Montag, 23. Februar 2009

Das Problem (vieler) Rap-Hörer

Als aktives Mitglied einer großen deutschen Internet-Community bin ich natürlich stets einigermaßen informiert über das Treiben im Forum selbiger Seite - ohnehin finden sich in den meisten Foren doch die selben Gesprächsthemen und Postings, sind wir doch mal ehrlich. Und auch im dortigen Forum gibt es ein Unterforum für Musik, welches sich noch einmal untergliedert in die diversen Musikrichtungen. Soweit erst einmal die Sachlage, weiter geht es mit meiner persönlichen Geschichte:

Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich mir nicht die Themen im Unterforum meiner Musikrichtung (Rap) ansehe, in der Hoffnung ein wirklich ansprechendes Thema zu finden, zu welchem ich meine Meinung beitragen möchte. Und jeden Tag gebe ich, nachdem ich alle Threads durchgegangen bin, entnervt auf. Wieso? Weil es bis auf eine Handvoll Ausnahmen nur Künstler-Threads gibt, die nur selten mehr hergeben als ein "Den Typen finde ich toll/nicht so toll". Solche Themen motivieren mich einfach nicht zum Schreiben und natürlich ist es nicht einfach, sich etwas auszudenken, was über diese Künstler-Sachen hinausgehen, keine Frage. Aber möchte man dann die Menge darauf aufmerksam machen, schließlich finden tausende Köpfe zusammen mehr ansprechende Themen als einer alleine, wird das Vorhaben abgelehnt.

Stattdessen findet sich am kommenden Tag ein neuer Thread über Rapper XY, welcher nach kurzer Zeit zum Sterben (virtuell betrachtet) verdammt ist und den die Foren-Welt so wohl auch nicht zwingend gebraucht hätte. Aber gut, die mangelnde Themenvielfalt soll nicht das Thema sein. Was mir dagegen auffiel, als ich die anderen Unterforen für Rock, Pop und Elektro betrachtete, dort gibt es einen Thread über "Quality"-Musik. Nur im Rap-Unterform findet sich dieser, nur dort bedarf es scheinbar einem eigenen Thread für wirklich gute Musik. Mich deprimiert dies ganz besonders, denn dies zeigt, wie wenig eine Vielzahl von Hörern wirklich von "ihrer" Musik, Rap, hält. Es gibt wohl keine andere Musikrichtung, in der derart penetrant die gute alte Zeit betrauert wird. So sehr, dass ganz außer vergessen wird, den Blick auf die Gegenwart zu lenken.

Was heute passiert ist nämlich alles andere als schlecht, das junge Jahr 2009 zeigt dies in aller Deutlichkeit durch klasse Veröffentlichungen von beispielsweise Shiml, Fiva oder "The Standard", das kommende Album von JR & PH7. Ich habe seit Beginn meiner Tätigkeit als Schreiberling etwa 40 bis 50 CDs gehört und darüber Artikel geschrieben, welche sich hier auf dem Blog tummeln (ode rin Kürze tummeln werden), das Alter dieser CDs war dabei so unterschiedlich, wie die Herkunft der Künstler, oder die Musik der Künstler selbst. Doch ich habe kaum ein Album wirklich schlecht aussehen lassen. Nicht etwa, weil ich darauf bedacht bin, auf die Künstler/Labels einen guten Eindruck zu machen, nein, sondern weil sich die Musik wirklich hören lassen konnte. Sicher, manche CD war besser als die andere, nicht jede lässt sich in den Himmel loben, aber so schlecht, dass man extra einen Thread für die anderen sehr guten Alben bräuchte, waren diese keinesfalls.

Wieso also wendet man sich also nicht mehr dem aktuellen Treiben zu und gibt den neuen Veröffentlichungen keine Chance, weil man diese bereits im Vorfeld mit dem Gedanken "Neue Musik ist meistens sowieso Mist" angeht? Man ist blind vor lauter Tränen in den Augen, weil man Zeiten hinterher trauert, welche nicht mehr nachkommen werden. Bringt dies was? Nein. Hat es Folgen? Ja. Tut man sich und der Musik damit einen Gefallen? Nochmals ja.

Neue Musik wird zumeist entweder gar nicht beachtet, oder nur sehr vereinzelt. Nicht nur die illegalen Downloads tragen zu den sinkenden Abverkäufen der CDs bei, auch die Anhänger unserer Musikrichtung, welche neue Musik schlichtweg verschlagen bzw. nicht wahrnehmen können vor lauter, oben erwähnter, Blindheit. Die Folge ist, dass ein wirklich gutes Album, wie es wohl die "2.0 Action Rap" von Laas Unltd. ist, einige Male mehr illegal heruntergeladen, als im Laden erstanden wird. Hier sind sicher die Downloads auch ein Problem, aber Fakt ist, diese Statistik könnte weitaus besser aussehen, wenn sich die vielen Hörer durch einen Kauf des Albums beteiligen würden, welche in der Statistik gar nicht erfasst werden, weil sie es weder downloaden, noch kaufen, weil sie so damit beschäftigt sind, der goldene Ära des Hip Hop durch Threads wie "Quality Rap" zu huldigen.

Dieser Blog lässt sich als Gegenentwurf zu dieser Entwicklung sehen. Der Name ist eine Anlehnung an Nas' vielbesprochenen Albumtitel, widerlegt die Behauptung, lässt die älteren, vielleicht längst vergessenen, Alben wieder auferstehen, nimmt sich aber auch neuen Veröffentlichungen an. Somit wird den Wegbereitern gehuldigt, im gleichen Zuge jedoch auch der neuen Musik Beachtung geschenkt und so sollte es meiner Meinung nach aussehen in Rap-Deutschland anno 2009. Dieser Blog schickt sich an, diese Entwicklung im Lande zu beschleunigen und jeder Besucher hilft dabei mit.

Aufgehört wird erst dann, wenn es keine ordentlichen Rap-Hörer mehr und somit auch keine Besucher mehr gibt oder Rap als Musikform tatsächlich einmal aufhören sollte neue Musiik zu veröffentlichen. Wobei, selbst dann gibt es noch zig längst veröffentliche Alben, über die man schreiben könnte. Und wenn dieser Punkt erreicht sein sollte, dann kann man sich ausschließlich auf die goldene Ära fokussieren. Vorher verlieren wir die aktuelle Qualität bitte nicht aus den Augen.

Oder geht es nur mir so und ich bin einfach der anspruchslose Typ, der alles gut findet und/oder alle anderen sind die über-anspruchsvollen Gourmets, denen kaum etwas gut genug sein kann. Dann geht es natürlich nur mir so.

1 Kommentar:

  1. Sehr gutes Statement, du bringst auf den Punkt, was manchem sicher schon aufgefallen ist.

    Und nein, du bist nicht der einzige, der viele neu releaste Sachen gut findet. Das hat auch nichts mit Anspruchslosigkeit zu tun, sondern mit Offenheit für neues. ;)

    Nicht nur das nachweinen alter Zeiten ist im HipHop ein Problem, sondern das feiern eines einzigen Rappers und seines Umfeldes und das gleichzeitige schlecht machen von allem anderen.

    Die HipHop Hörer von heute, hören eben auch kaum andere Musikrichtungen und haben deswegen aus den Augen verloren, dass Musik gefallen muss und es deswegen keine "BESTE!!!1" gibt.

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