Samstag, 8. Dezember 2012

Architekt - Wie Ich Bin (TaifunBeatsRemix)

Ein weiterer Grund, weshalb sich der Download der "Resurrection of Rap"-EP lohnt:

Freitag, 7. Dezember 2012

Roc Marciano - Reloaded (Review)



Roc Marciano, das ist für viele der Inbegriff eines modernen Geistes, der den Charme der guten alten Zeit in seinen Liedern in die Gehörgänge zurückbringt, die bisweilen bekanntlich arg grenzwertiges ertragen müssen. Bereits mit seinem Debüt „Marcberg“ aus dem Jahre 2010 gelang ihm ein veritabler Klassiker der Neuzeit und nun folgt mit „Reloaded“ Nachschub in Form von 15 Stücken, die sich, entgegen jedweder Erwartungshaltung, wohlwollend einfach und bodenständig auszeichnen. Tatsächlich hat Marciano selbst wieder den Großteil der Songs selbst produziert und nur eine Handvoll fremde Hände an seine Schätzchen gelassen (u. a. The Alchemist und Q-Tip), so dass der Grundton des Albums erneut dreckig bis düster auf den Hörer übergeht. Und auch wenn es an der Machart der Produktionen selbst keine direkten Fehltritte oder gar Ausreißer zu bemängeln gibt, so kann man doch festhalten, dass alles in einem sehr überschaubaren, schlichten Rahmen gehalten wird. Welcher wiederum einerseits den Hörer entlastet, da dieser sich auf keine nennenswerten Überraschungen einstellen muss. Andererseits aber auch etwas Langeweile offenbart, der ein wenig mehr Details im Grundgerüst der Songs sicher nicht geschadet hätte.
Ohnehin ist es beim einstigen Flipmode Squad-Member seit jeher die Stimme, die den Ton angibt und dieses unglaublich Gelassene in Rocs Art, mit Worten um sich zu werfen. Hier fängt er die Zuhörer förmlich ein und lässt sie teilhaben am rauen Dasein in den Straßen New Yorks und erlaubt so ein äußerst intensives Hörerlebnis, das, beginnend beim geschmackvollen „Tek To A Mek”, erst mit dem abschließenden „The Man“ ein Ende findet. Sich hier einen Höhepunkt zu picken, scheint schwer. Als aussichtsreicher Anwärter wäre da wohl „Death Parade“ zu nennen. Atmosphärisch dicht gehalten und on point, verkörpert es wohl all das, was wir an Rap allgemeinhin so lieben. Für jüngere Köpfe mag dies bisweilen öde und unaufgeregt klingen, gereifte Gestalten werden es jedoch lieben. Und einzig das bis heute unglaublich runde  „Marcberg“ verhindert eine makellose Bewertung eines Albums, das zumindest das Potential hat, es diesem gleich zu tun.

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Beneficence - Concrete Soul (Review)



Beneficence ist einer jener Künstler, die man seinen Freunden vorspielt und die daraufhin wissen möchten, wer dieser Jemand sei. Man verweist auf „Concrete Soul“, das dieser Tage erschien und klärt auf, dass es sich bei diesem Herrn nicht um einen neuen Jungspund am Rapper-Himmel handelt, sondern um einen waschechten Veteran der Rap-Szene, der von Newark, New Jersey, seit nunmehr bald 20 Jahren aktiv ist. Bereits für sein letztes Album arbeitete er mit Namen wie Diamond D, Roc Marciano und Prince Po zusammen und weitet seine Gästeliste für den fünften Langspieler noch einmal gehörig aus. Masta Ace, A.G., Billy Danze, Chubb Rock und Grap Luva sind nur einige der vielen Features, die aus „Concrete Soul“ ein buntes, abwechslungsreiches Album machen, das erfreulich wenig respektive gar nichts mit modernen Stereotypen anfangen kann und sich auf alte Stärken beruft. Schließlich gibt es kaum wichtigere Zutaten, als Snare, Bass und Drums, um das Köpfchen zum Nicken und das Herz zum freudigen Hüpfen zu animieren. Tatkräftig unterstützt wird er dabei auch auf produktionstechnischer Seite, unter anderem durch den Hamburger 12 Finger Dan, der neben Produktionen auch für eine Vielzahl an Cuts zuständig war.
So ist es auch jenem 12 Finger Dan zu verdanken, dass Beneficence mit „Y.W.E.“ gleich einen grandiosen Einstand hinlegt, wenn gemeinsam mit Lord Tariq den wunderbar gesetzten Cuts gefrönt wird. Gelungen auch die chilligen Stücke „H.E.Y.!“ und „Cold Train“, die eindrucksvoll Bens Qualitäten als Geschichtenerzähler offen legen. Wer es dagegen herzhafter mag, der freunde sich mit dem ruffen „Art Of War“ inklusive M.O.P.-Member Billy Danze an. Dennoch kommen zu keinem Zeitpunkt Zweifel auf, dass es hier primär um die ruhigen, melodiösen Momente von Rap geht. Ergo ist es auch schlicht schön, Ben und Masta Ace auf „Reality vs. Fiction“ beim Spitten zu lauschen. So richtig schlecht ist auf „Concrete Soul“ eigentlich nichts, alles wirkt stimmig zu einem großen Ganzen zusammengesetzt. Und das markante Höhepunkte zu Gunsten höherem Wiederhörwerts rarer gesät wurden, kann man bei bestem Willen keinem verdenken. Stimmig.

Der Plusmacher - BWL (Review)



Darf ich vorstellen: der Plusmacher, seines Zeichens Rapper aus Berlin und mit „BWL“, stehend für Bordsteinwirtschaftslehre, erscheint am 28. November das erste Album des bis hierhin noch unbekannten Künstlers. Siebzehn Stücke umfassend, soll es den Weg eben für eine fortlaufende Karriere als Wortakrobat. Dumm nur, dass bereits nach kurzem Hineinhören deutlich wird, dass es der gute Mann schwer haben wird, im dichtbesiedelten Musikbusiness seinen Platz zu finden. Nicht gänzlich untalentiert, rappt er sich von Track zu Track und sucht seine Rolle als MC eifrig, doch unterm Strich, so hart es auch klingen mag, vergeblich. Vom Inhalt her zu ruff für Studentenrap, stimmlich zu soft für die Straße, fällt es schwer, das Gehörte mit Worten zu umschreiben. Gerne würde man dem Plusmacher seine immer wieder erzählten Ticker-Storys abkaufen und sie feiern, jedoch transportiert dieser zu keinem Zeitpunkt die nötige Glaubwürdigkeit, um dies möglich zu machen. Vielmehr noch hapert es auch hinsichtlich der Vortragsweise, die große Höhepunkte, hervorgerufen durch gelungenen Wortwitz oder derlei, kaum zulässt.
So sitzt man als unvoreingenommener Hörer vor diesem Album und nimmt allenfalls die bisweilen gelungenen, immer sehr traditionsbewussten Instrumentale wahr und eine Stimme, die – fast schon aus dem Off – das Ganze untermalt. Worum es geht, was das alles soll oder weshalb man weiterhören sollte, wird nicht klar. Vielleicht würde dies bei genauerem Hinhören deutlich werden, da sich keine triftigen Gründe für ein wirklich detailliertes Auseinandersetzen mit dem Gehörten auftun, steht man ratlos da. Die vielleicht aufregendste Nummer ist der Titeltrack, eine Hommage an Bushidos „VBBZS“. Doch genug genörgelt und kritisiert. Der Plusmacher besitzt durchaus Talent fürs Rappen, ist in der Lage, seine Lines ohne Meckern vorzutragen und setzt beattechnisch tendenziell schon einmal auf eine ordentliche Gangart, weg vom Plastikrap der Popwelt. Was fehlt, ist eine klar erkennbare, inhaltliche Linie, noch etwas mehr Zwingendes im Auftreten und ein klein wenig mehr Detailverliebtheit bei den Beats.

Samstag, 1. Dezember 2012

Montag, 26. November 2012

Wu-Tang Clan & D-Block - Wu Block (Review)


Der Wu-Tang Clan trifft auf den D-Block und die Anspannung steigt. Werden die freudigen Erwartungen mit hinreißendem, geradlinigem Rap belohnt, wie man ihn angesichts musikalischer Auswüchse a la Techno-Rap lange nicht mehr serviert bekam? Nun, wenn zwei von N.Y.s ehrwürdigsten Gruppen aufeinander treffen, scheint diese Vorstellung zumindest nicht ganz abwegig. Klar ist bereits im Vorfeld, dass bei einem solchen Projekt nicht jeder in selben Maße präsent sein kann und so sind es vor allem Ghostface Killah auf der einen und Sheek Louch auf der anderen Seite, die dem Album ihren Stempel aufdrücken und keine Gelegenheit auslassen, ein paar Zeilen in die Booth zu hauen.

Bereits der Beginn ist ein kleines Schmankerl, wenn auf dem trocken produzierten "Crack Spot Stories" Zuhören dank Ghostface, Rae, Jada und Sheek zur Pflicht wird und nur wenig später auch Method Man auf dem düster gehaltenen "Pull Tha Cars Out" ins Geschehen mit eingreift. Womit man auch gleich zum wohl größten Plus von "Wu Block" kommt, der Atmosphäre. Sei es ein "Guns For Life", ein bedrohlich arrangiertes "Comin For Ya Head" oder auch einfach nur ein komplett laid back gehaltenes "Drivin Round" mit der bezaubernden Erykah Badu und einem gewohnt konsequenten GZA - stets ist der Moment wunderbar eingefangen und das Hörerlebnis geradezu greifbar. Eine klasse Leistung, da konnten in der jüngeren Vergangenheit nicht viele Veröffentlichungen mithalten.

Natürlich erfindet die Symbiose aus W und D das Rad nicht neu. Thematisch wandern beide Parteien auf den sicheren Pfaden des Street-Raps, sprich eine Hand voll Coka hier, die ein oder andere Lady dort und das übergroße Ego, wie man es von Rappern klassischerem Schlages erwartet. So fühlt sich "Wu Block" weniger modern an, als es ist und setzt ganz gewollt zurück in eine andere Zeit. Wir sprechen hier nicht zwingend  von den frühen Neunzigern, wohl aber die frühen 2000er, die angesichts heutiger Zustände bereits unglaublich weit weg zu sein scheinen. Das hier ist kein Rap, der sich des House bedienen muss. Das hier sind keine Rapper, die Masken als Gimmick nutzen, um auf sich aufmerksam zu machen. Das hier ist geradliniger, simpler und konsequent umgesetzter Straßenrap aus den Straßen New Yorks, trocken wie ein Martini und immer wieder belebend wie ein Spaziergang durch den Central Park. Herrlich.

