Teil 1: Frankfurt a. M.
Rap auf Deutsch, das ist seit geraumer Zeit schon keine Besonderheit mehr und zeigt sich nicht nur dadurch, dass der deutsche Markt mittlerweile selbst für US-Künstler attraktiv geworden ist, sondern auch durch einen Blick auf die Landkarte Deutschland, wo sich inzwischen eine Vielzahl von Rap-Hochburgen ausfindig machen lassen.
In dieser mehrteiligen Artikelreihe möchten wir deshalb einmal einen kleinen aktuellen Überblick über ein paar der größten, wichtigsten oder einfach nur bislang weniger beachteten Rap-Städte geben. Den Anfang macht dabei nicht etwa die Hauptstadt Berlin, sondern die Mainmetropole Frankfurt, die bereits auf eine lange Vergangenheit mit Rap zurückblicken kann.
Denkt man an Frankfurt, so denkt man höchst wahrscheinlich zu erst einmal an Banken und die durch riesige Bauten eindrucksvoll in Szene gesetzte Skyline. Dass genau hier aber auch ein nicht unbeträchtlicher Teil der deutschen Rap-Szene entstanden ist, wird dabei gerne mal vergessen. Erst wenn der Begriff „Nordweststadt“ fällt, klingeln bei einigen die Ohren und das zu Recht, denn genau diese Großsiedlung aus Beton ist das Wahrzeichen der Frankfurter Rap-Szene. Dass es sich bei der Nordweststadt eigentlich um gar keinen offiziellen Stadtteil handelt spielt hierbei keine Rolle.
Bereits Ende der 80er-Jahre entsteht mit Cold-N-Locco, später dann umbenannt in Asiatic Warriors, eine Rap-Gruppe, die es mit ihrem für damalige Verhältnisse ungewohnt harten Soundentwurf und Rap-Parts auf Deutsch, Kurdisch und Englisch erst zu lokaler, später dann zu überregionaler Bekanntheit schafften. Zwei Mitglieder davon sollten auch nach der Auflösung der Gruppe noch weiter erfolgreich an ihren Karrieren arbeiten: Azad und D-Flame.
Heute genießen beide Künstler einen sehr großen Bekanntheitsgrad und während Azad inzwischen zur Speerspitze deutscher Rapper gezählt werden darf und den Begriff „Straßen-Melancholie“ musikalisch zu seinem Markenzeichen hat werden lassen, entschloss sich D-Flame in eine etwas andere Richtung zu entwickeln. Seine Musik lässt sich als Mix aus Reggae, Dancehall und Rap bezeichnen, wobei je nach Album meist eine der Stile dominiert, immer getragen von D-Flames einzigartiger Stimme. Beide Künstler sind heute immer noch sehr erfolgreich unterwegs, Azad veröffentlichte zuletzt „Blockschrift“, sein mittlerweile fünftes Soloalbum, D-Flame brachte erst vor kurzer Zeit sein neueste Werk „Stress“ auf den Markt.
Doch neben diesen beiden Größen gibt es eine Menge weiterer ambitionierter Rapper aus der hessischen Landeshauptstadt, etwa Tone oder Jeyz, die beide jedem Deutschrap-Fan etwas sagen dürften. Während Tone bereits als Mitglied der Gruppe Konkret Finn Mitte der Neunziger aktiv war und 2006 dann solo mit seinem Album „Zukunftsmusik“ sowohl Hörer und Kritiker überraschte, hielt sich Jeyz mit seinem ersten Solowerk bislang zurück, veröffentlichte aber als Mitglied der Gruppe „Warheit“, der auch Azad angehört, 2007 das Album „Betonklassik“, sowie solo zahlreiche Mixtapes und plant für die nächste Zeit den Release seines lang erwarteten Soloalbums.
Es gäbe noch weitere interessante und herausragende Künstler in „Mainhattan“, diese alle jetzt aufzuzählen würde jedoch den Rahmen sprengen und ist auch gar nicht Sinn der Sache. Denn auch wenn jeder Künstler auf seine Art doch einzigartig ist, eine für Frankfurt typische Charakteristik teilen doch die meisten, die bereits erwähnte „Straßen-Melancholie“. Gerade die Betonbauten der Nordweststadt bieten die perfekte Umgebung für von Melancholie umhüllte, düstere Straßenhymnen, die den Frankfurter Rap letztlich auszeichnen und ihn zu einem interessanten und bedeutenden Puzzlestück im deutschen Rap machen.
Ursprünglich erschienen im Kwick-Magazin
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