Donnerstag, 3. Dezember 2009

Rohdiamanten - Schlechter Als Erwartet




Das wäre dann auch mal wieder so ein Titel, der mich auf Anhieb anspricht. Wer sein Album so nennt, der redet sicher nicht um den heißen Brei herum und pflegt die offene und ehrliche Art. Dann das Cover, das mal eben mir nichts dir nichts eine tote Ratte, Strandstühle, Flip-Flops, Becks-Flaschen, Angeln aus einem Gully und Badeshorts auf ein Bild bringt. Ich lehn mich da gerne etwas aus dem Fenster und tituliere das als innovativ. Und dann sind die beiden Herren, GranTill und Nynjoe, in den Strandstühlen auch noch keine gänzlich unbekannten Kerle mehr, konnten bereits ihr Debüt „All You Can Eat“ veröffentlichen und bei „Feuer über Deutschland II“ mitwirken. Da hört man als Rezensent doch gerne mal rein.

Alles beginnt mit einem jazzig angehauchten Opener mit schönem Groove, dem die inoffizielle Hymne der Rohdiamanten, „R.O.H. Muzik“ folgt. Zeit ist Geld, also nix wie weiter zum ersten Feature, das in Form vom Retrogott auf „Ich mach das für dich“ überzeugt und eine schickes Instrumental veredelt, das auf die Kappe von Ted Arm geht. Ordentlich swingt auch das auf Party getrimmte „Schnaps und dicke Mädchen“ mit Willi, das humorvoll aus den Boxen dringt. Zur Halbzeit der Spielzeit kann also ein durchaus ansprechender Eindruck vermittelt werden, der Lust auf die zweite Hälfte macht.

Diese beinhaltet das kritische Töne anschlagende „Politics“, bei dem Pianoklänge den Ton angeben und „Roadtrip“. Dahinter verbirgt sich ein Track, der für großartige Unterhaltung sorgt. Lyrisch wird hier quasi die nächste Klassenfahrt nach Holland vertont. Als Freund des Landes von Käse, Holzschuhen und Tomaten aus Gewächshäusern springt bei mir der Funke auf Anhieb über und Holländisch als Sprache ist einmal mehr der Hit, besonders wenn dabei munter die akustische Gitarre mitspielt. Fehlt noch das schöne „Fühlen das ich leb“ mit dem Organ von Eylem, das sich hören lassen kann und der große Feature-Track „Applaus Für Scheisse“. Hier geben sich neben den Rohdiamanten noch Ercandize, Sinuhe, Inzoe und Daez die Klinke in die Hand – also darf ruhig applaudiert werden.

Und schon hat man einen recht übersichtlichen Überblick von „Schlechter als Erwartet“. Die ganze Veranstaltung hat etwas von der Anti-Attitüde anderer Kollegen, so mit Mittelfinger in dein Gesicht und so. Aber ohne dieses zwanghaft provozierende Getue an den Tag zu legen, das mir persönlich gar nicht zusagt. Eine gute Mischung, die sich hier auf 15 Tracks ausgebreitet hat und das Album zum Tipp für Freunde Deutschraps macht, die diesen nicht ausschließlich aus den Berliner Problembezirken kennen. Dem Titel zum Trotz also besser als erwartet.

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