Sonntag, 25. November 2012

Danger - Classic N.Y. Hip Hop Anthems (Review)


Sampler rufen fast immer zunächst unschöne Gedanken an fragwürdige Bravo Black Hits hervor, nur selten denkt man dabei an gelungene Zusammenstellungen wie vorliegendes Beispiel, das achtzehn Stücke klassischer New Yorker Machart zusammenführt. Besonders gut gefällt dabei, dass nicht ausschließlich auf die großen Namen gesetzt wurde, die ohnehin jedermann bereits kennt, sondern auch weniger bekannte Namen des großen Apfels ihre Tracks präsentieren dürfen. So finden sich neben Busta Rhymes, Gang Starr, Naughty By Nature oder dem Wu-Tang Clan auch Screwball, Blahzay Blahzay, The Artifacts oder Mad Skillz auf der CD. Zwar werden alteingesessene Hörer, wie das bei Samplern in aller Regel der Fall ist, den Großteil der Songs bereits ihr Eigen nennen und so keinen Kaufgrund erkennen können. Wer jedoch gerade erst dazu gestoßen ist, findet hier eine angenehm gelungene Auswahl an Eastcoast-Sounds, die damals wie heute zu überzeugen wissen.


Donnerstag, 22. November 2012

Pitbull - Global Warming (Review)



Pitbull hat es geschafft. Vom Spanisch rappenden Gimmick, hat er sich dank Dauerpräsenz auf so ziemlich jedem Pop-Album zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten Künstler der Jetzt-Zeit gemausert. Eine Entwicklung, die Spuren hinterlassen hat und neben vielen Vorteilen für den Künstler auch so Nachteile mit sich brachte. Nahm man Pitbull zunächst noch als mehr oder weniger ernstzunehmenden Künstler wahr, ist er heute kaum mehr als eine Marionette des Pop-Marktes, die jeden Trend mitnimmt, jährlich Alben raus haut und dabei immer weniger Rap im eigentlichen Sinne verkörpert. Dies gipfelt nun in „Global Warming“ – zwölf Stücke kurz (16 auf der Deluxe Edition), zeigt es, wie es um den einstigen Rapper heute steht. Gerade einmal zwei Tracks ohne Feature lassen darauf schließen, dass ihm schlicht die Inspiration und der Mut fehlen, es alleine anzugehen. Stattdessen gibt es Gastauftritte von Christina Aguilera, Chris Brown, Usher und Enrique Iglesias und ein buntes Allerlei von all dem, was derzeit trendig ist und sich gut vermarkten wie verkaufen lässt.
Alles beim Alten möchte man meinen und nimmt mit gedämpften Erwartungen nervige Hooks („Don’t Stop The Party“), dumpfe Features („Feel This Moment“ mit Xtina) und das verwursten bekannter Melodien zur Kenntnis. Tatsächlich ist das titelgebende Intro, eineinhalb Minuten kurz, mit seinem Macarena-Beat noch das beste Stück Musik auf dem Album. Ordentlich nach vorne gehend, macht es fast schon Lust auf sinnfreie, krachende Gute-Laune-Party. Leider legt es damit jedoch nur noch deutlicher offen, wie schlicht und öde die übrigen Stücke sind. Besonders vorhersehbar sind die biederen Pop-House-Hybriden „Party Ain’t Over“ und „Last Night“, die nüchtern betrachtete ein und derselbe Song sind, einmal mit männlichem (Usher) und einmal mit weiblichen Gast-Part. Getoppt wird dies nur noch vom hingeklatschten „Tchu Tchu Tcha“, wenn mit Iglesias auf der Michel Telo/Gustavo Lima-Welle geritten wird und dem komplett niveaulosen „Everybody Fucks“ mit Akon auf der Deluxe Edition. Fazit: eintönig, unecht und in jeder Hinsicht austauschbar.

Donnerstag, 1. November 2012

Homeboy Sandman - First Of A Living Breed (Review)



Wenn man als Rapper als Queens, New York, kommt, dann hat man es nicht leicht. Die Konkurrenz ist groß wie auch die Geschichte von Queens. Umso erstaunlicher ist es also, wenn es ein nach heutigen Maßstäben alter Recke schafft, aus der Masse an Untergrundhelden in die elitäre Liga der MCees aufzusteigen. Homeboy Sandman hat es geschafft. Einem größeren Publikum erst Mitte 2010 durch das Album „The Good Sun“ bekannt geworden, gelang im letzten Jahr der Sprung zu den renommierten Steinewerfern um Peanut Butter Wolf, über dessen Label jüngst „First Of A Living Breed“ erschien. Vierzehn Stücke stark, knüpft es dort an, wo Sandman zuletzt aufgehört hat und setzt dabei wieder auf alte Bekannte an den Reglern, die für ein zumeist illustres Hörerlebnis sorgen, bei dem Homeboys Stimme stets die Hauptrolle spielt. Wer sich nun die Frage stellt, weshalb es dem guten Mann noch nicht gelungen ist, in die ganz großen Fußstapfen zu treten, dem sei vorausgesagt, dass Sandmans Art zu reimen – oftmals sehr schnell – nur allzu oft für eine regelrechte Reizüberflutung sorgt, insbesondere dann, wenn auf einem nicht minder beanspruchendem Instrumental aus den Händen Oddisees gerappt wird („Watchu‘ Want From Me?“). Gerade zart besaitete Hörer, die eingängige Hooks und geradlinig vorgetragene Lines lieben, dürften hiermit überfordert sein.
Wer damit kein Problem hat, dem eröffnet sich erneut eine wunderbar verspielte Welt, voll mit sphärischen Klängen („Rain“), einem an die Jüngsten gerichteten Track mit Kreativ-Beat sondergleichen („For The Kids“) und Oh No, der für den Titeltrack wieder einmal einen seiner besseren Instrumentale zum Besten gibt, welches lediglich in der Hook regelrecht versaut wird. Überhaupt sind es allenfalls die Kleinigkeiten, die Punkte kosten. Wenn es auf „Sputnik“ zu verquer vorangeht, so dass sich Künstler wie Hörer im Konstrukt verliert oder auf „Eclipsed“ die Nerven ein wenig zu sehr strapaziert werden. Dass man ihm ein „Not Really“, auf dem er davon erzählt, dass sich nichts Wesentliches verändert hat, dennoch abkauft, liegt daran, dass eben dieser Eindruck dem Hörer erfolgreich vermittelt wird. Ganz in Ordnung.

Dienstag, 16. Oktober 2012

Xzibit - Napalm (Review)


Sicherlich, die großen Tage des Mr. X-To-The-Z sind vorbei, keiner erwartet mehr einen Überhit, geschweige denn ein Überalbum. Dennoch umgibt ein neues Xzibit-Album stets etwas Besonderes, das geradezu dazu zwingt, rein zu hören. Sein neuestes Werk, „Napalm“, bildet da keine Ausnahme und startet zumindest unerwartet gut mit einem böse stampfenden Instrumental, auf dem die markante Stimme des designierten Auto-Aufpimpers in gewohnter Manier marschiert und sich ihren Weg bahnt. Ebenfalls sehr positiv das persönlich gehaltene „1983“ inklusive Mama-Feature, sowie der halbwegs ambitionierte Versuch, mit „Meaning Of Life“ in die ernstere Ecke zu zielen.

Am Besten gefällt X dennoch noch immer auf klassischen Brettern, wenn Medizinmann Dre den Beat schraubt und King T mitsamt den Alkaholiks auf ein paar Verse vorbei schauen und das offensichtliche Highlight des Albums, „Louis XIII“ auf die Beine stellen. Oder die Großkollabo „Movies“, dessen Beat, von Akon geschustert, zunächst gewöhnungsbedürftig scheint, spätestens mit Xzibits Part, der sich aus einer Aneinanderreihung von Filmtiteln zusammensetzt, die sicheren Pluspunkte einheimst. Dann fühlt man sich zurückversetzt in die Zeit, als Xzibit noch mehr als Rapper denn als Schauspieler/Moderator/Unterhalter wahrgenommen wurde.

Leider wird man im Laufe der Spielzeit nur allzu oft daran erinnert, dass dies doch etwas weiter zurückliegt. Zwar weiß X noch immer, wie man Reime aneinanderreiht, doch hilft dies nur bedingt weiter, wenn über ein frei von Inspirationen entstandenen Klimper-Piano-Instrumental gereitet wird. Wenn mit „Stand Tall“ der Versuch unternommen wird, unter die Haut zu gehen und bereits im Ansatz scheitert. Wenn aus der Zusammenarbeit mit E-40 kaum mehr herauskommt, als ein leicht modifiziertes „Whoop That Trick“. Oder wenn sich der Titeltrack als ein biederes Spiel zwischen Rock und Rap entpuppt, das man so a) schon besser gesehen hat und b) keiner mehr so wirklich gebrauchen kann.

Erfreulicherweise endet das Album jedoch nicht, ohne noch zwei durchaus schöne Tracks raus zu hauen. Das gelungene „I Came To Kill“ mit dem dafür geradezu prädestinierten RBX und das darauf aufbauende „Killer’s Remorse“ mit B-Real, Bishop Lamont und Demrick. So darf der Name Xzibit weiterleben, als ein noch nicht vollends vergangener Künstler, der vielleicht nicht mehr den Hunger von einst in seinen Liedern verkörpert, für den ein oder anderen amtlichen Song aber noch immer zu haben ist.

