernden Beat von Mike Knight, der zuvor noch das grandiose „Falsche Werte“ inszenierte, gerappt wird.

Solche Aussetzer werden jedoch verziehen und können den sonst angenehm guten Gesamteindruck von „Paradox“ nicht wesentlich schmälern. Ob man das Album in kürze auch in den Charts finden wird ist zwar ungewiss, das von Nazar gesetzte Ziel mit seinem Sound als eigenständiger Künstler gefeiert zu werden, ob mit oder ohne goldene Platte an der Wand, hat er aber, bei mir zumindest, erreicht. Respekt dafür.
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Artikel wurde von mir geschrieben und auf Resurrection of Rap UND RapSpot veröffentlicht.

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