Dienstag, 1. Dezember 2009

Tech N9ne - K.O.D.




Personen wie Aaron Yates aka Tech N9ne nennt man allgemeinhin wohl Arbeitstiere. In Zeiten, wo so mancher Künstler gerne mal eine Veröffentlichung hinauszögert oder ein und das selbe Album mit einer Hand voll neuen Tracks neu aufwärmt, haut der Mann kontinuierlich einen Langspieler nach dem nächsten raus. Nach „Killer“ aus dem Jahre 2008 und der Kollabo-Sammlung „Sickology 101“ folgt mit „K.O.D.“ bereits das dritte Album innerhalb weniger als zwei Jahren. Doch was wird dem Hörer dabei eigentlich untergejubelt? Billiger Ramsch, der in Akkordarbeit aufgenommen und raus geschleudert wird um das schnelle Geld zu kassieren? Nun, diese Frage lässt sich einzig und allein nach ausgiebigem Hören des neuen Werkes mit Gewissheit beantworten.

Zunächst gilt jedoch schon einmal festzuhalten, dass das Artwork von „K.O.D.“ mit das Geilste ist, was mir dieses Jahr so in die Hände geraten ist. Liebevoll herausgearbeitete Krähen auf dem Cover, Spuren von Blut auf der Rückseite und natürlich auch das Innenleben der CD, welches das Thema „Dunkelheit“ geradezu ideologisch umsetzt. Bedrohlich geröteter Himmel, kahle Bäume und ganze Schwärme von pechschwarzen Raben – Alfred Hitchcock hätte seine wahre Freude daran gehabt. Wenn die Musik nur im Ansatz mit so viel Leidenschaft umgesetzt wurde, dann darf man zu Recht große Taten erwarten.

Und auch die Tracklist macht alles andere als einen schlechten Eindruck. Da zählt man insgesamt 23 Anspielpunkte, verteilt auf drei ‚Kapitel‘: Anger, Madness und The Hole. Auf diesen kommen neben dem Technikvirtuosen selbst auch seine Handlanger vom Strange Music Camp zu Wort, namentlich Krizz Kaliko, Kutt Calhoun, Skatterman, Big Scoob und Brotha Lynch Hung. Doch damit nicht genug, lud sich der King of Darkness noch Verstärkung aus Memphis (Three Six Mafia) bzw. New York (Bumpy Knuckles) ein.

Soweit die Fakten, nun geht es los mit den ersten 8 Stationen, die unter der Überschrift „Anger“ stehen: Die Show eröffnet das stimmungsvolle „Show Me A God“, ein verheißungsvoller Beginn, der Tech N9ne in bestechender Form zeigt. Was folgt ist eine musikalische Großtat nach der Nächsten. Das fesselnde „Demons“ mit Three Six Mafia, das düstere „Blackened The Sun“ samt klasse Vocals von Krizz Kaliko, ein treibendes „Check Yo Temperature“ mit einer hungrigen Sundae und das doch überraschende Feature von Freddie Foxxx aka Bumpy Knuckles auf „B. Boy“. Ganz starkes Drittel.

Es folgt der als „Madness“ betitelte Mittelteil, der im Vergleich zu Vorhergegangenem etwas das Tempo in den Instrumentals rausnimmt, nicht jedoch den ungebrochenen Reimfluss des Meisters bremst. Dieser bearbeitet vom lethargischen Bassbeat eines „In The Trunk“ (checkt die wunderbaren Streicher!) über das lustige, technisch eindrucksvolle „Pinocchiho“ bis hin zum monoton vor sich hin gehendem „It Was An Accident“ mit Alan Wayne schlicht alles was ihm in die Quere kommt. Erstaunlich dabei die lyrische Präsenz, die Tech N9ne ausstrahlt, wenn er beispielsweise auf letztgenanntem Stück links ausschert und auf der Überholspur ordentlich aus Gaspedal drückt – das sind die Momente, die ihn in Kanas City zu einer lebenden Legende werden ließen.

Fehlt nur noch das letzte Drittel „The Hole“. Auf diesem wird auch mal etwas ausprobiert, so auf „Low“. Nicht etwa der rockige Touch der Hook ist hier gemeint, sondern erneut der Interpret selbst. Dieser spielt mit seiner Stimme und variiert Stimmlage und Geschwindigkeit mit einer Leichtigkeit, die man glatt als Meisterleistung titulieren möchte. Schön auch, dass mit „Leave Me Alone“ beattechnisch was versucht wurde, wenngleich die Hook durchaus gewöhnungsbedürftig ins Ohr geht. Zum Ende hin gibt es dann noch den Titeltrack „K.O.D.“, der großartig die Atmosphäre des Albums in einem Track einfängt und last but not least „The Martini“ bei dem Krizz Kaliko einmal mehr seine Qualitäten als Sänger unter Beweis stellt, während Tech N9ne den Geschichtenerzähler gibt. Ein mehr als niveauvolles Ende, das das Album schön ausklingen lässt.

Um also auf eingangs gestellte Frage zurück zu kommen: „K.O.D.“ ist alles andere als ein Ramschkauf und Tech N9ne bietet seiner treuen Hörerschaft ein vollgepacktes, qualitativ äußerst ansprechendes Release, das für den Moment kaum Wünsche offen lässt. Folgerichtig gibt es von mir eine klare Empfehlung. Tolles Teil.
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Review ebenfalls erschienen auf RapSpot.de

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