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Massiv - Solange mein Herz schlägt (Review)


Massiv, das ist für viele noch immer der Inbegriff von Fremdscham. Gestartet mit grammatikalisch fragwürdigen Gangsterrap-Tracks, fanden nach und nach auch melancholische Stücke Einzug ins Repertoire des stämmigen Kerls und bildeten seither zumindest ein wenig Abwechslung vom lyrischen Leben eines Kriminellen. Mit „Solange mein Herz schlägt“ geht es nun in das komplette Gegenmaß. Fünfzehn Stücke und kaum eines bietet die Härte der Straße, vielmehr ist es nun bis ins Kitsch gehender Schmalz, der aus den Boxen tropft und das Album füllt. Ganz zu schweigen von den erneut zweifelhaften Aussagen Massivs. So finden sich bereits im Opener „Träume“ quasi alle Kritikpunkte wieder, die man nach dem kompletten Hörgang auf dem Zettel haben wird. Nicht nur wirkt es vom Start weg an auf Teufel komm raus auf Melancholie und Pathos getrimmt und greift sämtlichen Kitsch auf, der einem bezüglich in sich kehrender Rapper in den Sinn kommen. Zusätzlich kommen Zeilen wie „Ich hatte früher mal Träume, wär gerne Feuerwehrmann“, die nicht unter die Haut gehen, sondern ins Lächerliche gleiten. Doch es geht noch deutlich unpassender: „Höher als der Rest der Welt“ ist ein deplatziert wirkender Beat, auf welchem Massiv sich mal eben mit Ghandi, Mandela oder Martin Luther King vergleicht und dabei sämtlichen Bezug zur Realität verliert. Davon zeugt auch „Erinner dich“, welches Massivs Einfluss zum Thema hat und, fast schon erwartet, ein gutes Stück übers Ziel hinaus schießt.

Etwas besser wird es in der zweiten Hälfte. „Wir sind keine Engel“ besitzt durchaus großes Potential, wenn man nicht allzu genau zugehört (Zitat: „Gratis gibt’s hier nichts, weil der Sauerstoff bald ausgeht / Genießen kannst du nur, wenn du dein Körper auf dem Laub legst“). „Du nennst dich Bruder?“ erzählt einigermaßen glaubhaft von falschen Freundschaften und für „Hassan vs. Teufel“ wagt sich Massiv gar mal ans Storytelling, um nur ein paar Stücke später mit Beirut und Granit auf „Al Massiva Beutejagd“ zu gehen. Dann dröhnt für den Moment etwas Gangsterrap aus der Anlage, nicht innovativ, doch angesichts der Übermacht an Schnulzen durchaus abwechslungsreich. So werden einige Wogen geglättet, der Eindruck von „Solange mein Herz schlägt“ etwas gebessert. Umso unverständlicher die Entscheidung, mit „Setz deine Sonnenbrille auf Bro“ zu guter Letzt noch mal ein richtig peinliches Ding raus zu hauen („Zieh deine Cappie an und Chucks auch / dreh die Box auf / oh mein Gott, sehn wir gut aus“). Da ist es also wieder, dieses bekannte Gefühl – Fremdscham.

Trey Songz - Chapter V (Review)


Sich als R&B-Künstler einen Namen zu machen, das ist alles andere als einfach. Zu viele adäquate Stimmen gibt es hier wie dort, die inhaltlich den immer gleichen Stoff wiedergeben und dabei die zumeist eintönig-seichten Instrumentale berieseln. Trey Songz bildet hier keine 100%ige Ausnahme, zwar ist der Name durchaus geläufig, so ein richtig detailliertes Bild hat man aber nicht vor Augen, geschweige denn eine einprägsame Stimme mit hohem Wiedererkennungswert. Daran wird auch „Chapter V“ wenig ändern, das mittlerweile fünfte Soloalbum des Grammy-nominierten Sängers, welches kaum mehr bietet, als der gängige Einheitsbrei. Natürlich ist „Dive In“ ein durchaus brauchbares Stück Musik für die letzten schönen Tage im Jahr, das zugleich die Damenwelt anspricht, die vereinzelten Rap-Einlagen eines „Playin Hard“ gut gemeint und „2 Reasons“ mit T.I. ein tanzbarer, gut nach vorne gehender Track über die Ausgehgründe schlechthin; Frauen und Alkohol. Doch so wirklich neu, innovativ oder besonders ist dies alles nicht.

Demnach bleibt nach einem ersten Hörgang nicht so wirklich viel hängen. Das arg auf Single getrimmte „Heart Attack“, „Hail Mary“, wenngleich weniger aufgrund der Darbietungen selbst, als vielmehr da die Kombi aus Young Jeezy und Lil Wayne beeindruckt. Sowie das Gastspiel vom umtriebigen Rick Ross, den es auf „Don’t Be Scared“ auf ein interessantes Beatgerüst verschlägt. Und sonst? Eine Hand voll ordentliche Beats, die üblichen Nassmacher für die Damen,…man weiß Bescheid. Während sich Trey Songz also fragen muss, ob und was er noch Neues zu sagen habe, muss sich der Hörer indes wohl überlegen, weshalb er gerade diese Platte kaufen sollte und nicht eine x-beliebige andere Scheibe. Denn „Songs im Spannungsfeld zwischen R&B und Hip-Hop“, wie es im Pressetext heißt, gibt es zu genüge in der großen, weiten Musikwelt. Ist es da noch wunderlich, wenn einem während dieser achtzehn Stücke der Eindruck entsteht, Trey selbst wisse nicht so recht, was seine Musik besonders mache? Nicht falsch verstehen, „Chapter 5“ ist kein schlechtes Album. Aber zu simpel, um wirklich zu überzeugen. So brauch niemand auf ein weiteres Kapitel warten.

Freitag, 28. September 2012

Xavas - Gespaltene Persönlichkeit (Review)


Rap und Soul – zwei Musikrichtungen, die viel gemeinsam haben und dennoch in der allgemeinen Wahrnehmung häufig getrennt voneinander betrachtet werden. Daran konnten auch diverse Gastspiele von Sängern auf Rapalben bzw. Rap-Parts auf Soulalben nichts Wesentliches ändern. Und während mittlerweile so mancher Rapper meint, das Singen gar selbst in die Hand zu nehmen und damit nicht selten sein eigentliches Talent, nämlich das fürs Rappen, hervorhebt, hat sich Kool Savas lieber anderweitig weitergeholfen. Gemeinsam mit seinem langjährigen Freund Xavier Naidoo schloss er sich ein und bündelte die kreativen Gedanken zu einem fünfzehn Stücke umfassenden Album, welches nun unter dem Namen Xavas erschienen ist. Wer nun beide Charaktere für sich betrachtet, der weiß um Savas’ Ruf als nationaler King of Rap, wie auch Naidoos Fähigkeiten und außerordentliche Erfolge im sonst eher kargen Soul-Deutschand. Die hieraus entstehende Schlussfolgerung, „Gespaltene Persönlichkeit“ müsse ein wahres Meisterwerk der neuzeitlichen Musik werden, scheint also in der Theorie gar nicht so abwegig.

Auch in der Praxis fungiert das außergewöhnliche Duo nahezu perfekt und ergänzt sich zu einer wunderbar funktionierenden Erscheinung, die man so wohl bis dato noch nicht auf die Ohren bekam. Angefangen bei den melodischen, vielfältigen und mit vielen liebevollen Details versehenen Instrumentalen (u.a. von Melbeatz, Beathoavenz und Sleepwalker), über die wie immer großartig funktionierende Reim-Fabrik eines Kool Savas, der keine Sekunde auslässt, um sein breites Spektrum an Fähigkeiten voll auszuleben. Bis hin zu Xavier Naidoo, der den Casting-Jungs zeigt, wie sehr eine Stimme voller Soul auf einem eher auf Rap getrimmten Beat aufgehen kann. Womit man auch zum wohl wichtigsten Grund kommt, weshalb dieses Album eine Klasse für sich ist: es eint das Beste zweier Welten, zwei einflussreiche Künstler, die gemeinsam auf eine musikalische Reise gehen, auf der keiner von beiden zu kurz kommt oder gar ins Hintertreffen gerät. Hier ein Highlight zu finden, das scheint kaum möglich, angesichts der harmonischen, ausgewogenen Abmischung. Was also ist „Gespaltene Persönlichkeit“ denn nun? Ein Rap-Album für Soul-Freunde? Ein Soul-Album für Rap-Jünger? Weder noch, es ist die ausgereifteste und nur schwer zu übertreffende Zusammenarbeit von zwei Künstlern, die ihr Handwerk verstehen. Großartig.

Dienstag, 18. September 2012

257ers - HRNSHN (Review)


Über Geschmack lässt sich bekanntlich hervorragend streiten und wenn ein munterer Trupp wie die 257ers ihr Selfmade-Debüt „HRNSHN“ raus hauen, dann ist eine ordentliche Packung Meinungsverschiedenheit vorprogrammiert. Denn wer die Jungs aus Essen bereits verfolgte, der weiß, was er zu erwarten hat: ausartende Synthie-Beats, rasant vorgetragene, sinnfreie und komödienhafte Reime und dazu mit Jewlz eine Art Uncle Howie auf Deutsch. Abdrehn also, statt schwerwiegende Thementracks – ja, so einfach ist die Welt der 257ers gestrickt. Jede Menge Lines über die eigene Penisgröße, ein flacher Witz hier, eine kleine Beleidigung da und fertig ist das lyrische Spektrum der insgesamt achtzehn Anspielpunkte. Wirklich aufregend ist das Ganze nicht, zumal auch von instrumentaler Seite weniger auf eindringliche, kreative Elemente gesetzt wurde als vielmehr auf lautes, einfaches Haudrauf, das sich stellenweise auch mal dem gerade in den Mainstream vordringenden Dubstep bedient („Spinat“).

Weshalb man den 257ers dennoch eine Chance geben sollte? Zum einen wird selbst voreingenommenen Hörern schnell bewusst, dass Keule, Shneezin und Mike ihr Handwerk durchaus verstehen und selbst im rasanten Tempo nicht aus der Ruhe kommen. Zum anderen besitzen nahezu alle Tracks zwar eine recht simple bis nervende Hook, die hier und da jedoch etwas Charme versprüht und aufgrund der Einfachheit zum Mitgröhlen einlädt und auf Live-Auftritte abzuzielen scheint („Go Ninja!“, die DMX-Huldigung „Red nicht mit mir“). Ergänzt um zwei gute Favorite-Features (die einerseits aufzeigen, wie ´verwandt` Fav und die 257ers stilistisch sind, andererseits den Jungs noch aufzeigt, wie man das Gemachte noch besser machen kann), sowie eines von Alligatoah und zwei, drei wirklich interessante Songs, die auch hinsichtlich der Beats für etwas Abwechslung sorgen, gibt das in der Summe ein Album, für das der Hörer offen sein muss. Denn bei aller künstlerischen Freiheit, so wirklich effektvoll und abwechslungsreich ist das Ganze leider nicht, auf Dauer gar auch mal ein wenig ermüdend. Fans werde es dafür lieben, alle anderen sollten vor einem möglichen Kauf rein hören, um etwaige Enttäuschungen gleich im Vorfeld auszuschließen. Nicht für Jedermann geeignet und daher nur bedingt zu empfehlen.

Donnerstag, 13. September 2012

Exklusiv: Resurrection of Rap - The EP (DOWNLOAD)



Der letzte Post liegt lange zurück, doch das Warten hat sich gelohnt. Nach langer Planungsphase bin ich stolz, endlich die erste EP unseres kleinen, aber feinen Blogs präsentieren zu können. Für diese konnten persönliche Lieblinge wie die US-Amerikanerin Ensilence, das Produzentenduo JR & PH7, Architekt, Fage MC und Meni & Deve gewonnen werden. An dieser Stelle noch einmal ein großer Dank an alle Beteiligten.



Entstanden sind so zum Teil exklusive Stücke (Ensilence, Meni & Deve), Remixe (Architekt) und rare Sounddiamanten (Fage MC, JR & PH7). Ladet sie euch runter, gebt euer Feedback ab, teilt den Link und helft dabei mit, dass dies nicht die letzte Veröffentlichung dieser Art sein wird.

RESURRECTION OF RAP - THE EP (DOWNLOAD)

Tracklist:

01. Meni und Deve - Angst (Prod. by Dexter)
02. Architekt - Wie ich bin (TaifunBeatsRemix)
03. 64 StudiOz - Bottom To Top (ft. Fage MC & SX)
04. JR & PH7 - Time Well Spent (ft. Trek Life & Audio Live)
05. Ensilence- Perhaps Tomorrow (ft. Idasa Tariq) (Prod. by J Theory)

Freunde von Niemand - Willkommen im Niemandsland (Review)



Freunde von Niemand, das ist das derzeit vielleicht interessanteste Label des Deutschrap-Zirkus. Dabei zählt das Label bereits eine beachtliche Anzahl an treuen Anhängern, so dass man längst nicht mehr von niemandem reden kann. Tatsächlich ist es gar so, dass das noch vergleichsweise junge Label mit die besten Zukunftsaussichten hat, denn seit dem Bruch von Aggro Berlin und der einstigen Hochphase von Selfmade Records hat kein Label mehr ein ähnlich ansehnliches Künstlerprogramm auf die Beine gestellt. Vega als Führungsperson mit bestens bekannten Qualitäten, nicht minder talentierte Rapper wie Bosca und Bizzy Montana – da schien es nur ein Frage der Zeit, ehe der erste Sampler an den Start geht. Mit „Willkommen im Niemandsland“ packen nun alle an und liefern sechzehn Tracks, die einen schönen Überblick über den Stand der Dinge bei FvN erlauben.

Im Mittelpunkt stehen dabei weniger die Themen, als vielmehr die Künstler. Es ist beeindruckend, welche Eigenständigkeit ein Bosca auf „Feinde von Jedem“ oder Bizzy mit Vega und Timeless auf dem Titeltrack. Stylischtisch bewegt man sich dabei zumeist auf einem melancholischen Grundton, der nicht aufgesetzt wirkt, zu den Künstlern passt und diese letztlich zu Höchstleistungen motiviert (siehe „Foto an der Wand“). Ergänzt wird der eher düstere Charme durch energische Parts, die vor allem Timeless außerordentlich tief in das Gedächtnis des Hörers brennt („Meine Musik“). Einzig Johnny Pepp wirkt auf „3 Uhr Nachts“ etwas beliebig, liefert als Produzent jedoch, wie der gesamte Rest der Produzentenbelegschaft, erstklassige Instrumentale, die wesentlich zum überaus positiven Gesamteindruck beitragen. Ein wirklich gelungener Sampler, der sämtliche Stärken von Freunde von Niemand beleuchtet und Lust auf mehr macht.

Sonntag, 22. Juli 2012

Automatikk - Vermächtnis


Denkt man an Automatikk, so hat man auf Anhieb das von Klischees überhäufte Bild vom Testosteron-überladenen Proll vor Augen, der mit seinem Auftreten all jene Kriterien erfüllt, die die allgemeinen Medien gerne auf Rapper projizieren. Zugegeben, der Sound der beiden Nürnberger Jungs ist nicht jedermanns Geschmack, doch lässt sich nicht abstreiten, dass das Klangbild stets gleich geblieben ist und sich konsequent jedweden Trends widersetzt hat. So auch auf ihrem neuesten Werk „Vermächtnis“. Schon zu Beginn machen Stücke wie „Ratata“ und das gut arrangierte „Teufel“ mit wie immer gelungenem Savas-Features Spaß, ohne mit fragwürdigen Experimenten Hörer zu verschrecken. Im Gegenteil, mit den beiden Savas-Beiträgen gewinnt das Duo gar an Glaubwürdigkeit hinsichtlich ernstgemeinter Rap-Kunst und erweitert auf diese Art möglicherweise gar neue Hörerkreise, ohne vom altbekannten Rezept abzuweichen.

Zwar schleichen sich hier und da kleinere Makel ein, etwa die mäßige Hook des Titeltracks und auch befindet sich der ein oder andere in seiner Gesamtheit eher als belaglos zu bezeichnende Track an Bord („Papalapap“). Im großen Ganzen ist hier jedoch über weite Strecken ein wohl verdientes Lob angebracht. Und wer noch immer über die ausgelutschten Themen der Straße und seichter Gesellschaftskritik lächelt („Dorn im Auge“), der erfreut sich in jedem Falle an der durch und durch guten Produktionsarbeit, die hinter den siebzehn Stücken steckt und für zusätzliche Freude beim Hörer sorgt. Somit ist „Vermächtnis“ vielleicht noch immer kein Album für die Ewigkeit, aber ein angenehm hörbares Deutschrap-Album voll Straßenrap der besseren Sorte.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf BackSpin-Media.de

Dienstag, 17. Juli 2012

Summer Cem - Sucuk & Champagner (Review)


Es gibt nicht viele Rapper wie Summer Cem – vom Start weg durchaus dankend von Kritikern wie Hörern aufgenommen, mit arrogantem Stil ausgestattet und durch tatkräftige Unterstützung von Eko, gelang es Cem, sich schnell als veritabler Reime-Schubser zu etablieren. Und dennoch hat man immer wieder den Eindruck, dass genau jener in Unterhaltung um und über deutschen Sprechgesang vergessen wird. Dabei besitzt der gute Mann einen technisch ausgereiften Flow, der weit über dem Durchschnitt rangiert und der ihm auch auf seinem neuesten Werk, „Sucuk & Champagner“ als wichtigstes Werkzeug dient. Die Gründe für diese teils ungerechte Behandlung müssen demnach woanders liegen und eine gar nicht so abwegige Theorie könnte besagen, dass es an der thematischen Beschränktheit der Songs liegt. Denn so arrogant und passend Summer Cem auch die Reime raus haut, mehr als ordentlicher Straßenrap, der über Selbstbeweihräucherung und verbale Schellen spricht, kommt dabei selten heraus. Daran ändern auch diese 17 bzw. 20 (auf der Baba Edition) Stücke nichts.

Inhaltlich stets am kreativen Minimum agierend, entstanden so bouncige Club-Tracks wie „Kanakk“ und „Jungs im Club“ mit Nazar und RAF, technischer State Of The Art in Form von „Du Weisst Das“ mit Farid Bang oder fragwürdiger „Streifenwagensound“ mit Massiv. Allesamt keine schlechten Stücke, aber auch nicht unbedingt das, was man noch nicht auf seinem MP3-Player hat. „Wo ist dein Lächeln“ ist dann einer dieser ruhigen Stücke über menschliche Emotionen und bricht aus dem engen Themen-Korsett aus, überzeugt jedoch nur bedingt, da Summer Cem hier unpassend wirkt, ganz im Gegensatz zum tatsächlich recht guten „Herzrasen“. Ebenfalls etwas abwechslungsreicher „Unbesiegbar“ und „Aisha“, welches auf das seit Romeo und Julia bekannte Thema der verbotenen Liebe beruht. Erwähnenswert auch „Immer noch hier“, jedoch vornehmlich aufgrund des Gastparts von MoTrip, der hier einmal mehr in einer eigenen Liga spielt. Nicht weniger gelungen dann auch die Beats, die fast durchweg klar gehen und damit dem jüngsten Trend von klasse Instrumentalen und lediglich ordentlichem Auftritt der Interpreten folgen. Allerdings rechtfertigt dies die Anschaffung der Baba Edition, die neben drei zusätzlichen Stücken auch die Instrumentale enthält. Alles in allem ist „Sucuk & Champagner“ ein von handwerklicher Seite her komplettes Album, das inhaltlich jedoch alles andere als zwingend daher kommt. Ob es für die Jahresbestenliste reicht, bleibt abzuwarten.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf BackSpin-Media.de

Mittwoch, 27. Juni 2012

KC Rebell - Rebellismuss (Review)



Nachdem der einstige Kollege PA Sports erst kürzlich mit seinem zweiten Album an den Start ging, folgte nun auch KC Rebell mit Album Nummer zwei, welches auf den Namen „Rebellismuss“ hört, siebzehn Stücke umfasst und den Essener weiter nach vorne bringen soll. Daher hat man sich entschlossen, auf Features größtenteils zu verzichten und KC alleine auf die Reise zu schicken. Dieser zählt selbstverständlich nicht zu den größten Reim-Jongleuren unserer Zeit, dennoch kommt über die gesamte Spielzeit hinweg nicht der Eindruck auf, etwas Monotones in den Händen zu halten. Dies liegt jedoch vor allem an der weitestgehend sehr soliden Instrumentalisierung, die nicht selten alles ist, was beim Hörer hängen bleibt. Denn hinsichtlich Flow, Reimen und Themen gibt es wohl kein unschlagbares Argument, das für „Rebellismuss“ sprechen könnte. Zwischen etlichen, einfach gehaltenen Representer- und Straßentracks tummeln sich die üblichen Stücke über Liebe sowie aufmunternde Balsam-Songs.
Wirklich nennenswerte Stücke finden sich hier selten. „Ein ganz normaler Tag“ ist vom Konzept her zwar sehr interessant (wenngleich nicht neu), doch scheitert er an der mittlerweile typischen Darstellung vom harten Alltag im ‘Ghetto’. Glaubhafter ist da schon „Meine Geschichte“ und das bereits im Vorfeld als Video ausgekoppelte, ehrlich wirkende „Rosen“. Nett auch „Weisse Fee“, welches mit doppeltem Boden versehen wohl das kreativste Stück Musik auf diesem Album darstellt. Zunächst als üblicher Track über die Liebe handelnd aufgebaut, erkennt man früher oder später die Doppeldeutigkeiten, die nicht etwa einer Frau gewidmet sind, sondern dem weißen Pulver, das man so oft schon mit Mehl verwechselt hat und so schon so manchen Kaffeekranz gesprengt hat. Soweit so gut, doch wer braucht bitte 2012 noch ein ganzes Lied, das nur aus Seitenhieben an die Konkurrenz besteht, wie es KC auf „Ich bin krank“ handhabt? Nun wirklich niemand und schon gar nicht auf einem Album. „Rebellismuss“ ist ein gut durchhörbares Album, in der Summe jedoch berechenbar und damit zu uninteressant, um längerfristig bei der Hörerschaft im Gespräch bzw. Gehör zu bleiben.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf BackSpin-Media.de

Montag, 25. Juni 2012

Far East Movement - Dirty Bass (Review)


Kaum ein Weg führte anno 2010 an „Like A G6“ vorbei, das irgendwo zwischen Rap, Electro und Dance wilderte und inzwischen wohl am Ehesten mit den Herren von LMFAO verglichen werden kann. Doch statt dickem Afro, gibt es beim Far East Movement mehr asiatische Einflüsse, zumindest hinsichtlich der Zusammensetzung des Quartetts. Denn aus musikalischer Sicht ist der auf ihrem mittlerweile vierten Studioalbum präsentierte Sound nach wie vor ein buntes Durcheinander, das vor allem für gute Laune sorgen und dabei für ein Lebensgefühl sprechen soll, dass die Jungs „Free Wired“ bezeichnen. Nun ist vorliegendes Album in seiner Machart durchaus berechen- wie vorhersehbar, gibt der Albumtitel die Marschrichtung doch bereits vor: „Dirty Bass“. Folglich gibt es auf den sechzehn Stücken vor allem eines reichlich – dicken Bass. Weshalb die Verwendung in Clubs wie auch im Auto vorbestimmt scheint.
Nüchtern betrachtet setzt sich das Album vor allem aus zwei wesentlichen Zutaten zusammen. Tanzbare, Stimmung machende und in aller Regel schnell gespielte Instrumentale, die nach vorne gehen. Sowie fast schon zur Nebensache werdender Gebabbel-Rap, bei dem Reime zwar durchaus zu Stande kommen, ein direktes Hinhören jedoch nun wirklich nicht von Nöten ist, wie auf dem auf dreckiger Bassline gesetzten Titeltrack. Aufgepeppt wird diese auf Dauer eintönige Angelegenheit durch eine Hand voll vergleichsweise ruhigerer Stücke („Flossy“, „Little Bird“) oder aber durch die mutige Gästeliste, auf der sich neben umtriebigen Popstars wie Pitbull und Adoleszent-Repräsentant Justin Bieber doch tatsächlich auch ein Deutscher geschlichen hat. Doch nicht etwa die Atzen sind es, sondern – Achtung, festhalten – Tokio Hotel-Frontmann Bill Kaulitz. Hätte man so nicht erwartet, klingt erfreulicherweise auch anders als der TH-Sound, hinterlässt dennoch einen komischen Nachgeschmack. Auch fragt man sich, weshalb das bereits auf dem Vorgängeralbum enthaltene, eingangs erwähnte, „Like A G6“ auch hier vertreten ist (selbiges gilt übrigens auch für „Rocketeer“). Wirklich erfreulich ist dann jedoch noch die Far East-Version von Gigi D’Agostinos „L’Amour Toujours“ auf „Fly With U“ und das Ohrwurm-artige „Lights Out (Go Crazy)“. „Dirty Bass“ ist ein kurzweiliges, knallend eingäniges Album ohne Tiefgang, welches als Soundtrack für den Sommer taugt, ohne restlich zu überzeugen.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf BackSpin-Media.de

Donnerstag, 21. Juni 2012

Jai spricht: Klartext

Wenn du dich dafür entscheidest, Rezensionen zu schreiben, dann rückst du mit dieser Entscheidung zwischen die Stühle, die da heißen "Hörerschaft" und "Künstler". Du solltest einerseits das Schaffen und Sein von Rappern akzeptieren wie honorieren, bei aller negativer Kritik, die du schreibst. Im selben Moment musst du jedoch auch aus der Sicht eines Hörers agieren. Nicht immer ganz einfach, weshalb man leicht dazu neigt, eine der Parteien bevorzugt zu behandeln. Möglicherweise vermittle ich beispielsweise des Öfteren den Eindruck, mehr zu den Künstlern zu stehen, da ich viel Kritik an der Hörerschaft ausübe. Wie ich finde, jedoch zu Recht. Aktuelles Beispiel:

Eine bekannte Internetplattform, die sich mit Rap auseinandersetzt und ein umfangreiches Forum anbietet. Unter anderem gibt es einen Thread, der es Usern erlaubt, ihre Plattensammlung zu präsentieren. Dies hat ein seit kurzem sammelnder User genutzt und seine noch recht überschaubare Liste veröffentlicht und wurde daraufhin von einer Vielzahl anderer User eben dafür belächelt und lächerlich gemacht. Weshalb? Nun, nicht etwa die Größe der Sammlung gab Anlass dazu, sondern die Tatsache, dass diese Sammlung vornehmlich aus bekannten Künstlern bestand und nicht etwa aus Untergrund-Künstlern. 

Anstelle dem jungen Mann Komplimente dafür zu machen, dass er sich anno 2012 noch die Mühe macht und hart erarbeitetes Geld in Platten investiert, gibt es Kritik für die Auswahl der Künstler. Es ist genau dieses Phänomen, welches ich bereits in einem veröffentlichten Leserbrief an die JUICE beschrieb. Ein Großteil der Rap-Hörer scheint vollkommen ignorant zu sein. Man macht sich über Menschen lustig, die nur Mainstream hören (der keinesfalls schlecht sein muss!) und hat keinerlei Verständnis für die ersten, nicht immer einfachen Schritte ins Game. Oder hat jeder von den heutigen (Möchtegern-)Heads gleich mit Untergrundplatten begonnen? Ich kann nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen und auch meine Anfänge waren geprägt von Nelly, DMX, Xzibit und derlei Namen, die mit zu den ersten gehören, denen man, geht es um Rap, begegnet. Nur so war es mir möglich, allmählich über diese Künstler den Anschluss zu neuen Namen zu erhalten. 

Es sind eben diese Momente, in denen ich mich wahnsinnig für (den Großteil) der Hörerschaft von Rap schäme. Sie sind unvernünftig, uneinsichtig, egoistisch und ignorant. Und wäre das noch nicht schlimm genug, sind sie nicht einmal mehr in der Lage, ihre Meinung höflich und für alle verständlich aufzuzeigen, nein, sie schmettern diese nur so hin, ohne Rücksicht auf andere, die Rechtschreibung oder sonst etwas. Es muss gleich verbal in den Angriff gehen. Getreu dem Motto "meine Rap-Helden geben auch direkt in die Fresse, so mach ich das jetzt auch". 

Schwach ist sowas, einfach nur schwach. Von volljährigen, reifen Hörern erwarte ich einfach mehr. Zeigt Verständnis für andere, die eben erst zur Musik gestoßen sind. Lasst sie teilhaben an dem, was ihr aufgebaut habt und unterstützt sie. Und akzeptiert verdammt nochmal, dass es auch Menschen gibt, denen gefällt, was die großen, bekannten Namen so abgeben. Was spricht bitte dagegen, wenn man Geschmack findet an Bushido? Schließt dies automatisch aus, dass andere Kaliber eines Cr7z oder Fage MC ebenfalls den jeweiligen Geschmack treffen können? Ich denke nicht. Zumindest nicht in meinen Augen.

Wir alle schreien immer nach Akzeptanz, Toleranz und das man uns Rap-Hörer endlich ernst nimmt, uns nicht immer nur als übergroße Klamotten tragende, im Sprachgebrauch eingeschränkte Idioten, die nur auf Stress aus sind. Aber wenn wir es nicht einmal auf die Reihe bekommen, uns untereinander mit Respekt zu begegnen, wie sollen wir da erwarten, dass dies nach außen hin funktioniert? Wacht endlich auf und helft dabei mit, den Ruf von Rap zu bessern, indem ihr selbst mit bestem Beispiel voraus geht.

Montag, 18. Juni 2012

Manuellsen - M.Bilal Souledition (Review)



Man attestierst Rappern gerne mal, sie seien nicht wirklich musikalisch und im eigentlichen Sinne ja auch gar keine richtigen Musiker. Seit einer Weile schon beweisen uns eine Hand voll Rapper jedoch das Gegenteil, indem sie sich, neben dem aneinanderreihen von Reimen, auch auf dem Gebiet Gesang mehr oder weniger erfolgreich versuchen. Allen voran seien hier Jonesmann und Manuellsen genannt, letzterer veröffentlichte dieser Tage gar mit der Souledition seines Albums „M.Bilal“ einen Langspieler voller Gesangseinlagen und lässt die Rolle des Rappers seinen Gästen (u. a. MoTrip und Nazar), die so noch einen Hauch Rap mit ins Spiel bringen, neben den Produktionen von Juhdee und Kollegen, die hörbar nah am Rap-Geschehen angesiedelt worden sind mit knackigen Drums und genug Bass, um auch im Auto zu funktionieren.
Der Ruhrpottler versucht demnach auf vorliegendem Album einen Seiltanz zwischen den Genres mit Fokus auf die Sparte Soul bzw. wohl eher RnB. Kein leichtes Unterfangen, wie bereits der Beginn mehr oder weniger eindrucksvoll beweist. So ist „Messerstich“ alles andere als ein üblicher Titel für ein Soul-Stück und wirkt folglich in der Umsetzung leicht halbgar, wie auch das verzichtbare weil durchschnittliche Rap-Feature von Vlacho. Besser macht es da Nazar auf dem direkt folgenden „Fliegen“. Zwar wirkt hier alles zunächst etwas überladen, mit der Zeit findet man jedoch Gefallen am schönen Beat und dem Ohrwurm-Potential des Refrains.
Richtig unglücklich präsentiert sich der Pottweiler dann jedoch im Zusammenspiel mit MoTrip auf „Giftig“. Ein reichlich auf Rap getrimmter Beat lässt Manuellschen ordentlich schwimmen, der in der Folge so klingt, als habe er mit dem Instrumental zu kämpfen, während Trip das Ganze mit seinen Reimen weitaus besser macht und das große Debakel verhindert. Auch im weiteren Verlauf des Albums gelangt man an Stellen, die den Eindruck erwecken, es mangelte an Erfahrung als Sänger und Texter (siehe die leicht nervige Hook von „Sternstaub“).
Es gibt glücklicherweise auch Momente, die allen Bedenken bezüglich der Sangeskünste von Manuellsen vergessen lassen. Die Single „Farben“ etwa, die alles richtig macht, was man nur richtig machen kann und das an US-amerikanische Vorbilder erinnernde, auf clubbig getrimmte „Yeahiyeah“, das schnell ins Ohr geht und Platz macht für einen gut funktionierenden, bewegenden Beat, der in Mark und Bein geht. Bedrohlich gut auch Animus auf „Versteck dich“, einem der wenigen dunklen Songs des Albums, dessen Szenario sehr gut funktioniert.
Alles in allem ist die „M.Bilal Souledition“ eine kleine Enttäuschung. Nicht etwa, weil der Rap zu kurz kommt – dies war schließlich zu erwarten. Sondern hängt zum einen mit der für RnB/Soul nicht unüblichen Themenarmut zusammen (fast immer geht es um Liebe und die Huldigung der Frau), zum anderen an der Tatsache, dass zu oft zu viel auf das fast schon vergessene Autotune zurückgegriffen wurde, was dem Album einen unerfreulichen Hauch von T-Pain einhaucht, was Manuellsen bei bestem Willen nicht nötig hat. Lässt man diesen Effekt künftig weg, pickt sich ausschließlich gut besingbare Stücke und erörtert vielseitigere Themen, darf jedoch gerne auch in Zukunft – zumindest kurzzeitig – die Goldkette gegen den Schal getauscht werden. So jedoch etwas zu vorhersehbar und wenig beeindruckend. Schade.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

Mittwoch, 13. Juni 2012

Ercandize - Uppercut (Review)



Wie kann man eine an sich recht konsumschwache Hörerschaft dieser Tage noch dazu bewegen, sich ein Album zu kaufen? Entweder man entscheidet sich für ein konsequent durchdachtes Konzeptalbum, man setzt auf allerhand namhafte Features oder man limitiert das ganze mehr oder weniger streng. Für Letzteres entschied sich Ercandize, der für sein ‘Comeback’ eine Limited Edition anbietet, die diesen Titel auch zu recht trägt und auf 1000 Exemplare beschränkt ist, während musikalisch bewusst die einfache Schiene gefahren wird, getreu dem Motto ‘in your face’. Zusätzlich zu den elf Stücken, die „Uppercut“ im Wesentlichen ausmachen, enthält die Limited Edition ein auf der Bonus-CD geparktes Mixtape, ein Booklet mit sämtlichen Texten sowie einem T-Shirt. Nicht gänzlich neu, dennoch eine schöne Sache, die jedoch nicht über die überschaubare Spielzeit der eigentlichen CD hinwegtäuschen mag, die mit Amar und Kool Savas lediglich zwei Gastauftritte beherbergt.
Geradlinig wie der Jab eines Boxers kommt Ercandize auf opulenten Instrumentalen daher und verteilt lyrische Schläge gegen alles und jeden. Kein thematischer Tiefgang, keine detaillierte Gesellschaftskritik. Stattdessen gibt es Battle-Tracks und direkte Hiebe ins Gesicht, ohne Umschückung und Verzierung, roh und ungeschnitten. Dass dabei keine Langeweile aufkommt, ist den durchweg sehr satten und energischen Soundgerüsten (u.a. von Monroe und den Beathoavenz) zu verdanken, als auch Ercs beeindruckenden Fähigkeiten in Puncto Technik und Flow. Es hat schon etwas eindrucksvolles, wenn Line für Line fast schon mühelos aneinander reimt wird und selbst mit dem stets großartig agierenden Kool Savas mitgehalten werden kann. „Uppercut“ ist bei bestem Willen kein Werk für die Ewigkeit, aber ein in seiner Machart angenehm simples, funktionierendes Stück Musik und ein konsequent qualitativ ansprechender Neustart für den „Ivan Drago des Raps“.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf BackSpin-Media.de

Dienstag, 12. Juni 2012

Im Gespräch: Fage MC (+ Gewinnspiel!)


Erst kürzlich war an dieser Stelle die Review zu seinem beeindruckenden Debüt "Verderb und Gedeih" zu lesen, nun steht er uns Rede und Antwort: Fage MC, ein Name, den man künftig auf dem Zettel haben sollte, geht es um die Zukunft von deutschem Sprechgesang. Resurrection of Rap bekam die Gelegenheit und hakte nach. Über den Künstler selbst, seine Songs und die Hintergründe, Gewalt in Songtexten und was wir in der Zukunft noch so alles von ihm erwarten können. Obendrauf gibt es das Album "Verderb und Gedeih" zwei Mal zu gewinnen - nähere Infos am Ende des Interviews.


Zunächst die obligatorische Vorstellung für die, die dich noch nicht kennen: Wer ist Fage MC und was gibt es über ihn zu wissen?

Fage MC ist ein neuer Rapper aus Tübingen, dessen Name man sich einprägen sollte. Ich mache Musik, die den belohnt, der sich darauf einlässt. Kurz gesagt: Tiefsinnigen Rap und Storytelling auf melodischen Instrumentalen. Mehr erfahrt ihr auf http://fagemc.de!



„Verderb und Gedeih“ ist der Titel deines Debüts. Wie lange hast du daran gearbeitet und was steckt hinter dem Titel?

Diese machtvollen Worte sind der Redewendung „Auf Gedeih und Verderb“ entlehnt. Mit ihr beschäftigt sich auch das gleichnamige Lied, welches das Gefühl beschreibt rückhaltlos alles in die Konsequenz einer Entscheidung zu investieren. Die anderen Lieder interpretieren jedes für sich unterschiedliche Perspektiven der facettenreichen Gegensätze „Verderb und Gedeih“. Tod, Leben, Düsternis, Licht, Verzweiflung und Hoffnung. Die Texte sind mit vielen anderen im Zeitraum von etwa zwei Jahren entstanden. Der Aufnahmeprozess ging aber recht schnell über die Bühne.



Das Album wurde von Frank Zumbroich produziert, der wiederum als Rock-Produzent gehandelt wird. Woher kam diese zunächst ungewöhnlich wirkende Entscheidung?

Er ist einfach ein genialer Schlagzeuger und Musikproduzent und hat auch schon in vielen erfolgreichen Bands gespielt. Ich bin der erste Rapper mit dem er zusammenarbeitet und das ist auf jeden Fall eine Ehre für mich. Es war von dem her keine Entscheidung für einen Rock-Produzenten, sondern eine Entscheidung für gute Musik!



Einer der herausragendsten Songs ist „Schwerelos“, in dem du von unglaublich leidvollen Bedingungen sprichst, unter denen nicht wenige Kinder dieser Erde zu leben haben. Welche Reaktionen seitens der Hörer erhoffst du dir durch solch ein Stück?

Ich habe es zunächst vor allem für mich geschrieben, um selbst Eindrücke zu verarbeiten, die ich bei meinen Sozialprojekten in Nicaragua gesammelt habe, einem der ärmsten Länder der Erde. Genauso will ich aber auch den Hörer treffen, weshalb ich gerade diese beiden drastisch-plastischen Geschichten für die Strophen ausgewählt habe. Dass „die Kinder in Afrika“ Hunger leiden ist sozusagen floskelhaftes, abstraktes Begleitwissen eines jeden Deutschen und lässt ihn eher kalt. Tatsächlich die konkrete, beinahe unvorstellbare Fürchterlichkeit bestimmter Einzelschicksale vor Augen geführt zu bekommen, berührt den ein oder anderen vielleicht aber doch.


Auch „Verdammte Tür“ bleibt bereits nach dem ersten Hören im Gedächtnis und berichtet vom plötzlichen alleine sein. Wie viel eigene Erfahrungen packst du in deine Texte?

Kein Song kann mich ganz abbilden, aber in jedem steckt ein Fragment meiner Erfahrungen oder Gedankenwelt. Dennoch muss man immer differenzieren zwischen mir als Privatperson, dem Künstler Fage MC und dem lyrischen Ich in einem Lied. Diese drei können auseinanderfallen, wenn ich z.B. aus der Ich-Perspektive wie ein Romanautor eine Geschichte erzähle, die nicht von meiner Person handelt. Warum viele der Meinung sind, man darf nur über sich selbst rappen begreife ich dagegen gar nicht. Ich würde mich nie sinnlos thematisch derart einengen lassen. Ich schreibe über das, was mich beschäftigt. Und ich beschäftige mich nicht nur mit mir selbst.



Das Öffnen der Büchse der Pandora brachte, laut griechischer Mythologie, alles Schlechte über die Welt. Erzähle uns doch bitte etwas zu der Entstehung des Liedes und wie die Zusammenarbeit mit der Nu Metal-Band nulldB zu Stande kam.

Die erste Strophe dieses Liedes schrieb ich unter Tränen, im Bewusstsein der Schlechtigkeit der Menschheit. Darin wird nicht abschließend mein Menschenbild dargelegt, das natürlich nicht so schlecht ist, wie im Song beschrieben. Ich verarbeitete vielmehr verschiedene Fragen, die ich mir schon lange stellte: Wie zum Beispiel die nettesten Familienväter im Krieg schon am ersten Tag an der Front eiskalte Gräueltaten begehen können und wie leicht es geschieht, dass man bösartig oder schlecht handelt. „Was macht die Unschuld zur Hure? Was Liebe zur Perversion? Gibt es im Hirn einen Schalter für den Freitod der Emotion?“ 

NulldB sind eine coole aufstrebende Metal-Band und haben vor kurzem den deutschen Rockpreis gewonnen. Sie arbeiten mit dem gleichen Produzenten zusammen und als ich anfragte ob sie Lust auf ein genreübergreifendes Feature, waren sie sofort dabei. Es ist das erste Feature, das sie überhaupt gemacht haben, darauf bin ich natürlich stolz. Ihr genialer Gitarrist Frank Kühnlein spielte übrigens auch alle Gitarren für mein Album ein.





Beeindruckend auch „Bestie“, das mahnend an Peiniger geht und von einem inneren Ungeheuer in jedermann spricht, welches eines Tages zum Vorschein kommen mag. Fühlst auch du hin und wieder diese 'Bestie' in dir?

Ja, sicher. Vor allem als Jugendlicher spürte ich oft einen unbändigen Zorn in mir. Letztlich erzählt der Song aber metaphorisch von einem potentiellen Amokläufer. Vielleicht wächst ihm beim nächsten Mal kein zweites paar Arme aus dem Rücken, wie im Song, aber er besorgt sich halt eine Knarre.


Deine Texte sind vielseitig, Hinhören wird immer mit tollen Aussagen belohnt. Wie sehr fühlst du dich deinen Hörern gegenüber in der Verantwortung, ein geeignetes Vorbild abzugeben?

Eigentlich gar nicht. Wenn ich Lust darauf hätte, würde ich auch sofort einen miesen Battle-Track schreiben, wie früher. Das reizt mich aber gar nicht mehr. Zudem wird meine Musik wohl auch vor allem von Erwachsenen gehört, sehr viele davon sind älter als ich. Ich denke die brauchen dann auch selten ein umfassendes Vorbild.


Was hält jemand wie du von Gewalt verherrlichenden  Texten, von Angeberei mit Straftaten und erfundenen Gangster-Geschichten? Was hört Fage MC privat gerne und vor allem warum?

An Rap habe ich immer die sprachlichen Ausdrücksmöglichkeiten und die Textdichte geschätzt, mit der man mehr Inhalt und Geschichten transportieren kann, als in jeder anderen Musikrichtung.  Aus diesem Grund mag ich anspruchsvolle Rap-Lyrik von Donato über Inflabluntahz zu Absztrakkt. Früher habe ich auch gerne Curse und Torch gehört, aber auch viel Azad, Savas, Tone und andere. Ich will halt immer einen spannenden Inhalt. Deswegen können mich die endlos gleichen lahmen Battletracks und Asphaltgeschichten der Streetrapper auch nicht begeistern.


Gibt es Künstler in Deutschland, mit denen du eines Tages sehr gerne zusammen arbeiten würdest?

Curse vielleicht, weil er als einziger medienrelevanter Rapper ein paar wirklich tiefsinnige Tracks hatte. Es gibt eigentlich niemand dessen Feature mir einen Traum erfüllen würde, aber ich freue mich über jede Zusammenarbeit mit Rappern, die ich schätze, und ich freue mich, wenn mir gestandene Persönlichkeiten Respekt entgegen bringen.


Wie geht es weiter mit dir? Was ist geplant, wann kann man dich live erleben?

Ich plane eine Band zusammenzustellen und eine geile Live-Show auszuarbeiten, die sich ein wenig von den langweiligen Standardauftritten vieler Rapper abhebt. In Zukunft werde ich auf jeden Fall vermehrt Live spielen. Aktuelle Infos gibt es auf http://fagemc.de.


Ich danke für deine Zeit und die Beantwortung der Fragen und übergebe noch ein letztes Mal an dich, um ein paar letzte Worte an die Menschen da draußen zu richten.

Wir sind das Licht der Welt, sind das Salz der Erde! Setz‘ die Segel gegen Gegenwind, Gedeih gegen Verderben!


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VERLOSUNG

Resurrection of Rap verlost gemeinsam mit Fage MC zwei Exemplare seines Debüts "Verderb und Gedeih". Was ihr dafür tun müsst? Ganz einfach:


  1. Falls ihr es noch nicht seid, werdet Fan von 'Resurrection of Rap' -> HIER
  2. Teilt den zu diesem Interview gehörenden Post
  3. Gewinnt mit etwas Glück eines von zwei Alben
Ende der Verlosung ist der 20. Juni!




Montag, 11. Juni 2012

Akua Naru - Live & Aflame Sessions (Review)



Es geht zu den schönsten Momenten eines Rezensenten, wenn da ein Album auf dem Schreibtisch liegt, auf Besprechung wartend, zu dem man bereits im Vorfeld etwas schreiben möchte, sich ausmalt, in welche Richtung es gehen wird, um dann beim letztlichen Hören zu erkennen, dass man gründlich falsch gelegen hat mit seiner Voreinschätzung. Geschehen ist dies jüngst bei Akua Naru, jener US-amerikanischen Rapperin, die zu Beginn des Jahres 2011 ihr Debüt „The Journey Aflame“ veröffentlichte und nun mit der Live-Version und erweiterten Interpretationen Dank der hierfür hinzugezogenen DIGFLO Band ein neues Eisen im Feuer hat. Nun sind Live-Alben im Rap-Genre nicht unbedingt das, was man als unabkömmlich bezeichnen wurde. Nicht selten stellt sich bei Live-Aufnahmen heraus, dass die Stimme/Lunge nicht ganz so strapazierbar ist, als im heimischen Studio und die Klangqualität rutscht nur allzu gerne in ein schwer hörbares Niveau herab, das Hörvergnügen schlicht unmöglich macht.
Akua Narua gelingt es jedoch, mit ihrem Album einen wunderbaren Schnitt zu machen, der sowohl Freunde von live eingespielter Musik als auch Studio-Liebhaber begeistern kann. Schon das erste von zehn Stücken ist der Soundtrack zum gemütlichen Abendessen und plätschert ruhig und beseelt geradezu wohltuend ins Ohr. Das wunderschöne „Take A Ride“ zwingt dem Hörer dank erlesener Cuts ein breites Grinsen auf und „The Backflip Reflipped“ ist munter und beschwingt, wie die Flora und Fauna dieser Tage. Ergänzt werden die tollen Melodien durch detailreiche, schöne Texte, die ein Zuhören zur Pflicht machen und wenn zusätzlich die von Drea D’Nur gesungenen Parts auf „Walking The Block“ und „This Mo(u)rning“ hinzukommen, schwebt man als Hörer in höheren Sphären. „Live & Aflame Sessions“ ist ein feines Stück Musik, das sich Soul, Jazz und Rap gleichermaßen bedient und kaum Wünsche offen lässt.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf BackSpin-Media.de

Dienstag, 5. Juni 2012

Komekaté - Gekommen um zu fressen EP (Review)



Gekommen um zu Fressen – das ist doch mal eine ordentliche Kampfansage vom Kölner Künstlerkollektiv Komekaté, das mit ihrer elf Stücke umfassenden EP an den Start geht und auf abwechslungsreiche Musik durch gerappte Beiträge auf Deutsch wie Französisch, aber auch Gesangparts setzt. Klingt super, ist im vorliegenden Falle jedoch nur bedingt positiv zu werten, was bereits nach dem sehr ordentlichen wie aggressiven Einstand „Heuschrecken“ deutlich wird: die gesungenen Parts wirken noch etwas hölzern, trotz reichlich Potential in der Stimme. Die deutschen Rap-Parts fallen nicht weniger steif und krampfhaft aus, so dass der Eindruck entsteht, auch dank der an Klischees erinnernden Stimmlagen von Benyo Hussain, Fly und Pers Bear, es mit Möchtegern-Prahlern zutun zu haben. Lediglich der französisch rappende Black Fire geht ohne große Beanstandung ins Ohr, wenngleich hier natürlich auch die sprachlichen Grenzen ein nachvollziehen der Texte sehr schwer macht.
Thematisch erinnert die EP an eine musikalische Bewerbungsmappe. Hier ein, zwei geradlinige Representer, da zwei auf Tiefsinn gepolte Stücke, Reminszensen an amerikanische Vorbilder und etwas Sozialkritik muss noch mit rein. Das wäre per se überhaupt nichts schlechtes, hätte man das Ganze etwas mehr gemischt und nicht etwa Deepes auf Deepes folgen lassen. Hinzu kommen Fehler im Grundaufbau. Der auf sozialer Kritik beruhende Titel „Deutschland“ beispielsweise entpuppt sich als blutleere Anhäufung von oberflächlichen Aussagen, die allesamt ohne Hand und Fuß dargebracht werden und die Ernsthaftigkeit vermissen lassen. Da können auch die Instrumentale (eine Produktion stammt gar vom renommierten Benny Blanco) nicht mehr viel helfen, die zumeist gut aber unspektakulär das Geschehen begleiten. „Gekommen um zu Fressen“ scheitert in der Folge vor allem am insgesamt zu harmlosen Geschehen, das im Mittelmaß der Dinge versinkt und schließlich untergeht.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf BackSpin-Media.de

Montag, 4. Juni 2012

Fage MC - Verderb & Gedeih (Review)



„Und das ist harter Stoff, komprimiertes Nervengift! Danach reibt eure Augen, weil die ganze Welt in Scherben liegt!“ rappt Fage MC und hat mit dieser Aussage gar nicht mal so Unrecht. Denn selten zuvor hörte man ein Album eines bis dahin eher als Geheimtipp gehandelten Künstler und war von Grund auf begeistert, wie es bei „Verderb und Gedeih“ der Fall war bzw. ist. Mit dem gesetzten Ziel, die Hörer mit Tiefsinn wie Emotionen gleichermaßen zu erreichen, macht sich der gebürtige Tübinger auf zwölf Tracks ans Werk, um so manchem seiner rappenden Kollegen vor zumachen, wie guter Rap zu klingen hat und verzichtet über die gesamte Spieldauer auf Fehltritte, präsentiert sich stattdessen sicher und selbstbewusst mit seiner Musik.
Wer bei tiefsinnigem Sprechgesang nun an träge vor sich hin plätschernde Instrumentale denkt, vorgetragen von einem Kerl, der sich anhört, als sei die Karriere als Therapeut bereits vorprogrammiert, der irrt hier jedoch gewaltig. Kaum ein Song ist ruhig und besinnlich, bereits der Beginn mit „Tage des Donners“ energisch auf treibendem Beat, der sofort mitreißt. Und statt betuchter Vortragsweise a la Referatarbeit, spuckt Fage MC nicht selten brachial und stets im Takt die Reime, die von dessen charismatischer Stimme profitieren und ein Gesamtpaket schnüren, das ohne Übertreibung zum Besten gehört, was man dieser Tage so auf die Ohren bekommt.
Mal großartig auf dem melancholisch betitelten, unerwartet mitreißenden „Schwarz-Malerei“, im nächsten Moment der begnadete Geschichtenerzähler auf dem tragischen „Schwerelos“, nur um wenig später schon wieder die perfekte Schnittstelle zwischen Rock und Rap mit „Historymaker“ zu ergründen und dabei, fast schon selbstverständlich, geschichtliches Interesse durchblicken lässt und sich Gedanken machte über das, was war und das was sein wird. Einzig die „Büchse der Pandora“ dürfte dem ein oder anderen Scheuklappenträger etwas zu rockig sein, um sofort auf den Track anzuspringen.
Weiterhin beachtlich auch der kurze Ausflug zum Poetry Slam für die pessimistische „Wahrheit“. Ja selbst ein Stück über die vergangene/vorhandene Liebschaft („Verdammte Tür“ bzw. „Sterben für Dich“ artet bei Fage MC nicht in Trübsal aus, sondern wirkt wie die besonnene Auseinandersetzung und Verarbeitung von teils möglicherweise gar selbst erlebten Dingen. Man könnte noch so viel erzählen, nahezu jeder Song wäre eine Erwähnung wert und würde die insgesamt wirklich herausragende Leistung des hier präsentierten korrekt wiedergeben. Zwölf Stücke und kein einziger Aussetzer, das nennt man qualitativ hochwertig.
Es mag wie eine überspitzte Lobrede an einen sympathischen, aufstrebenden Namen wirken, ist jedoch angesichts einer Veröffentlichung wie „Verderb und Gedeih“ keinesfalls aus der Luft gegriffen. Die Texte sind, getreu der eingangs erwähnten Zielsetzung, inhaltlich ansprechend und sorgen für Freude am Hinhören, die Produktionen sind allesamt passend wie unterhaltsam und auf einem Qualitätsstandard, wie man ihn so im Vorfeld mitunter nicht erwartet hätte. Und die Länge vom Album ist mit zwölf Liedern geradezu einladend, um es binnen kürzester Zeit mehrmals in der Anlage laufen zu lassen. Ich denke, man kann hier von einem der besten Veröffentlichungen des erstens Halbjahres sprechen und einen heißen Anwärter auf eine Platzierung in der jeweiligen persönlichen Liste der musikalischen Höhepunkte zum Ende des Jahres hin. Ganz groß.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

Sonntag, 3. Juni 2012

Freidenker - Randale und Liebe (Kurzreview)



Da sind sie wieder, die Freidenker. Nach ihrem überaus positiv aufgenommenen Album „und dann kamen die Touristen“, ist mit „Randale und Liebe“ nun ein neuer Langspieler am Start, der mit interessanter Cover-Gestaltung ins Auge sticht und musikalisch zunächst durch eine Neuinterpretation von „Blinded By The Light“, nur dass die Raps hier ein wenig neben dem Beat sind. In der Folge gibt es einige Stücke, die das Prädikat 'schön' tragen, unter anderem der simple Kopfnicker „Im Sog“, „90-60-90“, „Er & Ich“ oder das aufmunternd positiv gestimmte „Es wird geschehen“. Im Vergleich zum Vorgänger wirkt hier jedoch alles weniger ausgereift. Zum einen fehlen klare Highlights, die im Ohr hängen bleiben und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Zum anderen finden sich immer wieder Makel, die das Gesamtbild eines ansonsten überaus ordentlichen Songs ein wenig zerstören (ausbaufähige Hook, erzwungene Reime,...). Kein wirkliches Muss, dieses Album, aber zumindest guter Durchschnitt.




Donnerstag, 24. Mai 2012

B.o.B. - Strange Clouds (Review)



„You think you know me, but you ain’t seen half of me“ heißt es in einem der Texte von B.o.B., auch bekannt als Bobby Ray, welcher nach seinem 2010 erschienen Debüt nun mit „Strange Clouds“ nachlegt und ein weiteres Mal seine besondere Stellung im Rap-Geschäft untermauert. Denn während nicht wenige seiner Kollegen fast schon verzweifelt auf der Suche nach einem, respektive ihrem Sound sind, gastiert Bobby Ray seit Tag eins in sämtlichen Gefilden, die die weite Musikwelt so zu bieten hat und lässt kaum eine Gelegenheit aus, um den Hörer zu überraschen. Sei es durch ein gewagtes Feature mit Taylor Swift, ein Intro mit Morgan Freeman oder eigene Gastbeiträge auf anderen Songs, wenn eindrucksvoll die klassische Rap-Ader zum Vorschein kommt, die man angesichts so verspielter Eigenkreationen gerne mal zu vergessen droht.
Bereits der angesprochene Opener „Bombs Away“ ist ein abwechslungsreiches Stück Musik, das sich mit voranschreitender Spieldauer entwickelt und zu einem großartig produzierten Einstand mutiert. Nicht ganz so detailliert, dafür radiotauglich, sind „Ray Bands“ (mit potentieller Ohrwurm-Hook) und das mit Unterstützung von Lil Wayne inszenierte Titelstück und „Both Of Us“ ist dann gar ein geschmackvoller Hybrid aus Rap und Pop. Dass es auch sehr gut ohne fremde Beihilfe geht,  wird nur wenig später mit „Play For Keeps“ bewiesen, dem vielleicht besten Song des gesamten Albums, der sich schlicht mit dem Adjektiv groß umschreiben lässt und dem Album einen wesentlichen Stempel aufdrückt.
Auf wen dies alles zu oberflächlich und grob konstruiert wirkt, der möge sich Stücken wie „So Hard To Breath“ oder „Chandelier“ widmen. Hier kommen neben den Talenten als Unterhalter auch die textlichen Qualitäten zum Vorschein und stellen sich willkommener Weise in den Mittelpunkt und bilden damit wirksame Gegenpole zu den einfacher strukturierten Stücken des Albums. Mit dem spacigen „Castles“ sowie dem internationalen „So Good“ gibt es den Beweis, dass der Herr in der gesamten Welt zu Hause ist und sich hier wie dort sehr wohl zu fühlen scheint. Da verzeiht man ihm auch gerne mal ein „Out Of My Mind“ mit der kratzigen Geschmacksspalterin Nicki Minaj, mit der Bobby Ray hier übers Ziel hinaus schießt.
„Strange Clouds“ ist, wie das Debüt zu seiner Zeit, kein herkömmliches Rap-Album, sondern ein munterer Mix aus allerlei Einflüssen. Die Texte sind dabei so unterschiedlich hinsichtlich Tiefe wie die Instrumentale voll mit wunderbaren Melodien, die auf Anhieb zu gefallen wissen. Dass es B.o.B. dabei, trotz zahlreicher Gäste gelingt, stets präsent zu bleiben, unterstreicht derweil nur sein unbestreitbares Können auf dem Gebiet der Unterhaltung. Wer sich jedweder poppigen Anbiederung verweigert, ist hier falsch. Besitzer eines offenen Horizonts sind jedoch herzlich willkommen, in die gut aufgestellte Welt von Bobby Ray einzutauchen und sich von der dargebotenen Kunst berieseln zu lassen. Klasse.
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Diese Rezension erschien ebenfalls auf BackSpin-Media.de

Mittwoch, 23. Mai 2012

Xatar - 415 (Review)




Was mag nur in den Köpfen derer vorgehen, die den Namen Xatar noch niemals zuvor gelesen bzw. gehört haben?Ein stämmiger Kerl, der – Gefängnisaufenhtalt sei Dank – authentischer wirkt, als viele seiner Kollegen. Kann das als Rapper funktionieren, ohne automatisch an andere Beispiele, wie Massiv beispielsweise, in den Köpfen der Hörer aufzurufen? Wieder einer derer, der mehr über den Beat stolpert, denn fliegt und Musik mehr dem ‘coolen’ Ansehen halber macht und weniger der in sich herrschenden Leidenschaft für Silben, Reime und die Sprache an sich? Gedanken, die alles andere als abwegig wirken und teils sogar verständlich und nachvollziehbar wirken, angesichts des vorherrschenden Rufs von deutschem Straßenrap bzw. Gangsterrap, um dem Ganzen die Krone aufzusetzen.
Beginnen wir, ganz untypisch, mit den negativen Seiten von „415“. Da wäre zum einen die etwas drucklose Stimme des Künstlers (eingeschränkte Aufnahmemöglichkeiten sind hierfür keine Ausrede), zum anderen die Tatsache, dass es Xatar schlicht an dem ganz besonderen Etwas fehlt, das ihn unverkennbar macht. Sicher, er rappt mit teils durchwachsenem Flow noch immer besser, als die schlimmsten Befürchtungen und Erfahrungen, aber das wirklich Zwingende in seiner Vortragsweise fehlt schlicht und einfach. Auch im Hinblick auf die abgedeckten Themen herrscht geradezu gähnende Leere. Das immer gleiche Grundthema um Geld, Kriminalität und oberflächlichen Lebensweisheiten langweilt auf Dauer und gipfelt in einem äußerst fragwürdigen Track namens „Interpol.com“, den man nur als misslungene Promoaktion umschreiben kann und an kindliches Prahlen vor Freunden erinnert.
Für das Album sprechen vor allem die Features von Haftbefehl und Nate57. Besonders „Meine Welt“ mit dem Rattos Locos-Signing ist eine kleine Offenbarung und der mit Abstand besten Tracks des Albums, was auch am einnehmenden Instrumental liegt, womit gleich der zweite Pluspunkt Erwähnung findet. Erwartet man im Vorfeld mitunter überladene Synthie-Beats, die vom Rap ablenken sollen, entpuppen sich die Instrumentale als teils sehr schöne Adaptionen von US-amerikanischen Schöpfungen der Ost- bzw. Westküste. Stellenweise übernehmen die Beats gar die Hauptrolle und lassen Xatar nur den Platz in der zweiten Reihe, wie auf „Knast oder Kugel“.
Auch die Aufmachung der CD kann sich durchaus sehen lassen und weiß mit zahlreichen, offensichtlich originalen Ausschnitten aus Dokumenten und Papieren sehr zu gefallen und hebt sich angenehm von 0815-Bildern ab. Zwar kann dieser Umstand alleine das Ruder nicht rum reißen, den Gesamteindruck letztlich aber etwas angenehmer stimmen, der andernfalls doch etwas arg einseitig ausgefallen wäre, so noch auf halben Wege ausgeglichen daher kommt. Freilich ohne über eindeutige Negativaspekte hinwegzusehen.
„415“ ist ein oberflächliches Album, das bestenfalls für den Moment erdacht ist. Die Leistung von Xatar ist ordentlich, wird allerdings nicht selten von den sehr guten Instrumentals überschattet und wenn dies nicht der Fall ist, fallen einem direkt unseriöse Textfragmente ins Ohr (Bsp.: Kool Savas-Seitenhieb auf „Beifall“). Wer keinen Wert auf Inhalt legt und die pure Unterhaltung sucht, bekommt hier ein durchschnittliches Album auf überdurchschnittlichen Beats geliefert, das nicht im Entferntesten an die Entwürfe eines Haftbefehls heran reicht, für ein, zwei Durchläufe jedoch immer noch geeignet ist. Absolut kein Muss und höchstens für Fans interessant.




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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de